Norderstedt. Nominiert von der CDU, knapp gewählt von der Stadtvertretung in Norderstedt: Wo Kathrin Rösel derzeit arbeitet und was sie auszeichnet.
- 53 Jahre alte Christdemokratin saß schon im Deutschen Bundestag
- Kathrin Rösel setzte sich gegen zwei Konkurrentinnen durch
- Sie ist Nachfolgerin von Oberbürgermeisterin Katrin Schmieder
Es würde wieder eine Frau sein, die das Sozialdezernat der Stadt Norderstedt leitet, das stand sofort fest, als in der Stadtvertretung die Nominierungen für die mit Spannung erwartete Wahl genannt wurden. Denn sowohl die CDU als auch die SPD sowie die Wählergemeinschaft Wir in Norderstedt schlugen Kandidatinnen vor für das wichtige Amt. Rund eine halbe Stunde später stand nach geheimer Abstimmung fest: Kathrin Rösel, die Favoritin der CDU, ist die neue Sozialdezernentin und zugleich 2. Stadträtin der viertgrößten Stadt in Schleswig-Holstein.
Die 53-Jährige erhielt 28 von 56 Stimmen, ihre Konkurrentinnen Petra Lill 21 beziehungsweise sechs (Meike Winterscheid). Rösel kommt nicht aus Norderstedt, sondern aus Sachsen-Anhalt. Dort ist die gebürtige Stendalerin derzeit noch Leiterin des Sozialdezernats im Altmarkkreis Salzwedel (rund 83.000 Einwohner). Die gelernte Maschinenbauerin hat Erziehungswissenschaften, Soziologie und Psychologie studiert, ist Diplom-Pädagogin. Später studierte sie berufsbegleitend Sozialmanagement.
Norderstedt: Ehemalige Bundestagsabgeordnete ist neue Sozialdezernentin
Rösel ist selbst CDU-Mitglied. Für die Union saß sie von 2016 bis 2017 als Nachrückerin im Deutschen Bundestag, erhielt bei der darauffolgenden Bundestagswahl jedoch kein Direktmandat und wechselte in den Verwaltungsbereich zurück.
Sie ist in Norderstedt die Nachfolgerin von Katrin Schmieder. Die Oberbürgermeisterin war bis zu ihrem Wahlsieg im November 2023 Sozialdezernentin, übte dieses Amt seit ihrer Übernahme als Rathaus-Chefin kommissarisch mit aus. Insgesamt hatten sich 34 Personen für den Spitzenjob beworben, letztlich kamen sechs in die engere Auswahl, stellten sich dann der Stadtvertretung noch einmal vor.
Keine Allianz von CDU und SPD bei der Wahl
Anschließend berieten die Fraktionen intern und untereinander. Wie oftmals zu hören war, waren die finalen Bewerberinnen und Bewerber durchweg qualifiziert, es war die Rede von der „Qual der Wahl“. Auch die anderen beiden vorgeschlagenen Frauen kommen aus gehobenen Verwaltungspositionen. Lill, die SPD-Mitglied ist, führt ein Fachamt beim Bezirk Hamburg-Mitte, Winterscheid ist im Amt für Arbeit und Integration tätig, ebenso in der Hansestadt, ist aber tatsächlich eine Norderstedterin, hier bekannt durch ihr Engagement für das Willkommen-Team.
Politisch bedeutend ist die Wahl zweifelsohne. Zu der teils erwarteten Allianz aus CDU und SPD kam es aber nicht. Beide dürften ihre Kandidatin unterstützt haben. Nicolai Steinhau-Kühl, Fraktionschef der Sozialdemokraten, sagte: „Kleinigkeiten haben für uns den Ausschlag gegeben. Bei Frau Lill hatten wir den Eindruck, dass sie die Aufgaben, so wie wir uns das vorstellen, am besten abarbeiten kann.“
CDU, FDP, Grüne und auch AfD: Kathrin Rösel erhält Stimmen aus vielen Lagern
Gunnar Becker von der CDU sagte, dass Kathrin Rösel „alle Voraussetzungen mitbringe“. Man brauche jemanden, „der an Tag eins anfangen kann“. Salzwedel und Norderstedt, ist das vergleichbar? „Kreis bedeutet im Schulbereich, dass man nicht alle Schulformen betreut. Hier ist es anders, das ist genau der Reiz. Und sie bringt das Know-how mit, eine Verwaltung zu führen.“
Für die FDP sagte Tobias Mährlein, der Fraktionschef, dass Rösel „für einen Großteil der Fraktion die bessere Kandidatin sei, weil sie vorher in genau diesem Dezernat gearbeitet hat“. Die einzige Ausnahme sei der Sport, da müsse sie sich einarbeiten. Die Grünen stimmten nicht einheitlich ab. „Die Entscheidung fiel uns nicht leicht“, so Marc-Christopher Giese, „alle drei Vorschläge waren geeignete Kandidatinnen. Die Berufserfahrung hat für Frau Rösel gesprochen“.
