Am Freitag treten die Schlecker-Gläubiger zusammen und die Zeichen stehen auf Abwicklung. Mehr als 14.300 Mitarbeiter wären betroffen.

Ehingen/Ulm. Die Hoffnung auf eine Rettung der insolventen Drogeriekette Schlecker wird immer geringer. Denn unterschriftsreife Investorenangebote sollen weiter nicht vorliegen. Auf der Sitzung der größten Schlecker-Gläubiger am Freitag (1. Juni) sei ein Beschluss über die Zerschlagung Schleckers zu erwarten, so die „Südwest Presse“. „Das Urteil ist gefallen. Am kommenden Freitag gibt es nur die Verkündung“, zitierte die Zeitung einen Branchenkenner. Das würde vor allem die mehr als 14.300 Mitarbeiter treffen. Betriebsratschefin Christel Hoffmann gibt aber nicht auf: „Ich sehe einen kleinen Ansatz einer möglichen Wende.“ Eine Lösung in letzter Sekunde ist nicht völlig ausgeschlossen.

Der größte Gläubiger und Kreditversicherer Euler Hermes will bei einer Entscheidung für das endgültige Schlecker-Aus die Schuld nicht auf sich nehmen. „Sollte diese Entscheidung fallen, dann gab es kein realistisches und tragfähiges Angebot der Investoren“, sagte ein Sprecher und bestätigte einen Bericht der „Südwest Presse“. Derzeit liefen noch „harte Verhandlungen“ zwischen Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz und den zwei verbliebenen Investoren. „Alle sind an einer konstruktiven Lösung interessiert, aber noch ist alles offen“, sagte der Sprecher.

+++ Schlecker-Mitarbeiter setzen auf Berggruen +++

+++ Insolvenzverwalter setzt weiter auf seriöse Investoren +++

Euler Hermes bestätigte dem Bericht nach, derzeit die Konzepte des Karstadt-Eigners Nicolas Berggruen und des US-Investors Cerberus Capital Management zu prüfen. Der Sprecher wollte Äußerungen über konkrete Investorennamen aber nicht bestätigen. Es käme weiter gleichermaßen auf Kaufpreishöhe und Tragfähigkeit der Konzepte der Investoren an. „Für alle ist es das oberste Ziel, das Schlecker erhalten bleibt, die Voraussetzung ist aber ein belastbares Konzept“, sagte der Sprecher von Euler Hermes.

„Es geht aber auch um Summen“, sagte der Versicherer mit Blick auf seine Forderungen. Euler Hermes hat Warenlieferungen an Schlecker von rund 300 Millionen Euro abgesichert. Die Entscheidung über die Zukunft Schleckers hängt nach Expertenmeinung von Euler Hermes ab.

Schlecker-Gesamtbetriebsratchefin Hoffmann appellierte kurz vor Ablauf der Frist an beide Investoren: „Die Mitarbeiter haben es verdient, dass sich die Investoren über ihre soziale und moralische Verpflichtung im Klaren sind.“ Am Freitag werde angesichts der ernsten Lage die Betriebsräte-Konferenz mit rund 400 Arbeitnehmervertretern in Berlin zusammenkommen. „Wir werden entscheiden, wie wir mit dem Tag X umgehen“, sagte Hoffmann und fügte hinzu: „Man kann uns unsere Arbeitsplätze nehmen, unsere Würde, unseren Stolz und unsere Kampfbereitschaft kann uns keiner nehmen.“

Ursprünglich hatte Insolvenzverwalter Geiwitz angedacht, bis Pfingsten einen Investor zu präsentieren. Doch mit diesem Ziel scheiterte er. Er konnte zwar die Verluste von Schlecker deutlich senken, doch das Unternehmen schreibt weiter rote Zahlen. Die Investorensuche wird auch belastet von einer Klagewelle von tausenden gekündigten Schlecker-Mitarbeitern und dem schwierigen Image der Kette.

Geiwitz vertritt in erster Linie die Interessen der Gläubiger. „Er hat die Sorgfaltspflicht, wenn Schlecker zu viele Verluste macht und er keinen Investor findet, muss er die Fortführung des Betriebes einstellen“, sagte Insolvenzrichter Benjamin Webel vom Ulmer Amtsgericht. Am 5. Juni kommt in Ulm die Gläubigerversammlung zusammen, dort wird die Zukunftsentscheidung festgeklopft.

Am vergangenen Freitag (25. Mai) hatten die drei größten Schlecker-Gläubiger Geiwitz eine letzte Galgenfrist von einer Woche gegeben, um einen Investor mit belastbarem Angebot zu präsentieren. Gelingt ihm dies bis Freitagvormittag (1. Juni) nicht, wird der Betrieb eingestellt und die noch verbliebenen Vermögenswerte veräußert.

Verdi: Viele Schlecker-Mitarbeiter wollen auf Geld verzichten

Im Kampf gegen einen Arbeitsplatzverlust will ein Großteil der Schlecker-Beschäftigten aogar auf Geld verzichten. In einer Mitgliederbefragung hätten knapp drei Viertel einem Sanierungsbeitrag zugestimmt, der den dreijährigen Verzicht auf Sonderzahlungen und das Verschieben tariflicher Lohnerhöhungen umfasst, teilte die Gewerkschaft Verdi am Mittwoch in Berlin mit. Die Zugeständnisse würden einem Verzicht von 10,5 Prozent entsprechen.

Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger nahm zudem die Politik in die Pflicht: „Wir fordern die Politik eindringlich auf, jetzt durch schnelle und unbürokratische Maßnahmen die Möglichkeit für eine Rettung doch noch offenzuhalten.“ Denkbar sei die Einrichtung eines Sonderfonds bei der Bundesagentur für Arbeit, um die Gehälter der noch 13.500 Beschäftigten für die kommenden zwei Monate abzusichern. Dadurch werde der zeitliche Spielraum für die Investorensuche erweitert. (dpa/dapd/abendblatt.de)