Norderstedt. Sanierung des Schulzentrums Süd oder Neubau als „Campus Glashütte“: Stadt legte Zahlen vor, die beide Varianten in Euro beziffern.

Bei den Schülerinnen und Schülern des Schulzentrums Süd und deren Eltern hatte es für ordentlich Verunsicherung gesorgt, als die Kommunalpolitik in den letzten Wochen den Neubau des veralteten Schulgebäudes in Glashütte infrage stellte. Schließlich war der Beschluss für den Bau eines zeitgemäßen, schicken „Campus Glashütte“ 2018 längst gefallen und die Schulgemeinschaft aus Lise-Meitner-Gymnasium und Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark freute sich über den Aufbruch in eine neue Zukunft.

Doch die Politik, und hier speziell CDU und SPD, hatten angesichts von Sparzwang im Doppelhaushalt 2024/25 und einer teilweise absurden Baukostenentwicklung berechtigte Sorgen: Macht der Neubau wirtschaftlich Sinn? Oder ist die Sanierung des alten Gebäudes nicht vielleicht doch viel günstiger und ebenso effektiv?

Belastbare Zahlen wurden im Schulausschuss vorgelegt

Weil das Mega-Projekt nun schon seit 2014 geplant wird und sich in allen Fraktionen Zweifel ergaben, wo es steht und was da auf die Stadt und ihren Haushalt zukommt, wurde die Verwaltung aufgefordert, aktualisierte und belastbare Zahlen für beide Varianten vorzulegen, also Neubau und Sanierung.

Im Ausschuss für Schule und Sport wurde das Zahlenwerk nun vorgelegt. Schule und Sport passt als Beschreibung auch ganz gut: Denn es war eine sportliche Herausforderung für die Fachplaner im Rathaus, in nur 21 Tagen die geforderte Gegenüberstellung in dieser Detailtiefe hinzubekommen.

Doch die Beamten schafften es mit Bravour, wie es als Reaktion aus der Politik zu hören ist. Und soviel vorweg: Nach Lektüre der Zahlen gibt es wohl keine Mehrheit unter den Fraktionen, die für eine Sanierung des alten Schulzentrums stimmen würde. Dagegen haben jetzt deutlich mehr ehrenamtliche Politiker eine gute Faktenbasis, um mit gutem Gefühl die wegweisende und teure Entscheidung für einen Neubau des „Campus Glashütte“ zu treffen.

Neubau kostet rund 150 Millionen Euro

Die nackten Zahlen: Der Neubau des „Campus Glashütte“ wird die Stadt 144,9 Millionen Euro kosten, 5,4 Millionen Euro sind bereits für Planung und andere Leistung rund um den Neubau geflossen. Aufgeschlüsselt werden 93,2 Millionen Euro für den Bau des neuen Schulgebäudes aufgebracht, 27,8 Millionen Euro für die neue Sporthalle, 15,4 Millionen Euro für die Außenanlagen, den Campus, und 8,5 Millionen Euro für den Abbruch des alten Schulgebäudes.

Eine Sanierung des alten Bestandsgebäudes würde nach Schätzungen der Stadt 120,9 Millionen Euro kosten. 82,5 Millionen Euro flössen in die Kernsanierung der Schule, zehn Millionen Euro in die der Sporthalle. 7 Millionen Euro wären nötig, um die Außenanlagen auf Vordermann zu bringen und weitere 21,4 Millionen Euro Miete müssten für Container ausgegeben werden, in die alle Schülerinnen und Schüler für die 36 Monate der Sanierungsarbeiten ausweichen müssten für den Unterricht.

Sanierung käme 24 Millionen Euro günstiger

Dass eine Sanierung nur ein Drittel der Kosten eines Neubaus ausmachen könnte, wie es manche in der Politik gemutmaßt hatten, bestätigt sich also bei weitem nicht. Die Sanierung wäre laut der Zahlen von Stadtverwaltung und Entwicklungsgesellschaft Norderstedt (EGNO) unter dem Strich also nur 24 Millionen Euro günstiger.

Wenn die Politik nun einen Abbruch der Neubauplanung erwägen würde, müssten davon allerdings die bereits ausgegebenen Steuergelder in Höhe von 5,4 Millionen Euro für die Planung und zu erwartende Vertragsstrafzahlungen in Höhe von bis zu 4,8 Millionen Euro abgezogen werden. Bleiben also knapp 15 Millionen Euro Unterschied zwischen Neubau und Sanierung.

Politik: Keine Mehrheit für eine Sanierung?

„15 Millionen Euro sind für mich als Privatmann eine Menge Geld“, sagt Gunnar Becker, Fraktionschef der CDU. „Da ist es schon richtig zu überlegen, was man mit diesem Geld sonst noch alles machen könnte.“ Trotzdem sieht Becker nach der Präsentation der Zahlen keine Wahrscheinlichkeit mehr, dass sich noch eine Mehrheit gegen einen Neubau in der Kommunalpolitik bilden könnte. „Für diese Prognose, lehne ich mich nicht allzu weit aus dem Fenster“, sagt Becker.

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Letzte Zweifel an Verfahrensfragen müssten allerdings im Dialog mit der Verwaltung noch geklärt werden. „Es war gut, die Zahlen der Verwaltung abzufordern. Viele Stadtvertreter sind neu im Parlament. Als ehrenamtlicher Politiker will man Entscheidungen dieser Tragweite und mit diesem Volumen guten Gewissens treffen können.“

Ähnlich sieht das auch Denise Schloo, die für die SPD-Fraktion spricht: „Die Verwaltung hat einen guten Job gemacht“, sagt Schloo. Es sei für sie und ihre Fraktion klar, dass man zehn Millionen Euro an bereits ausgegebenem Steuergeld nicht einfach „verpuffen“ lassen könne. „Wir werden uns in der Fraktion zu dem Thema zwar noch besprechen und gemeinsam eine Entscheidung treffen. Aber ich denke, diese wird klar für den Neubau ausgehen.“

Grüne: Sparpotenzial bei der Sporthalle

Ingrid Betzner-Lunding, Fraktionschefin der Grünen, sieht auch den Umsetzungszeitraum als entscheidenden Faktor. „Den Neubau könnten wir laut Planern im Herbst 2028 haben, wenn im vierten Quartal in diesem Jahr die Bauarbeiten beginnen. Die Sanierung könnte erst Mitte 2031 fertiggestellt werden.“ Das Trauerspiel um das marode Schulgebäude müsse so schnell wie möglich beendet werden.

Sparpotenzial sieht Betzner-Lunding lediglich noch bei der Sporthalle. „Da macht der Unterschied zwischen Sanierung und Neubau immerhin 17,8 Millionen Euro aus. Darüber kann man sicher noch diskutieren.“ Aber das würde den Beschluss für einen Neubau nicht tangieren.

Das Ziel der Fraktionen ist es nun, in einer der kommenden Sitzungen des Hauptausschusses einen fraktionsübergreifenden Beschluss für den Neubau zu fassen. Das wäre ein der Tragweite des Projekts angemessener Schritt. Immerhin ist der Campus Glashütte das teuerste Projekt der Stadtgeschichte.