Kitzbühel. HSV ringt um neuen Stadiondeal und bezieht die Fans mit ein. Auslaufender Vertrag eines Großsponsors aufgefangen.
In den zurückliegenden Tagen schaute Klaus-Michael Kühne in Hamburg vorbei. Acht Tage nach dem ausgelaufenen Deal über das Namensrecht am Volksparkstadion wäre es naheliegend gewesen, dass der Milliardär mit dem HSV über eine Verlängerung verhandelt, wenn er schon mal in der Stadt ist. Doch Kühne kümmerte sich bei seiner Stippvisite um andere Investments, zu einem Termin mit dem HSV soll es nicht gekommen sein.
Ohnehin findet zurzeit kein Austausch zwischen dem Club und seinem Gesellschafter (15,21 Prozent) statt. Drei Wochen vor dem Saisonstart gegen Schalke 04 (28. Juli) fehlt dem HSV daher die nötige Planungssicherheit, ob der wankelmütige Investor nach guten Gesprächen auch tatsächlich einen neuen Deal absegnet. Eine Einigung in diesem Monat ist momentan nicht in Sicht.
Bislang zahlte Kühne jährlich 3,5 bis vier Millionen Euro dafür, dem Volksparkstadion seinen traditionsreichen Namen zu erhalten. Eine Menge Geld, das im Vergleich zur abgelaufenen Saison ein Loch in die Finanzen reißt. Auch wenn sich die Summe in keiner Budgetplanung wiederfindet, hätte es Auswirkungen für die weitere Kaderplanung, ob ein vergleichbarer Deal erneut zustande käme.
HSV prüft Alternativen zu Kühne
Um sich nicht abhängig von der Gemütslage seines Investors zu machen, prüft der HSV momentan Alternativen zu Kühne. Dabei strebt der Club eine langfristige Partnerschaft an, die jährlich für eine Millioneneinnahme sorgen soll. Weil wohl nur Kühne bereit wäre, eine Finanzspritze in diesem Umfang zu verabreichen, ohne dabei eine Gegenleistung wie eine Umbenennung des Stadions zu fordern, dürfte die Kommunikation mit den Fans im Fall der Fälle die größte Herausforderung des HSV sein.
Deshalb befindet sich der Club bereits in Gesprächen mit seiner Anhängerschaft, um mögliche Lösungen zu diskutieren. Die Verantwortlichen im Volkspark wollen zwar nicht basisdemokratisch über das Namensrecht abstimmen lassen, gegen den Willen der treuen Fans soll allerdings auch keine Entscheidung getroffen werden.
Keine Option ist im Übrigen eine Umbenennung in Uwe-Seeler-Stadion zu Ehren des verstorbenen Vereinsidols. Denn diese Variante wird von einem Großteil der Fans abgelehnt, die stattdessen den traditionsreichen Namen Volksparkstadion erhalten wollen. Ein Kompromiss könnte zum Beispiel ein Doppelname mit einem neuen Sponsor sein.
Zahlt Kühne, um HSV-Fans zu überzeugen?
Möglicherweise muss der HSV die Verhandlungen über Alternativen zu Kühne allerdings gar nicht erst vertiefen. Denn mit Blick auf die für Winter angepeilte Mitgliederversammlung, wenn über eine Rechtsformänderung von der AG in eine KGaA abgestimmt werden soll, könnte der umstrittene Unternehmer ein strategisches Ziel verfolgen.
Mit einer Verlängerung des Namensrechts am Stadion würde sich Kühne einen Kredit bei den Fans erarbeiten, um die notwendige Dreiviertelmehrheit für eine KGaA vorzubereiten. Nur dann könnte Kühne sein Ziel erreichen, das kürzlich abgeschlossene 30-Millionen-Euro-Darlehen in weitere Anteile umzuwandeln. Die Frage ist nur, wie lange der HSV auf diese denkbare Einsicht des 86-Jährigen warten will.
HSV gleicht Telekom-Loch (1,5 Millionen) aus
Immerhin hat sich der Club inzwischen wirtschaftlich derart stabilisiert, dass er nicht abhängig von einer schnellen Lösung ist. Und das, obwohl neben dem Stadiondeal auch noch ein weiterer Vertrag eines Großsponsors am 30. Juni auslief. Die Telekom zahlte bislang jährlich 1,5 Millionen Euro an den HSV.
