Nach zahlreichen Filialschließungen folgt nun die Planinsolvenz bei Schlecker. So will sich der angeschlagene Drogeriekonzern sanieren.

Ehingen. Deutschlands größte Drogeriekette Schlecker steht vor der Pleite. Das Geld reicht nicht mehr für den groß angelegten Umbau, der den seit Jahren defizitären Branchenriesen mit seinen 8000 Filialen retten soll. Eine Zwischenfinanzierung für die anstehende Sanierung sei gescheitert, teilte das Unternehmen aus Ehingen bei Ulm am Freitag mit. Nun solle Schlecker über einen Insolvenzplan wieder auf die Beine gestellt werden. „Ein entsprechender Antrag wird kurzfristig gestellt.“ Dadurch könne Schlecker mit seinen über 30.000 Mitarbeitern in Deutschland erhalten bleiben – wenn die Gläubiger mitspielen. „Ziel ist der Erhalt eines großen Teils des Filialnetzes und damit auch der Arbeitsplätze“, versicherte die Kette.


+++ Hintergrund: Die Planinsolvenz +++

Nach dem Insolvenzantrag übernimmt die Arbeitsagentur die Löhne für bis zu drei Monate. Der Geschäftsbetrieb laufe „unverändert weiter, und auch die Zahlung der Mitarbeitergehälter (...) ist gesichert“, teilte Schlecker mit. Der „Weg der Restrukturierung“ solle fortgesetzt werden.

Die Gewerkschaft Verdi machte Firmenpatriarch Anton Schlecker persönlich für das Schicksal der Beschäftigten verantwortlich. „Eigentum verpflichtet“, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Beim zuständigen Amtsgericht Ulm war bis zum Nachmittag kein Insolvenzantrag eingegangen. „Es liegt weder ein Antrag vor noch ist einer angekündigt“, sagte ein Sprecher.

Schlecker schreibt seit 2008 Verluste und hatte in den vergangenen eineinhalb Jahren hunderte Filialen in Deutschland geschlossen – und andere modernisiert. Allein im ersten Quartal 2012 stünden rund 600 unrentable Läden auf der Kippe, hatte es zuletzt im Schlecker-Umfeld geheißen. Konkurrenten wie dm oder Rossmann hatten Schlecker mit seinem Billig-Image und den vielfach verwinkelten, mit wenig Personal besetzten Filialen immer stärkere Konkurrenz gemacht. Zuletzt hieß es, der frühere Edeka-Chef Alfons Frenk solle neue Geldgeber suchen, die den Umbau finanzieren sollten. Doch Finanzinvestoren zögerten.

Der Firmengründer hatte 1965 den ersten Selbstbedienungsladen eröffnet. Ab 1974 setzte Schlecker dann auf den Discount-Markt – bereits 1977 betrieb er 100 solcher Läden. 1984 waren es bereits über 1000, 1987 folgte die Expansion ins Ausland. Zugleich geriet das Unternehmen immer wieder wegen der Arbeitsbedingungen und der niedrigen Löhne mit der Gewerkschaft Verdi in Konflikt.

Anton Schleckers Kinder Lars und Meike übernahmen 2010 die Führung. Ein Jahr später verkündeten sie, die Kette neu erfinden zu wollen – denn „niedrige Preise bei Drogerieartikeln findet der Kunde heute überall“. Nun wolle Schlecker dafür sorgen, „dass unsere Kunden sich bei uns wohlfühlen“, neu gestaltete Filialen sollten her. Doch die Berichte über finanzielle Schwierigkeiten häuften sich.

Der Vorsitzende des Verbandes der Insolvenzverwalter (VID), Christoph Niering, sieht hausgemachte Strukturprobleme als Grund für die Schieflage. „Andere Drogerieketten stehen viel besser da und gewinnen Marktanteile.“ Eine Sanierung halte er für schwierig. „Schlecker hat ein dramatisches Imageproblem, gleichzeitig gibt es starke Konkurrenten“, sagte Niering. Die Insolvenz verschaffe dem Unternehmen aber erst einmal Luft.

In der Handelsbranche wurde die Nachricht wenig überrascht aufgenommen. „Auf dem Drogeriemarkt herrscht ein harter Wettbewerb. Schlecker hat schon seit langem restrukturiert, aber offensichtlich nicht erfolgreich“, sagte ein Handelsexperte, der nicht genannt werden wollte. Schlecker unterscheide sich von den Hauptkonkurrenten Rossmann und dm durch seine schiere Größe. Schlecker sei sogar in kleinen Orten vertreten, während sich die Wettbewerber auf zentrale Lagen konzentrierten. „Die haben dann eine ganz andere Kundenfrequenz“, erläuterte er. Außerdem leide Schlecker unter den Negativ-Schlagzeilen. „Der Umgang mit den Mitarbeitern kam in der Öffentlichkeit nicht gut an.“

Zahlen zum Gewinn oder Verlust nennt Schlecker traditionell nicht. Die Mitarbeiterzahl lag Ende 2011 bei über 30.000 in Deutschland und weiteren rund 17.000 im Ausland. Der Drogerieriese aus Ehingen bei Ulm hatte vor kurzem angekündigt, auch im neuen Jahr Hunderte Filialen zu schließen: Das Unternehmen trenne sich von Läden, die rote Zahlen schreiben und die „auch nach wohlwollender Betrachtung“ keine langfristige Perspektive haben. (rtr/abendblatt.de)

+++Schlecker will weitere 600 Filialen schließen +++

+++ Schlecker will bis zu 800 Filialen schließen +++