Hamburg. HSV holt Hadzikadunic statt Sazonov. Kopf-an-Kopf-Duell bei der Suche nach einem neuem Rechtsverteidiger. Und Elfadli?
Als der HSV-Tross am Donnerstag um 14.45 Uhr in Fuhlsbüttel mit einem Linienflieger nach München abhob, von wo aus es mit dem Mannschaftsbus weiter ins Trainingslager nach Kitzbühel ging, war Dennis Hadzikadunic noch nicht mit dabei.
Zu dieser Zeit hielt sich der 20-fache bosnische Nationalspieler im Volkspark auf, um für die offiziellen Vorstellungsfotos des Vereins zu posieren. Zuvor hatte der Innenverteidiger seinen Medizincheck im UKE bestanden sowie seinen bereits am Vortag ausgehandelten Vertrag bis Saisonende unterschrieben.
Dank einer Fifa-Regel, die es Spielern russischer Vereine seit dem Angriffskrieg Wladimir Putins gegen die Ukraine erlaubt, ihre Verträge für eine Spielzeit einseitig auszusetzen, wechselt Hadzikadunic zunächst ablösefrei für ein Jahr vom russischen Erstligisten FK Rostow zum HSV. Danach gilt wieder sein bis 2026 laufender Vertrag in der nur zwei Autostunden von der ukrainischen Grenze entfernten Stadt im Süden Russlands.
Neue HSV-Rolle für Hadzikadunic
In Hamburg ist Hadzikadunic neben Kapitän Sebastian Schonlau als feste Größe im Abwehrzentrum eingeplant. Er wird nun schnellstmöglich ins Trainingslager nachreisen. „Ich fiebere meinem ersten Heimspiel im Volksparkstadion entgegen, denn ich habe Großartiges über die Stimmung gehört“, sagt der Neuzugang. Er schließt die größte Baustelle des Kaders, die im November 2022 mit der Dopingsperre gegen Mario Vuskovic aufgebrochen war und seither nicht geschlossen wurde.
In der Rückrunde hatte der HSV Javi Montero verpflichtet, doch der Spanier enttäuschte. Nun soll Hadzikadunic beweisen, dass das Scouting des HSV funktioniert. Ähnlichkeiten mit Transferflop Montero soll es nur optische geben. „Mit Dennis gewinnen wir für uns einen aggressiven, hart verteidigenden Innenverteidiger, der eine große Portion Erfahrung mitbringt“, freut sich Profifußballdirektor Claus Costa.
Allerdings wird der in Malmö geborene schwedisch-bosnische Doppelstaatsbürger seine Spielweise unter Trainer Tim Walter umstellen müssen. Zur Rückrunde war er an den spanischen Erstligisten RCD Mallorca verliehen, der sich fast ausschließlich mit langen Bällen aus der Defensive befreit. Ein Stilmittel, das Walter nicht gern sieht. Bis zum Saisonstart gegen Schalke 04 (28. Juli) bleiben Hadzikadunic noch exakt drei Wochen, um die komplexe Spieleröffnung beim HSV zu adaptieren.
HSV: Warum es Hadzikadunic statt Sazonov wurde
Mit dem Transfer steigt der HSV aus dem Rennen um den georgischen U-21-Nationalspieler Saba Sazonov (21) aus. Die Hamburger hatten über Monate an einer Verpflichtung des 1,94 Meter großen Abwehrhünen gearbeitet.
Vor der U-21-EM sollen sich die Verantwortlichen weitgehend einig mit dem Spieler gewesen sein. Doch nach einem starken Turnier und dem Einzug ins Viertelfinale zog Sazonov weitere Interessenten auf sich. Gleichzeitig bemängelte der HSV das fehlende Commitment des Profis und sah sich nach Alternativen um. Den für Sazonov reservierten Platz nimmt nun der drei Zentimeter kleinere Hadzikadunic ein.
Der Abwehrspieler, der 37-mal für die Nachwuchsmannschaften Schwedens auflief, wurde bei Malmö FF ausgebildet. 2018 wechselte er für eine Million Euro zu FK Rostow, wo er 2022 seinen Stammplatz verlor. Als Russland die Ukraine angriff, machte Hadzikadunic von seinem Recht Gebrauch, sich ablösefrei verleihen zu lassen. Und so ging er für neun Monate zurück zu seinem Heimatverein Malmö.
