Kreis Pinneberg. Ein Bewerber-Quintett kämpft inzwischen um das mögliche Unionsmandat in Berlin. Kandidat der Jungen Union zieht überraschend zurück.

Etwa 1600 Mitglieder zählt die CDU im Kreis Pinneberg. Sie müssen am Sonnabend, 12. Oktober, entscheiden, wer im kommenden Jahr als Kandidat der Union bei der Bundestagswahl antreten darf. Die Reihe der Bewerber ist bunt, einer zog jetzt zurück, doch ein versierter Kommunalpolitiker schloss erneut das Quintett. Wer seinen Ring in den Hut wirft und wer seinen Hut wieder aus dem Ring gezogen hat.

Ein offenes Geheimnis ist, dass der wohl bekannteste Kandidat der Christdemokraten, der ehemalige Europaabgeordnete und frühere Umweltminister von Schleswig-Holstein, Christian von Boetticher, in großen Teilen der Partei bis hin zum Ministerpräsidenten Daniel Günther nicht wohlgelitten ist. Der 53-Jährige war erst in diesem Jahr als Kreisvorsitzender der Partei nicht mehr angetreten und hatte die Abstimmung für ein Mandat zur Europawahl verloren.

CDU mit Kampfkandidatur um Bundestagsmandat: Jüngster Kandidat zieht Bewerbung zurück

Vor allem aus der Jungen Union gibt es viele Vorbehalte gegen von Boetticher, der 2011 aufgrund eines Verhältnisses mit einer 16-Jährigen von der Spitzenkandidatur als Ministerpräsident und allen Ämtern zurückgetreten war. Die Jugendorganisation der CDU setzt darauf, den Kandidaten zu bestimmen, der die Interessen der Jugend am besten vertritt.

Fünfkampf um Pinnebergs CDU-Kandidat für Bundestagswahl
Auf der Homepage des CDU-Kreisverbandes stellen sich alle fünf Kandidaten mit Bild und Text vor. © CDU Kreisverband Pinneberg | CDU Kreisverband Pinneberg

Der Tornescher Ratsherr Justus Schmitt (26), den der Vorstand der JU bislang unterstützt hatte, ist das nicht mehr. Er hat sich aus dem Rennen um die Bundestagskandidatur mit einer nebulösen Erklärung verabschiedet. Der Jurist schreibt als Erklärung: „Nachdem sich das Kandidatenfeld innerhalb des CDU-Kreisverbands über die politische Sommerpause noch einmal verändert hat, halte ich den Schritt für richtig, persönliche Ambitionen jetzt hinter die meiner Partei zurückzustellen.“

Leon Lienau, Kreisvorsitzender Jungen Union, bedauert diesen Schritt. Er sagt: „Als erweiterter JU Kreisvorstand haben wir Justus Schmitt letzte Woche Samstag einstimmig als unseren Kandidaten nominiert. Nachdem Herr Schmitt von seiner Kandidatur abgesehen hat, haben wir uns als JU Kreisvorstand noch nicht erneut beraten, wen wir unterstützen. Es gibt mehrere geeignete Kandidaten, die noch im Rennen sind und wir sind gespannt, wie sich diese nun weiter präsentieren.“

Von Boetticher vor allem in der Jungen Union nicht wohlgelitten

Tatsächlich kommt ebenfalls aus Tornesch zumindest ein weiterer, ambitionierter junger Kandidat: der 30 Jahre alte Daniel Kölbl. Er ist hauptberuflich Abteilungsdirektor bei der IKB Deutsche Industriebank AG und dort verantwortlich für Kredite für den gehobenen Mittelstand. Neben dieser Herausforderung meistert er ehrenamtlich die Aufgaben als Bürgervorsteher seiner Heimatgemeinde und stellvertretender Landrat des Kreises Pinneberg.

Neu im Quintett ist wiederum ein lang gedienter, versierter Kommunalpolitiker. Mit 68 Jahren ist der Schenefelder Holger Lilischkis genauso alt wie Friedrich Merz, wie er gern erzählt. Er fühlt sich als „Kandidat des Ottonormalverbrauchers“, war Jahrzehnte in der freiwilligen Feuerwehr aktiv und bringt „gesunden Menschenverstand“ mit.

Typisch CDU? Eine Frau tritt gegen vier Männer an

Als einzige Frau tritt Dagmar Steiner (60) aus Hasloh an. Die Ärztin und ehrenamtliche Chefin der Frauen Union will sich für mehr Gemeinsinn und Zusammenhalt in der Gesellschaft starkmachen. Sie setzt auf eine qualifizierte Zuwanderung, fordert im Sinne der Frauen „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“ und will unser Land gleichzeitig digitalisieren und entbürokratisieren.

Der Fünfte im Bunde ist Michael Paul, 47 Jahre alt, aus Holm. Er ist Generalstabsoffizier bei der Bundeswehr und Betriebswirt und politisch als Kreistagsabgeordneten aktiv. Er setzt auf bürgernahe Politik und will sich für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr starkmachen. Aus seiner Sicht muss das Bürgergeld weg und illegale Migration unterbunden werden.

Erst Videodebatte für alle, dann zwei Regionalkonferenzen

Alle Kandidaten haben vom Kreisverband die Chance bekommen, sich mit Porträt und einem einseitigen Schreiben übers Internet auf der Seite des CDU-Kreisverbands bekanntzumachen. Sie haben vor Kurzem per Video allen Mitgliedern Rede und Antwort gestanden. Dazu kam das Quintett moderiert vom Kreisvorsitzenden Martin Balasus im Studio in der Landesgeschäftsstelle in Kiel zusammen.

Am 2. Oktober in den Räumen der Dittchenbühne in Elmshorn und am 8. Oktober im Schützenhaus in Halstenbek werden die Kandidaten direkt mit den Mitgliedern diskutieren. Darüber hinaus gehen alle Kandidaten persönlich auf Ortsverbände und Fraktionen zu und nutzen Veranstaltungen, um ins Gespräch zu kommen.

Martin Balasus: „Die CDU verfügt über viele kluge Köpfe“

„Das ist ein kleines Fest der Demokratie“, beschreibt Kreischef und Landtagsabgeordneter Martin Balasus das Verfahren. Die hohe Zahl an Bewerbern zeige, dass die CDU über „viele kluge Köpfe verfüge“, die bereit seien, „Verantwortung zu übernehmen“.

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Für die entscheidende Wahl des Kandidaten oder der Kandidatin wird es im Kreis Pinneberg dieses Mal sehr bayrisch zugehen: Die Mitglieder kommen am Mittag des 12. Oktobers in einer geschmückten Halle der Firma Meinert in Seestermühe zusammen. Dort hat die örtliche CDU für den Abend zum Oktoberfest eingeladen. Mal sehen, welcher Spitzenkandidat dann das Bierfass anstechen darf.