Nach dem zwischenzeitlichen Führungschaos um die streitenden Vorstände Thomas Wüstefeld und Jonas Boldt hatte das Telekommunikationsunternehmen bereits vor rund einem Jahr beschlossen, den Vertrag nicht zu verlängern. Eine Entscheidung, von der die Firma auch nach dem Rücktritt Wüstefelds nicht umzustimmen war.
Weil sich der Zweitligist allerdings monatelang auf dieses Szenario vorbereiten konnte, ist es dem Club gelungen, das entstandene Millionenloch durch die Akquise neuer Sponsoren zu stopfen. Nach Abendblatt-Informationen wird der HSV in den kommenden zwei Wochen einige neue Sponsoren sowie Vertragsverlängerungen bestehender Partnerschaften zu erhöhten Konditionen verkünden.
Dadurch gleichen die Hamburger die 1,5-Millionen-Euro-Lücke der Telekom vollständig aus. Das Ziel ist es allerdings, das Ergebnis durch weitere Deals sogar zu übertreffen.
Neue LED-Bande für die Telekom beim HSV
Drei Wochen vor dem Saisonauftakt sind zudem bereits alle Logen sowie Premium-LED-Banden verkauft, bei denen sich Sponsoren Werbefläche pro Spielminute sichern können. Deshalb prüft der Club in diesen Tagen die Möglichkeit, an Spieltagen eine weitere LED-Bande aufzustellen.
Einer der Sponsoren, mit denen der HSV über ein Engagement auf dieser neu zu schaffenden Plattform verhandeln soll, ist kurioserweise die Telekom. Sollte der Deal zustande kommen, würde es sich allerdings um einen komplett neuen Vertragsabschluss handeln, der nichts mit der bisherigen Partnerschaft zu tun hätte.
Durch die vorzeitige Vertragsverlängerung mit Ausrüster Adidas, der künftig sogar mehr als die bisherigen zwei Millionen Euro per annum überweist, und Bierpartner König Pilsener zu gleichen Konditionen sieht sich der HSV in einer komfortablen Situation bei den Marketingerlösen. Priorität genießt nun vor allem, das Stadionnamensrecht zu verkaufen.
HSV hofft auf weitere Onana-Millionen
Kurzfristig könnte sich allerdings noch eine weitere Einnahmequelle ergeben, die sogar annähernd an Kühnes bisherige Stadionmillionen herankäme. Wie berichtet, hat sich der HSV beim Verkauf von Amadou Onana an den OSC Lille vor zwei Jahren eine 20-prozentige Weiterverkaufsklausel bei jedem weiteren Transfer gesichert.
Sollte der umworbene und inzwischen beim FC Everton spielende Belgier auch in diesem Sommer den Verein wechseln, stünden dem HSV 20 Prozent der Summe Lilles zu. Unklar ist bislang lediglich, ob die Franzosen eine 20-prozentige Beteiligung der Brutto- oder Nettoablöse besitzen.
In Anbetracht von bislang kolportierten 70 Millionen Euro, die Chelsea, Newcastle und Manchester United bereit sein sollen zu zahlen, kann sich der HSV in beiden Fällen auf eine Zusatzeinnahme von mehr als zwei Millionen Euro vorbereiten.
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HSV-Neuzugänge dank Kühne oder Onana?
Es wäre in etwa die Summe, die auch eins der beiden Transferziele für die Außenverteidiger-Positionen, Alessio Castro-Montes (26/KAA Gent) und Jusuf Gazibegovic (23/Sturm Graz), kosten würde. Grundsätzlich wären die Hamburger auch ohne weitere Millionen durch Onana oder einen neuen Stadiondeal in der Lage, eine Ablöse in dieser Preiskategorie zu stemmen.
Ein neuer Geldsegen könnte diesen Prozess jedoch beschleunigen. Und wenn Kühne erst erkennt, dass die Verlängerung des Namensrechts an der Arena in direktem Zusammenhang mit einem von den Fans ersehnten Neuzugang stünde, könnte er zeitnah wieder in Hamburg vorbeischauen. Wetten, dass…?