Hamburg. Was Halbleiterhersteller Nexperia zahlt, was die Motivation dahinter ist, und was die Basketballer mit dem Kapital anfangen.
Ab wann die Partnerschaft seines Unternehmens mit den Veolia Towers Hamburg als Erfolg zu werten ist, kann Achim Kempe noch nicht absehen. Von welchem Moment an das Hauptsponsoring des global, aber vor allem in Asien agierenden Halbleiterherstellers Nexperia mit den Bundesliga-Basketballern für ihn einen Mehrwert geschaffen hat, wusste Benka Barloschky (36) dagegen sofort: nach 20 Sekunden.
Da tauchte im Videoclip, den beide Seiten am Dienstagnachmittag zur Präsentation der Partnerschaft am Deutschlandsitz Nexperias an der Stresemannstraße in Lokstedt vorbereitet hatten, der Firmenslogan „Efficiency wins“ (Effizienz gewinnt) auf. „Sehr gute Vorlage, das wird unser Motto für morgen Abend“, sagte der Cheftrainer, der mit seinem Team an diesem Mittwochabend (20 Uhr/Dyn) in der Wilhelmsburger Inselpark Arena Alba Berlin empfängt. Die Hauptstädter sind seit zehn Spielen ungeschlagen, besiegten während dieser Phase unter anderem vor zweieinhalb Wochen die Towers mit 85:65.
Basketball: Halbleiterhersteller Nexperia wird Hauptsponsor der Hamburg Towers
Doch künftig soll die Lücke zwischen des Basketballclubs aus Deutschlands größten Städten geringer werden. Dafür stellt Nexperia dem Verein für die nächsten drei Jahre pro Saison nach Abendblatt-Informationen rund 700.000 Euro zur Verfügung. Als Gegenleistung wird das seit 100 Jahren in Hamburg ansässige Unternehmen auf der Trikotbrust sowie im Mittelkreis präsent sein, weitere gemeinsame Aktionen sind geplant.
Oberhalb in der Partnerrangliste steht lediglich Namenssponsor Veolia. Einen Hauptsponsor hatten die Towers nicht mehr, seit Energydrinkhersteller 28 Black im vergangenen Sommer vorzeitig aus dem Vertrag mit der Unternehmensgruppe von Hauptgesellschafter Tomislav Karajica ausgestiegen war.
Nexperia-Boss Kempe: „Wir haben Großes mit den Towers vor“
„Wir haben Großes vor“, sagte nun Nexperia-Geschäftsführer Kempe. Was konkret, ließ der 57-Jährige offen.
„Wir haben keine sportlichen Zielvereinbarungen in den Vertrag aufgenommen, sondern werden, wie bei uns im Unternehmen, immer neu überlegen, wie wir auf die jeweiligen Bedingungen reagieren“, sagte er. Als Gummersbacher, und damit Handball-sozialisiert, maße er sich nicht an, den Towers in sportliche Belange hineinzureden.
Hamburger Unternehmen ist globaler Player in der Halbleiterindustrie
Dennoch sind die Hintergründe des ersten Sportsponsorings in der Historie von Nexperia, dessen Wurzeln auf NXP Semiconductors und zuvor Philips Semiconductors zurückgehen, offensichtlich. Als Hersteller von Dioden und Transistoren für die Industrie-Elektronik – sekündlich entstehen 3000 Halbleiter, gearbeitet wird rund um die Uhr – verfügt der Konzern über einen quantitativen Weltmarktanteil von rund 20 Prozent, qualitativ in US-Dollar gemessen zwischen neun und 9,5 Prozent.
Die größten Konkurrenten sitzen in China und Japan. Der Standort Hamburg ist mit 1600 Mitarbeitern der größte.
