Die dritte Nacht in Folge brannten in Berlin Autos - diesmal neun. Polizei verstärkt Streifenfahrten. Innensenator Körting hat “ungeheure Wut“.
Berlin. Wegen der anhaltenden Serie von Brandanschlägen auf Autos in Berlin hat die Polizei eine Belohnung von bis zu 5000 Euro ausgelobt. Belohnt werden Hinweise, die zur Ergreifung von Auto-Brandstiftern führen, wie ein Sprecher mitteilte.
Am frühen Donnerstagmorgen brannten in Berlin in der dritten Nacht hintereinander Autos. In den Stadtteilen Charlottenburg, Tiergarten und Lichtenberg wurden neun Pkw von Unbekannten angezündet worden. Die Brände ereigneten sich zwischen 0.13 Uhr und 2.40 Uhr, wie ein Polizeisprecher sagte. Verletzt wurde niemand. Der Polizeiliche Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen. Vermutet wird Brandstiftung mit politischem Hintergrund.
Dem Sprecher zufolge war die Polizei in Charlottenburg in der Nacht zu Donnerstag mit verstärkten Kräften auf den Straßen unterwegs. Auch zahlreiche Zivilkräfte sowie ein Polizeihubschrauber seien im Einsatz gewesen. Die Polizei vermutet einen politischen Hintergrund. Unterdessen fordert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Unterstützung der Berliner Beamten durch Kräfte von Bund und Ländern.
Polizeigewerkschaft fordert Unterstützung von Bund und Ländern
Ein Opfer der Brandstiftungen ist Axel Andres aus Charlottenburg. Er sei "wütend und enttäuscht“, sagte er der Nachrichtenagentur dapd. Kurz vor dem Brand an seinem Pkw in der Eosanderstraße sei ein Mannschaftswagen der Polizei vorbeigefahren, was den oder die Täter offenbar nicht abgeschreckt habe. "Damit wird nichts erreicht. Nötig sind mehr Polizisten auf der Straße“, forderte der Freiberufler.
Die GdP fordert, im Kampf gegen Autobrandstifter die Bundespolizei und Beamte aus anderen Bundesländern in Berlin einzusetzen. Die Beamten müssten mindestens sechs Monate lang die Berliner Kollegen unterstützen, sagte Landeschef Michael Purper, der "Berliner Morgenpost“ (Donnerstagausgabe).
Der Berliner Senat habe in den vergangenen zehn Jahren rund 4.000 Polizisten eingespart, "sodass heute nur noch rund 15.000 voll einsetzbare Beamte für Gesamt-Berlin zur Verfügung stehen“. 1990 seien es allein in West-Berlin 22.000 gewesen.
Der Gewerkschafter fordert zudem, zum alten Arbeitszeitmodell zurückzukehren, "weil die Kollegen rund um die Uhr sofort verstärkt werden können. Mit den neuen Arbeitszeitmodellen wurde die Polizeidichte in Berlin besonders zur Nachtzeit deutlich heruntergefahren.“
Laut Polizei haben Brandstifter in Berlin dieses Jahr bereits mehr als 140 Autos angezündet. Die Ermittler lobten eine Belohnung von bis zu 5.000 Euro für Hinweise aus, die zur Ergreifung von Auto-Brandstiftern führen.
Vorläufiger Höhepunkt am Mittwoch
Zuvor hatte die Anschlagsserie in der Nacht zum Mittwoch mit insgesamt 15 angezündeten Fahrzeugen einen neuen Höhepunkt erreicht. Die Fahrzeuge wurden ebenfalls vorwiegend in Charlottenburg angezündet, drei weitere wurden durch Flammen beschädigt. In der vorangegangenen Nacht hatten elf Fahrzeuge im selben Bezirk gebrannt.
Die Ermittler gehen in allen Fällen von Brandstiftung mit politischer Motivation aus, wie die Polizei in Berlin sagte. Der Staatsschutz habe die Ermittlung übernommen. Den Brandstiftern fielen meist hochwertige Autos zum Opfer - auch ein Lastwagen, ein Wohnwagen und ein Motorroller.
Die meisten Autos brannten im Bezirk Charlottenburg, der immer noch in vielen Bereichen als wohlsituiert gilt. Weitere Anschläge gab es in Lichtenberg, Spandau, Friechrichshain und Mitte. Bereits in der Nacht zum Dienstag waren allein in Charlottenburg elf Autos in Flammen aufgegangen, sieben weitere wurden beschädigt.
Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verurteilte die neuerlichen Anschläge scharf verurteilt. "Als Bürger habe ich eine ungeheure Wut auf das, was da passiert", sagte Körting im RBB-Inforadio. Man wisse leider nichts über den oder die Täter, sagte Körting. Es gebe teilweise einen linksextremistischen Hintergrund. Inzwischen spiele aber auch die Nachahmung eine große Rolle.
Der Hamburger Psychologe Laszlo Pota vermutet indessen, das Gros der Täter seien Jugendliche, meist aus zerrütteten oder schlecht integrierten Familien. Viele seien frustriert, weil ihnen sozialer Aufstieg verwehrt bleibe. Das wahllose Anzünden habe sich "zu einem Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei entwickelt".
Mit Material von dapd