Die Hoffnung währt am längsten, deshalb setzen Schlecker-Frauen wie Vasiliki Singh auf eine Rettung. Entscheidung fällt am Freitag.

Stuttgart. Die Schlecker-Mitarbeiterin Vasiliki Singh ist sichtlich angespannt. Mit dieser Anspannung ist die 43-Jährige, die in einer Stuttgarter Schlecker-Filiae arbeitet nicht allein: Mit ihr warten weitere 14.300 Mitarbeiter des Drogerie-Unternehmens auf die Entscheidung der großen Gläubiger , die sich am Freitag (1. Juni) treffen. „Ich komme mir vor wie in einem Krimi“, sagt die Betriebsrätin, wenn sie auf die geplante Sitzung des Schlecker-Gläubigerausschusses angesprochen wird. Er entscheidet über die Zukunft des Unternehmens und damit auch über ihre Zukunft und ihrer Kollegen.

Eine Rettung des einstigen Marktführers Schlecker scheint immer unwahrscheinlicher. Trotzdem herrscht bei vielen Beschäftigten das Prinzip Hoffnung vor. So auch bei Singh, die seit 22 Jahren bei dem Unternehmen tätig ist. Sie baut auf ein Engagement des Karstadt-Eigners Nicolas Berggruen . „Das wäre dann wie, wenn ein rettender Engel geschickt würde.“ Berggruen und Cerberus Capital Management sind die Investoren, die von der Insolvenzverwaltung aufgefordert worden waren, ihre Angebote nachzubessern.

+++ Hoffnung schwindet – Rettung immer unwahrscheinlicher +++

+++ Schlecker-Mitarbeiter setzen auf Berggruen +++

Singh sieht in Firmengründer Anton Schlecker den Hauptverantwortlichen für die Misere. „Ich glaube nicht, dass Herrn Schlecker bewusst ist, was mit den Leuten passiert.“ Oft wird die 43-Jährige auch von Kunden auf ihr Schicksal angesprochen. Eine Frau versucht an der Kasse, ihr Mut zuzusprechen. Die Beschäftigten würden alles machen, damit es weitergehe, erklärt die Betriebsrätin und verweist auf die Bereitschaft zum möglichen Lohnverzicht der Belegschaft als Beitrag zur Rettung des Unternehmens.

Viele Beschäftigte wollen so kurz vor der anstehenden Entscheidung gar nicht mit der Presse reden. In einem Karlsruher Schlecker-Laden schlendert eine einsame Kundin durch die Gänge. Eine ältere Verkäuferin räumt Regale. „Wir dürfen nichts sagen“, wiegelt sie die Frage ab. Dann lässt sie sich doch hinreißen: „Das ist alles schon sehr traurig.“ Zumal die Kunden durchaus treu sind. „Sie kommen weiterhin zu uns. Wir haben gut zu tun."

+++ Berggruen: Ein Investor auf der Suche nach Herausforderungen +++

+++ Januar 2012: Drogerieriese Schlecker schlittert in die Pleite +++

Anke Ouled Mohamed, Verkäuferin in einer Schlecker-Filiale in Mannheim, aktualisiert ihre Bewerbungen, um für den Ernstfall gewappnet zu sein. Abgeschickt hat sie aber noch keine. „Ich warte erst einmal ab. Wir hatten ja lange genug Zeit, uns darauf vorzubereiten. Wir werden sehen, was am Freitag passiert, am Ende haben die Gläubiger das letzte Wort.“ Wenn sie das Aus beschließen, haben die Mitarbeiter keine Möglichkeit, sich dagegen zur Wehr zu setzen. „Wenn es dann so sein sollte, dann ist es so“, sagt die Mutter von zwei Töchtern.

Eigentlich wollte der Insolvenzverwalter bis Pfingsten einen Investor finden. Doch der Plan scheiterte. Er senkte zwar die Verluste deutlich, doch Schlecker schreibt weiter rote Zahlen. Auch eine Klagewelle von tausenden gekündigten Schlecker-Mitarbeitern und das schwierige Image der Kette belasten die Investorensuche. Etliche Kunden sind nach Einschätzung der Betriebsrätin Singh wieder zurückgekehrt. In ihrer Filiale im Stuttgarter Westen ist wieder Betrieb. Vor der Insolvenz herrschte dort oftmals gähnende Leere. (dpa/abendblatt.de)