Wofür die Hamburg Towers das frische Kapital einsetzen wollen
„Dennoch kennt uns kaum jemand, wir erhoffen uns durch das Sponsoring größere Popularität unserer Marke, auch in Hinblick auf die Attraktivität für neue Angestellte“, sagte Kempe. Zugleich wolle Nexperia nach einem Jahrhundert etwas an die Stadt zurückgeben. „Die Geschichte der Towers ist beeindruckend. Mit ihrer Arbeit gestalten sie eine sozial gerechtere Zukunft von mittlerweile fast 1000 Kindern und Jugendlichen in Hamburg. Das wollen wir unterstützen und auch hier einen Ausbau fördern“, betont der Chef, der seit 25 Jahren für das Unternehmen tätig ist.
Marvin Willoughby (46) ist zwar erst seit 18 Jahren für sein Unternehmen tätig, das er 2006 als gemeinnützigen Verein Sport ohne Grenzen gegründet hatte, aber nicht minder an einer Förderung des Ausbaus interessiert. Als Sportchef naheliegend im Kernkompetenzbereich des aktuellen Bundesligazehnten.
Gesamtetat von Hamburgs Basketballer steigt auf 6,3 Millionen Euro
Aber nicht nur. „Wir denken ganzheitlich“, sagte Willoughby. Das zusätzliche Budget, durch das die Towers kommende Saison über ein Gesamtetat von rund 6,3 Millionen Euro verfügen dürften, soll in die Mannschaft sowie das Team hinter dem Team gesteckt werden.
In Christos Litsas (38) unterstützt Barloschky erstmals ein Statistik- und Analyse-Experte. „Wir haben zudem in den Bereichen Kommunikation und Sales Bedarf“, sagte Jan Fischer (43), der kaufmännische Geschäftsführer des Clubs.
Towers-Sportchef Willoughby: „Wir werden nicht Michael Jordan verpflichten“
Aus dem frischen Kapital erwachsende sportliche Ambitionen formulierten die Funktionäre gewohnt zurückhaltend. „Für mich ist das nächste Ziel, Alba Berlin zu besiegen. Jetzt Vorstellungen über die Spielzeit hinaus aufzustellen, wäre der erste Schritt zurück“, sagte Barloschky. Es gehe nach wie vor darum, sich in der Bundesliga zu etablieren.
„Wir werden nicht Michael Jordan verpflichten. Es wäre ein schon Traum, wenn wir nicht jede Saison einen komplett neuen Kader zusammenstellen müssen, weil unsere Spieler zu teuer geworden sind“, sagte auch Willoughby. Aus dem aktuellen Team hat Talent Leif Möller (20) Vertrag über den Sommer hinaus, ebenso Lukas Meisner. Mit dem 28-Jährigen könnten dem Vernehmen nach aber noch Unterredungen über eventuelle Alternativpläne stattfinden, da die Saison für beide Seiten unbefriedigend verläuft.
Nexperia: Gespräche über Namenssponsoring der Inselpark Arena gab es nicht
Gespräche über eine mögliche Weiterbeschäftigung wurden ansonsten mit allen Akteuren geführt. „Die Rückmeldungen waren absolut positiv, den Spielern gefällt es hier. Trotzdem wollen sie sich gern anhören, welche Angebote es aus dem Ausland gibt“, sagt Willoughby, dessen europäische Konkurrenten laut seiner Aussage das Zwei- bis Vierfache zahlen könnten.
Um diesen Standortnachteil wettzumachen, wollen die Towers ihr Budget mittelfristig um zwei Millionen auf 7,5 Millionen Euro erhöhen, langfristig benötigen sie aber eine größere Halle, die jedoch nicht absehbar erscheint. Verhandlungen über ein mögliches Namenssponsoring der 3400 Zuschauer fassenden Inselpark Arena, das gut 100.000 Euro kostet, gab es im Übrigen nicht, sagte Kempe. „Das war für uns nie ein Thema.“
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Den besten Tipp für die Partie gegen Alba Berlin, die Kempe erstmals in offizieller Funktion in der Arena verfolgen wird, gab es sowieso kostenlos: Effizienz gewinnt.