Hamburg. Der Aufsichtsrat und Interimsvorstand hat seine Mandate im Club niedergelegt. Gewinner des Machtkampfs ist Jonas Boldt.
Paukenschlag am späten Mittwochabend: Thomas Wüstefeld ist als Finanz-Vorstand sowie als Aufsichtsrat des HSV zurückgetreten. Das teilte der Club um 22.51 Uhr mit. Zuvor hatte das Kontrollgremium der HSV Fußball AG kurzfristig eine Sitzung einberufen.
Auf der hybriden Veranstaltung bot der zuletzt immer stärker in die Kritik geratene Unternehmer seinen Rücktritt an. Der Vorschlag wurde von den Räten akzeptiert.
HSV-Vorstand Wüstefeld tritt zurück – Boldt übernimmt
Zudem beschloss das Gremium, Sportvorstand Jonas Boldt als alleinigen Verantwortlichen die operative Führung des HSV zu überlassen.„Ich bin mir der Verantwortung bewusst und werde in sehr enger Verzahnung mit meinen Kollegen auf der Geschäftsstelle sowie mit dem Aufsichtsrat und insbesondere mit dem Finanzausschuss die anstehenden Aufgaben angehen“, sagte Boldt.
Wüstefeld war intern und extern zuletzt immer stärker unter Druck geraten. Mehrere Millionenforderungen gegen seine Firmen sowie die Zweifel an seinen akademischen Titeln als Doktor und Professor, über die das Abendblatt in der vergangenen Woche berichtet hatte, zwangen nun auch den Aufsichtsrat zum Handeln.
HSV: Wüstefeld kam Aufsichtsrat zuvor
Mit seinem Rücktritt kam Wüstefeld einer Entscheidung zuvor. Schließlich war auch die Mehrheit im Gremium zuletzt gegen den 53-Jährigen gekippt. Aufsichtsratschef Marcell Jansen hatte bis zuletzt aber an Wüstefeld festgehalten und sah trotz der immer stärker zunehmenden Kritik keinen Grund zum Handeln.
Wüstefeld und Boldt hatten seit mehreren Monaten einen internen Machtkampf ausgetragen, aus dem Boldt nun als Gewinner hervorgeht.Den Verein hatte der Konflikt vor eine Zerreißprobe gestellt. Während Präsident Jansen an Wüstefeld festhielt, hatte sich Großaktionär Klaus-Michael Kühne öffentlich für eine schnelle Trennung ausgesprochen.
Mit Wüstefelds Rücktritt ist eine wichtige Bedingung erfüllt, die Kühne an einen Sonderinvestition in Höhe von 120 Millionen Euro geknüpft hatte. Der HSV benötigt dringend frisches Geld, um das Volksparkstadion für die EM 2024 zu modernisieren. Die Kosten hatte Wüstefeld vergangene Woche vor dem Haushaltsausschuss der Bürgerschaft mit 33 Millionen Euro beziffert.
- HSV blitzt mit Bürgschaftsplänen bei der Stadt ab
- Einigung gescheitert – so geht es im Fall Mutzel weiter
- Finanzsenator Dressel: „Der HSV muss jetzt liefern“
Offen ist, ob Wüstefeld Anteilseigner beim HSV bleibt. Vor einem Jahr hatte der Geschäftsmann von Kühne rund 5,1 Prozent von dessen HSV-Anteilen übernommen. Später wollte Wüstefeld den Aktien-Kauf juristisch anfechten, weil er sich über die finanzielle Situation der Fußball AG nicht ausreichend informiert sah.
Unklar ist nun auch, was aus der von Wüstefeld geplanten Umgestaltung des Areals am Volksparkstadion wird. Dort sollten nach seinem Willen ein Hochhaus und eine Plaza für bis zu 12.000 Personen entstehen.
Wüstefeld war nach seinem Einstieg beim HSV im November vergangenen Jahres in den Aufsichtsrat aufgenommen und zu dessen Vorsitzenden gewählt worden. Im Januar wurde er für vorerst ein Jahr zum Nachfolger des zurückgetretenen Finanzvorstands Frank Wettstein bestellt. Die Tätigkeit ließ er sich nach eigenen Angaben nicht vergüten.