Hamburg. Thomas Wüstefeld ist von seinen Ämtern beim HSV zurückgetreten. Die Entwicklungen und Reaktionen im Newsblog.

Der Machtkampf beim HSV hat sich dramatisch zugespitzt: Thomas Wüstefeld ist am Mittwochabend von seinen Ämtern als Aufsichtsrat und kommissarischer Finanzvorstand zurückgetreten.

HSV-Chef Wüstefeld zurückgetreten – die News:

HSV-Aufsichtsratschef Jansen: „Kühne hat Kopf gefordert“

Nach dem Rücktritt von HSV-Finanzvorstand Thomas Wüstefeld hat der Aufsichtsratsvorsitzende Marcell Jansen in einer Pressekonferenz persönliche Konsequenzen abgelehnt. Die Entscheidung, den damaligen Aufsichtsrat pro bono ins operative Geschäft zu entsenden, habe das Gremium einstimmig getroffen, und sie sei „gar nicht so schlecht“ gewesen, sagte Jansen am Donnerstagnachmittag in einer Pressekonferenz. Er habe Wüstefeld an seiner Arbeit für den HSV zu messen: „Wir müssen die Ergebnisse für den HSV bewerten und nicht seine Vergangenheit.“

Dass er selbst bis zuletzt an Wüstefeld festgehalten habe, sei kein Grund, nun selbst zurückzutreten. Jansen: „Ich werde mich jetzt nicht mit irgendetwas verheiraten. Ich bin und war immer unabhängig.“ Die geschäftlichen Beziehungen stellten für ihn auch keinen Interessenkonflikt dar. Wüstefeld sei in der Pandemie „ein guter Partner“ für den HSV gewesen und habe mit seinem Corona-Schnelltestverfahren Lösungen angeboten, die auch andere Vereine in Anspruch genommen hätten. „Insofern kann ich mir nicht erklären, was es da für Compliance-Konflikte geben soll.“

Nach dem Rücktritt von HSV-Vorstand Thomas Wüstefeld (l.) wächst der Druck auf den Aufsichtsratsvorsitzenden Marcell Jansen.
Nach dem Rücktritt von HSV-Vorstand Thomas Wüstefeld (l.) wächst der Druck auf den Aufsichtsratsvorsitzenden Marcell Jansen. © picture alliance / Eibner-Pressefoto | Marcel von Fehrn

Wüstefeld habe ihn bereits am Wochenende über seinen Rücktritt informiert. Er sei die „beste Entscheidung für den HSV“, sagte Jansen und ließ erkennen, dass Wüstefeld einer Entlassung möglicherweise zuvorkam. Der Aufsichtsrat sei proaktiv tätig gewesen und habe deshalb für Mittwoch eine außerordentliche Sitzung einberufen. Jansen: „Thomas Wüstefeld hat großen Einsatz gezeigt. Aber klar ist auch, dass man sprechen muss, wenn Themen immer größer werden.“ Mit der nächsten Hauptversammlung hätte Wüstefelds einjährige Amtszeit ohnehin geendet.

Die Nachfolge wolle man in der WM-Pause im November/Dezember regeln. In der Zeit solle auch über eine Verlängerung des Vertrages des jetzigen Alleinvorstands Jonas Boldt gesprochen werden. Einstweilen werde der Finanzausschuss enger in Entscheidungen eingebunden. Es gebe aber auch dank Wüstefelds Arbeit in den kommenden ein, zwei Monaten keinen großen Handlungsdruck. Bei der Stadionfinanzierung sei „ein erster großer Meilenstein“ geschafft.

Jansen gab zu, dass Investor Klaus-Michael Kühne mit seinem 120-Millionen-Euro-Angebot den HSV unter Druck gesetzt hat. „Kühne hat einen Kopf im Vorstand gefordert“, sagte Jansen. Dies habe zu einem Bruch unter den Gesellschaftern geführt. Diesen gelte es jetzt „im Sinne der Raute“ zu reparieren. Der HSV „wäre bescheuert“, mit Kühne nicht über dessen Angebot zu sprechen, zumal es nicht mehr an Macht und Ansprüche geknüpft sei.

Prof. Dr. Wüstefeld: Titel des Ex-HSV-Chefs bleiben nebulös

Darf sich Thomas Wüstefeld tatsächlich Professor Doktor nennen? Schon seit Längerem gibt es Zweifel, ob der Medizinunternehmer die akademischen Titel, mit denen er notarielle Dokumente unterschrieben hat, zu Recht trägt. Nicht nur in der Stadt und in der Politik, sondern auch innerhalb des HSV wurde zunehmend fassungslos gesehen, wie unglücklich der inzwischen zurückgetretene Aufsichtsrat und Finanzvorstand mit dem Thema umging.