Castro Montes tendiert zum HSV
Weil er nach seiner Rostow-Rückkehr keine sportliche Perspektive mehr hatte, wechselte der Verteidiger erneut dank der Fifa-Regel per Leihe nach Mallorca. Dort saß Hadzikadunic die ersten zehn Spiele auf der Bank, ehe er von Verletzungen profitierte und sich einen Stammplatz im Zentrum einer Dreierkette eroberte. Eine Abwehrformation, die sich auch der HSV perspektivisch zur Option machen möchte, um taktisch flexibler zu agieren.
Deshalb sieht sich der Club nach Außenverteidigern für beide Seiten um, die zugleich mit der Rolle des sogenannten Schienenspielers vor einer Dreierkette vertraut sind. Auf der Suche nach einem Rechtsverteidiger deutet sich inzwischen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen KAA Gents Alessio Castro Montes (26/Abendblatt berichtete) und Jusuf Gazibegovic (23) von Sturm Graz an.
Der in Salzburg geborene bosnische Nationalspieler steht beim österreichischen Topclub bis 2026 unter Vertrag und würde wohl um die zwei Millionen Euro kosten. Ähnlich fällt das Preisschild auch beim Belgier Castro-Montes aus, der nach Abendblatt-Informationen zunehmend zum HSV tendiert.
Castro-Montes: Gutes HSV-Gespräch mit Walter
Ursprünglich wollte der beidseitig einsetzbare Außenverteidiger, dem Anfragen aus Italien und Frankreich vorliegen, in die erste Liga wechseln. Doch nach einem guten Gespräch mit Walter sowie den sportlich Verantwortlichen soll in Castro-Montes der Gedanke gereift sein, den Umweg Zweite Liga in Kauf zu nehmen.
Als Bedingung setzt der Profi, der bereits zu Verhandlungen in Hamburg war, einen aufstiegstauglichen Kader voraus. Eine Aufgabe, die Sportvorstand Jonas Boldt und Costa zunehmend zu erfüllen scheinen. Nach dem Verbleib der Leistungsträger Robert Glatzel und Ludovit Reis hat der HSV in den vergangenen Wochen kräftig auf dem Transfermarkt nachgelegt.
HSV will Verteidiger bis Salzburg-Spiel
Intern soll es die Zielsetzung geben, den neuen Rechtsverteidiger bis zur Partie gegen Red Bull Salzburg (15. Juli) zu verpflichten. Wenn der HSV diesen Zeitplan einhielte, blieben Walter noch zwei Testspiele gegen Salzburg und die Glasgow Rangers (22. Juli), um seine Defensiv-Neuzugänge an die Abläufe zu gewöhnen.
Denn die bisherigen Stammspieler Jonas David und Moritz Heyer sollen künftig nicht mehr der Startelf angehören. „Nach hinten brauchen wir mehr Konsequenz, das war die komplette Rückrunde zu sehen. Wir werden uns in der Abwehr mit Personal aufbessern müssen“, hatte Walter nach dem Verden-Test (3:2) gesagt.
HSV-Transfer von Elfadli hakt
Eine Aussage, die auch für das defensive Mittelfeld gilt. Zurzeit verfügt der Kader über keine Alternative zu Jonas Meffert, der sich mit Knieproblemen herumplagt. Die Verantwortlichen haben sich längst auf Magdeburgs Daniel Elfadli festgelegt, doch der Wechsel scheint sich länger hinzuziehen als erwartet.
„Der HSV hat erstmals vor einer Woche Kontakt mit uns aufgenommen. Erstmals, das betone ich“, sagte Magdeburgs Sportchef Otmar Schork und bestätigte einen Abendblatt-Bericht von jenem Donnerstagabend über eine erste Offerte. „Jonas Boldt hat sein Interesse bekundet, dass der HSV Daniel gerne verpflichten würde“, berichtete Schork. „Ich habe ihm dann am Samstag erklärt, dass wir Daniel nicht abgeben werden. So ist der aktuelle Stand.“
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Eine offenbar bewusst gewählte Formulierung, die insbesondere wegen des Verweises auf den „aktuellen Stand“ nicht zwingend wie eine Transferabsage zu bewerten ist, sondern eher wie eine Aufforderung wirkt, das Angebot zu erhöhen. Als Ablöse für Elfadli will der HSV bislang nicht mehr als 400.000 Euro zuzüglich einer Aufstiegsprämie in wohl ähnlicher Höhe bezahlen. Magdeburg verlangt jedoch eine höhere Fixsumme, weshalb der Transfer ins Stocken geraten ist.
Mit Hadzikadunic hat Walter zumindest schon mal den dringend benötigten neuen Innenverteidiger bekommen.
- Filip Bilbija ist nicht nach Kitzbühel gereist. Er steht vor einem Wechsel nach Paderborn.