Elmshorn/Itzehoe. More Nutrition darf bei Instagram und Co. nicht mit bestimmten Gesundheitsversprechen werben. Worum es geht – und was die Firma sagt.
Die Marke More Nutrition darf in sozialen Netzwerken nicht mehr mit bestimmten Gesundheitsversprechen werben. Das entschied das Landgericht Itzehoe. Das Unternehmen Quality First GmbH mit Sitz in Elmshorn, zu dem die Marke gehört, verstoße mit den Aussagen gegen die europäische Health-Claims-Verordnung. Geklagt hatte die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch. Zuvor war die Firma, die zur Quality Group gehört, durch Foodwatch abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert worden. Aus Sicht der Verbraucherschützer seien die Werbeaussagen irreführend.
Um welche Aussagen geht es? In mehreren auf Instagram veröffentlichten Videos, die mittlerweile gelöscht sind, aber dem Abendblatt vorliegen, wurden Werbeaussagen getätigt, die von Foodwatch beanstandet wurden. So sei in einem Video der Eindruck vermittelt worden, More-Produkte würden beim Abnehmen helfen, in einem anderen sei suggeriert worden, ein More-Produkt helfe beim Schwangerwerden. Konkret ging es um die Produkte „Cycle Balance“, „Zerup“, „Chunky Flavor“ und „Total Protein“. Im Mai wurde die Klage um zwei Videos erweitert, auch hier ging es um Aussagen zu Abnehmen und der Wirkung von Proteinen.
Nach Böhmermann-Kritik: Elmshorner Marke More Nutrition unterliegt vor Gericht
Das Gericht folgte im Wesentlichen der Argumentation der Verbraucherschützer. Die Quality First GmbH werbe mit den aus ihrer Sicht gesundheitlichen Vorteilen der Produkte, um Kaufanreize für potenzielle Kunden zu schaffen und so den Absatz zu fördern. Die Werbeaussagen stellten gesundheitsbezogenen Angaben dar, die Aussagen erweckten bei Verbrauchern den Eindruck, dass die Einnahme des Produktes zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes führen würden, heißt es in der Urteilsbegründung. „Die vom Kläger beanstandeten Werbeaussagen sind unlauter und somit unzulässig“, urteilten die Richter mit Verweis auf die Health-Claims-Verordnung der EU.
„Die Heilversprechen von More Nutrition führen Verbraucher nicht nur hinters Licht, sie verstoßen auch gegen geltende Gesetze“, kommentiert Laura Knauf von Foodwatch. „Vor allem jungen Frauen vorzugaukeln, dass ihre Produkte ohne weiteres Zutun beim Abnehmen oder Schwangerwerden helfen, ist verantwortungslos.“ Laut Foodwatch wirbt More Nutrition fast täglich mit Gesundheitsversprechen, die den Anforderungen der Health-Claims-Verordnung nicht entsprechen.
Gericht: More Nutrition verstößt mit Werbeversprechen gegen EU-Verordnung
Die Verordnung regelt, welche gesundheitsbezogenen Aussagen zu bestimmten Stoffen getätigt werden dürfen – und welche nicht. Sie soll Verbraucher vor falschen gesundheitsbezogenen Versprechen schützen. Lebensmittelhersteller, zu denen auch die Quality Group gehört, dürfen nur mit Aussagen werben, die zuvor ein Zulassungsverfahren der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) durchlaufen haben. Zulässige Aussagen werden in einer sogenannten Gemeinschaftsliste aufgeführt.
Bei der Quality Group ist man selbstverständlich anderer Meinung als bei Foodwatch. Die beanstandeten Videos würden keine zu untersagenden krankheitsbezogenen Aussagen enthalten und es werde nicht der Eindruck erweckt, dass sich der Gesundheitszustand dank des Verzehrs des Lebensmittels verbessere, teilte das Unternehmen noch im Februar mit.
More Nutrition: Mutterkonzern weist Vorwürfe für irreführende Werbung zurück
„Wir möchten klarstellen, dass wir keine falschen Versprechen machen“, heißt es von dem Unternehmen. „Wir haben niemals den Eindruck erweckt, dass Abnehmen ohne Kaloriendefizit möglich sei.“ Es werde kontinuierlich erklärt, dass Gewichtsverlust nur durch ein Kaloriendefizit erreicht werden könne. „Unsere Produkte können diesen Prozess unterstützen.“
Das nun gefällte Urteil kommentiert Quality First so: „Obwohl wir regelmäßig darauf hinweisen, dass Gewichtsabnahme nur durch ein Kaloriendefizit erreicht werden kann und unsere Produkte lediglich dabei unterstützen, dieses Defizit leichter zu erreichen und zu erhalten, folgte das Gericht in erster Instanz der Argumentation von Foodwatch. Auch wenn wir die Entscheidung respektieren, vertreten wir in diesem Fall eine andere Auffassung.“
More Nutrition: Zweites Urteil wegen irreführender Werbung in einem Jahr
Es ist das zweite Gerichtsurteil binnen sieben Monaten gegen Quality First. Ende Februar entschied das Landgericht Hamburg, dass eine Protein-Brownie-Backmischung nicht mehr mit bestimmten Angaben wie „95 Prozent weniger Zucker“ beworben werden darf, sofern nicht erkennbar ist, worauf sich der Vergleich bezieht. Geklagt hatte in diesem Fall die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
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Hinter der Quality Group liegen unruhige Monate. Nach einem Bericht im „ZDF Magazin Royal“ von Jan Böhmermann, geriet vor allem die Marke More Nutrition bundesweit in die Kritik. Im Dezember 2023 war die Marke erneut in den Schlagzeilen, weil der Zoll an den Standorten in Elmshorn und Nützen eine Kontrolle durchführte, bei der massive Verstöße gegen das Gesetz zur Bekämpfung von Schwarzarbeit festgestellt wurden. Die Quality Group wies die Schuld von sich, verantwortlich seien Subunternehmer, hieß es.
More Nutrition: Mutterkonzert setzte 2023 mehr als 680 Millionen Euro um
In diesem Jahr folgten dann eine Abmahnung von Foodwatch wegen irreführender Werbeversprechen, die im nun gefällten Gerichtsurteil endete sowie das Urteil des Landgerichts Hamburg. Im Sommer wurde bekannt, dass Geschäftsführer Stefan Smalla das Unternehmen verlässt, Heikki Takala wurde als neuer CEO vorgestellt. Philipp Markmann wurde im Juni General Manager für die Marke ESN. Erst kürzlich gab die Quality Group bekannt, dass die Marke More Nutrition mit der Ex-Lipton-Chefin Patrycja Nowakowska ebenfalls eine neue Global Managerin bekommt.
Das Unternehmen vertreibt unter der Marke More Nutrition vor allem zuckerfreie Nahrungsergänzungsmittel sowie unter der Marke ESN Proteinpulver und Lebensmittel für Bodybuilder und Sportler. Außerdem gehört die Marke Foodist zum Unternehmen. Nach eigenen Angaben hat der Konzern 2023 einen Jahresumsatz von mehr als 680 Millionen Euro erzielt und beschäftigt 1200 Mitarbeiter.