Die versprochene Aufklärung hat Wüstefeld noch immer nicht geleistet, seine Angaben sind widersprüchlich. Bis zuletzt hat er auf mehrere Abendblatt-Nachfragen keine Belege präsentiert oder klare Aussagen zu diesen Titeln gemacht. Einen ausführlichen Bericht lesen Sie hier.

Nach Rücktritt: Ex-HSV-Vorstand Wüstefeld klagt Aufsichtsrat an

Nach seinem Rückzug aus dem Vorstand und dem Aufsichtsrat des HSV hat Thomas Wüstefeld dem Kontrollgremium fehlenden Rückhalt vorgeworfen. Der entscheidende Grund für seinen Rücktritt sei, „dass ich seit Längerem aus dem Aufsichtsrat nicht mehr die notwendige Unterstützung spüre und auch von meiner Seite das gegenseitige Vertrauen nicht mehr gegenüber allen Mitgliedern des Aufsichtsrates besteht“, sagte Wüstefeld der „Bild“-Zeitung.

Ein Teil des Aufsichtsrats sei „durch außenstehende und eigene Interessen gesteuert“, sagte Wüstefeld: „Anders kann ich mir nicht erklären, wie hochvertrauliche Informationen an bestimmte externe Personenkreise durchgestochen wurden, welche nachweislich nur dem Vorstand und dem Aufsichtsrat bekannt waren.“

Wüstefeld hatte sich gegen das 120-Millionen-Euro-Angebot von HSV-Aktionär Klaus-Michael Kühne ausgesprochen, der wiederum die Absetzung des Vorstands zur Bedingung gemacht hatte. Wüstefeld hatte für die erforderliche Sanierung des Volksparkstadions stattdessen auf einen Kredit von Sponsor HanseMerkur gesetzt. Die Stadt hatte ihm die dafür erforderliche Bürgschaft aber verweigert.

Thomas Wüstefeld ist von seinen Ämtern beim HSV zurückgetreten. Nun steht er vor einem Zivilverfahren um eine insolvente Firma.
Thomas Wüstefeld ist am Mittwoch von seinen Ämtern beim HSV zurückgetreten. © WITTERS | Tim Groothuis

Die Abfuhr vor dem Haushaltsausschuss der Bürgerschaft am vergangenen Donnerstag habe ihn letztlich zum Rücktritt bewogen, sagte Wüstefeld jetzt. „Im Dauerfeuer zu stehen für Dinge aus der Vergangenheit, die andere zu verantworten haben, ist für mich so nicht länger hinnehmbar.“ Über seinen Entschluss habe er den Aufsichtsrat dann am Mittwochmittag per E-Mail informiert.

Die Vorwürfe, die Geschäftspartner gegen ihn erheben, wertet Wüstefeld als „Kampagne“. „Es wurden Indiskretionen begangen, auf einmal können windige Gestalten in der Presse einfach alles behaupten, und es wird gedruckt. Zum Schutz meiner Familie und zum Schutz unserer Unternehmen habe ich diese Entscheidung getroffen, mein ‚Feuerwehramt‘ vorzeitig niederzulegen.“

Ex-HSV-Chef Wüstefeld: Verfahren um insolvente Firma terminiert

Das erste Verfahren im Zusammenhang mit geschäftlichen Auffälligkeiten bei Thomas Wüstefeld findet im November statt. Wie das Landgericht dem Abendblatt bestätigte, werde am 15. November in der Sache 415 HKO 44/21 verhandelt. Dabei geht es unter anderem um die Insolvenz der Firma bioTECgroup, die Wüstefeld gemeinsam mit einem Partner betrieben hat.

Nach Abendblatt-Recherchen, über die wir im Juni berichtet hatten, war die Firma in die Insolvenz gegangen, und es gab Streitigkeiten zwischen Wüstefeld und seinem Mitanteilseigner, einem prominenten Unternehmer aus Niedersachsen. Wüstefeld hatte gesagt, die bioTECgroup sei „kontrolliert“ in die Insolvenz gegangen, Mitarbeiter seien nicht betroffen. Sein Partner habe die Expansionspläne nicht mittragen und habe aussteigen wollen.

