Haushalt wird um 79 Milliarden Euro gekürzt
Rom/Brüssel. Angesichts der akuten Ansteckungsgefahr in der Euro-Schuldenkrise peitscht Italien ein verschärftes Sparpaket durchs Parlament: Der Senat in Rom nahm gestern das Programm als erste der beiden Kammern an, nachdem Ministerpräsident Silvio Berlusconi die Abstimmung mit der Vertrauensfrage verknüpft hatte. Das Abgeordnetenhaus wird das Paket voraussichtlich heute durchwinken. Die Opposition steht zwar nicht hinter dem Paket, will es angesichts der prekären Lage aber auch nicht behindern.
Mit 161 Pro-, 135 Contrastimmen und drei Enthaltungen ließen die Abgeordneten den Haushaltsplan passieren. Unter dem Druck von Märkten und EU hat Wirtschaftsminister Giulio Tremonti die Sparmaßnahmen verschärft. 79 Milliarden Euro anstatt wie zuvor 47 Milliarden umfassen die Maßnahmen bis 2014, berichteten italienische Medien. "Europa ist heute mit dem Schicksal verabredet", sagte Tremonti. Die Politik könne sich keine Fehler leisten.
Jetzt sollen Gehälter im öffentlichen Dienst eingefroren werden und im Gesundheitswesen ab Montag Gebührenerhöhungen in Kraft treten. Das Rentenalter soll stufenweise erhöht werden. Rund 30 bis 35 Milliarden Euro erhofft sich die Regierung durch die Privatisierung von Post, Bahn, den Energiekonzernen Enel und Eni und des Fernsehsenders RAI. Italien hat - bei strukturellen Defiziten und niedrigem Wachstum - nach Griechenland den höchsten Schuldenstand (120,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) im Euro-Land. Kurz vor der Abstimmung hatte sich das Land fünf Milliarden Euro in Form langfristiger Anleihen gesichert, für die es Rekordzinsen bis zu 5,9 Prozent wird zahlen müssen - der höchste Satz seit Einführung des Euro.
Die griechische Regierung appellierte unterdessen an die Euro-Länder, rasch über ein zweites Hilfspaket für das pleitebedrohte Land zu entscheiden. "Diese Unsicherheit verschreckt Investoren. Wenn wir nicht bald die Entscheidung haben, dass das zweite Programm Griechenland schützt und das Land seine tief greifenden Reformen unternehmen kann, wird das Programm selbst unterlaufen", warnte Ministerpräsident Giorgos Papandreou in der "Financial Times Deutschland".
Keine Einigkeit herrscht in der EU über einen EU-Sondergipfel, den EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy einberufen will. Erst müsse das Griechenland-Programm entscheidungsreif sein, forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Kernfragen weiterer Hilfen sind trotz langer Debatten weiterhin umstritten. Zu den Hauptstreitpunkten gehören die Details einer Beteiligung privater Gläubiger. Auch ein teilweiser Zahlungsausfall Athens ist nicht mehr tabu.