Auch von der AfD erhielt diese Stimmen, so etwa vom Fraktionsvorsitzenden Sven Wendorf. „Wir waren in der Abstimmung offen. Unser favorisierter Kandidat hatte zwischenzeitlich zurückgezogen. Wir sind mit Kathrin Rösel ganz zufrieden.“ Einen anderen Weg ging die WiN. Und zwar aus einem ganz bestimmten Grund, wie Reimer Rathje erklärte. „Meike Winterscheid ist nicht politisch aktiv, sie war eine neutrale Kandidatin. Das war uns wichtig.“
Kathrin Rösel: Deswegen hat sie sich in Norderstedt beworben
Im Gespräch mit dem Abendblatt sagte Kathrin Rösel nach der Sitzung, dass sie aus dem Freundes- und Bekanntenkreis viel Zuspruch erhalten habe, sich in Norderstedt zu bewerben. „Ich sehe die tollen Chancen und Herausforderungen in Norderstedt und freue mich auch inhaltlich sehr auf das, was jetzt kommt.“ Sie beschreibt es als Bildung „aus einer Hand“, denn sie habe die Möglichkeit, Kindertagesstätten, Grundschulen und weiterführende Schulen zu gestalten. Das sei bei ihrem jetzigen Arbeitgeber anders. Persönliche Beziehungen zur Stadt hatte sie vor ihrer Kandidatur nicht, das hat sich erst im Bewerbungsverfahren ergeben. Sie ist, anders als Katrin Schmieder oder auch deren Vorgängerin Anette Reinders, also keine Einheimische.
Wann sie nun ihr neues Amt antritt? Das steht noch nicht genau fest. „Ich muss noch in Verhandlungen mit meinem jetzigen Chef treten, der weiß auch schon Bescheid. Ich denke, spätestens im Sommer werde ich hier sein. Es hängt auch davon ab, ob ich bis dahin eine Wohnung gefunden habe.“ Am Mittwoch war zu hören, dass es wohl der 1. Juli wird.
Parallel wird sie nun die letzten Wochen und Monate in Salzwedel und hinter den Kulissen bereits eine erste Einarbeitungsphase in Norderstedt erleben. Maßgeblich wird da Katrin Schmieder als Ansprechpartnerin sein. „Da wird es darum gehen, welches die wichtigsten Themen sind und wie ich mich schon vor dem Amtsantritt vorbereiten kann. Der Übergang muss fließend sein“, so Kathrin Rösel.
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Rathaus Norderstedt: Sozialdezernat umfasst rund 500 Mitarbeitende und viele Großprojekte
Das Sozialdezernat umfasst das Jugendamt, das Amt für Schule und Sport, das Amt für Kindertagesbetreuung, das Amt für Bildung und Kultur, das Sozialamt und die Stabsstellen für Integration und Asyl sowie für Chancengleichheit und Vielfalt. Die Leitung ist verantwortlich für rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, verwaltet auch das höchste Budget im Rathaus.
Zu den großen Projekten zählen der Neubau des Schulzentrums Süd („Campus Glashütte“), das neue Bildungshaus, der Bau von Flüchtlingsunterkünften oder auch weitere millionenschwere Investitionen in andere Schulen wie das Coppernicus-Gymnasium. Daher wird eine mehrjährige Führungserfahrung in einer Verwaltung oder in einem Wirtschaftsunternehmen vorausgesetzt. Katrin Schmieder hatte vor ihrem Wechsel ins Rathaus die Hamburger DAK-Landesvertretung geführt.
Von der neuen Dezernentin hat die Oberbürgermeisterin einen guten Eindruck gewonnen. In kleiner Runde habe man abends sogar noch in der Hopfenliebe zusammengesessen. „Die große Qualität, die sie mitbringt, ist vor allen Dingen die Erfahrung in den Themen des Dezernats: Sozialamt, Jugendamt, Schule, Kitas, Sport, die rechtlichen Grundlagen. Das Kennenlernen der Stadt ist da ein Add-on.“