Dieser Partner hat Ende Mai vor dem Landgericht Hamburg bereits ein sogenanntes Teil-Vorbehaltsurteil gegen Wüstefeld erwirkt. Der Hamburger Medizinunternehmer soll 275.000 Euro plus Zinsen zahlen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Ob es Bestand hat, wird sich möglicherweise in oder nach der Verhandlung im November zeigen.

Bei der Staatsanwaltschaft Hamburg liegen nach Abendblatt-Recherchen derzeit zwei Strafanzeigen gegen Wüstefeld, die sich um schwere Untreue- und Betrugsvorwürfe drehen. Die Staatsanwaltschaft hat bis Donnerstagmittag den Eingang einer Anzeige bestätigt. Ob sie daraufhin Ermittlungen aufnimmt, ist anders als von anderen Medien berichtet noch ungewiss. Einen ausführlichen Bericht lesen Sie hier.

Rücktritt von HSV-Chef Wüstefeld – Dressel hofft auf Klarheit

Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel hofft, dass der HSV nach dem Rücktritt von Finanzvorstand Thomas Wüstefeld die Voraussetzungen schafft, um das Volksparkstadion für die EM 2024 herzurichten. „Wir setzen sehr darauf, dass sich der HSV personell, wirtschaftlich und finanziell kurzfristig so sortiert, dass wir schnell finale Klarheit zur Finanzierung der Stadionsanierung bekommen – und zwar ohne weitere finanzielle Unterstützung der Stadt. Genauso wie es der HSV dem Senat beim Kauf des Stadiongrundstücks rechtsverbindlich zugesagt hat“, sagte der SPD-Politiker.

Wüstefeld hatte sich vor einer Woche vor dem Haushaltsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft vergeblich um eine Bürgschaft für einen Kredit der HanseMerkur-Versicherung bemüht. Mit dem Geld soll das Stadion saniert werden. Die Kosten hatte Wüstefeld dabei mit 33 Millionen Euro beziffert.

Wüstefeld-Rücktritt – was wird aus seinen HSV-Anteilen?

Nach dem Rücktritt von Thomas Wüstefeld als Finanzvorstand und Aufsichtsratsmitglied der HSV Fußball AG ist offen, was aus seinen Anteilen wird. Der 53 Jahre alte Medizinunternehmer hält 5,11 Prozent der AG-Anteile, die er erst im vergangenen Jahr übernommen hatte. Nach wochenlangen Vorwürfen gegen seine Person war Wüstefeld am Mittwochabend bei einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung zurückgetreten, obwohl er die massiven Vorwürfe stets zurückwies.

Wüstefeld (53) hatte die Anteile vor knapp einem Jahr von Großaktionär Klaus-Michael Kühne übernommen und war anschließend als Vorsitzender in den Aufsichtsrat eingezogen. Zuvor war der Einstieg eines Investorenduos beim HSV gescheitert. Wüstefeld selbst wollte seine Anteile später wieder loswerden und drohte mit einer Klage, weil er sich von der Kühne-Seite über den Zustand der Fußball AG getäuscht sah.

HSV-Fans reagieren erleichtert auf Wüstefeld-Rücktritt

Der Rücktritt von Thomas Wüstefeld ist bei den Fans auf ein positives Echo gestoßen. Der Aufsichtsrat und Finanzvorstand sei ein Blender und habe dem Verein geschadet, so ist in den sozialen Netzwerken vielfach zu lesen. Die Hoffnung ist groß, dass der Machtkampf im Verein damit beendet ist und Ruhe einkehrt.

Einige fordern, dass nun auch der Aufsichtsratsvorsitzende Marcell Jansen zurücktreten müsse. Kritisch wird auch die Rolle von Jonas Boldt gesehen. Ist nun der Weg für den 120-Millionen-Euro-Plan von Investor Klaus-Michael Kühne? Lesen Sie hier mehr zu den Reaktionen der Fans.

HSV-Chef Wüstefeld tritt zurück – Boldt gewinnt Machtkampf

Thomas Wüstefeld tritt von seinen Posten als Finanzvorstand und Interimsboss beim HSV zurück. Dies teilte der Tabellenführer am Mittwochabend mit. Wüstefeld, dessen Integrität zuletzt in Zweifel gezogen wurde, habe den Aufsichtsrat in einer außerordentlichen Sitzung über seine Entscheidung informiert.

Der Aufsichtsrat habe die Entscheidung akzeptiert und beschlossen, dass Sportvorstand Jonas Boldt „vorerst als alleiniger Vorstand die operativen Geschäfte des HSV leiten wird“, hieß es in der Mitteilung. Einen ausführlichen Bericht zu den Umständen des Wüstefeld-Rücktritts können Sie hier lesen.