Ein erhöhter Dioxinwert ist auch in Schweinefleisch festgestellt worden, wie das Ministerium für Landwirtschaft in Hannover bestätigt.

Hannover. In Niedersachsen ist nun erstmals auch ein stark erhöhter Dioxinwert in Schweinefleisch nachgewiesen worden. Mehrere hundert Schweine eines Betriebes im Landkreis Verden müssten deshalb getötet werden, sagte Gert Hahne, Sprecher des Landwirtschaftsministeriums, am Dienstag in Hannover. In einem weiteren Schweinemastbetrieb sei nach Ergebnissen von Probeschlachtungen eine Belastung im Bereich des Grenzwertes ermittelt worden.

Der Landkreis Verden wollte am Nachmittag in einer Pressekonferenz Details zu der Schlachtung der Tiere und dem betroffenen Hof bekanntgeben. Der Betrieb gehörte den Angaben zufolge zu den Kunden, die mit Fettfutter des Unternehmens Harles und Jentzsch aus Schleswig-Holstein beliefert worden war. Das Endprodukt für die Mast habe der Schweinezüchter selbst gemischt. „Er besitzt ein eigenes Futtermittelwerk", sagte Kreislandwirt Joost Meyerholz am heutigen Dienstag. Die Firma Harles und Jentzsch steht im Verdacht, 3000 Tonnen mit Dioxin verseuchtem Futterfett verkauft zu haben, das zu Tierfutter verarbeitet wurde.

Unterdessen bestätigte Hahne, dass das Land Niedersachsen Schadensersatzansprüche gegen den Verursacher des Dioxin-Skandals prüfen werde. Schließlich seien dem Land durch die Beprobungen enorme Kosten entstanden. Wie hoch diese Forderungen sein könnten, sei aber noch unklar.

Inzwischen wurden in Niedersachsen weitere landwirtschaftliche Betriebe nach Untersuchungen wieder freigegeben. Derzeit seien noch 330 der ursprünglich rund 4.400 Betriebe gesperrt. Die dort produzierten Lebensmittel würden nun auf ihren Dioxingehalt überprüft. Sollten die Höchstwerte überschritten werden, müssten die Lebensmittel in dafür geeigneten Verbrennungsanlagen unschädlich gemacht werden, hieß es.

In der Region Hannover konnte nun erstmals eindeutig belegt werden, dass mit Dioxin belastete Eier an die Verbraucher verkauft wurden. Bis Sonntag seien Eier mit dem Erzeugercode 2-DE-0350384 in den Handel gelangt. Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit rät vom Verzehr dieser Eier ab. Erst am Montag wurde der Fachdienst der Region Hannover darüber informiert, dass Verbraucher die Eier bereits vergangenen Freitag erworben haben. Die Eier stammen aus einem gesperrten Betrieb im Landkreis Cloppenburg.

Agrar-Staatssekretär Friedrich-Otto Ripke wollte am Dienstagnachmittag im Ernährungsausschuss des Bundestages die niedersächsischen Vorschläge zur Verbesserung des Verbraucherschutzes vortragen. Unter anderem plädiert Niedersachsen für die Trennung der Futtermittelproduktion von technischen Fetten, die Einfärbung von technischen Fetten, verschärfte Zulassungskriterien für Futtermittelbetriebe sowie eine Intensivierung der rechtlichen Rahmenbedingungen der Eigenkontrolle.

Im Ausschuss wurde auch Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) erwartet. Außerdem wollten das Bundesinstitut für Risikobewertung und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit über die Auswirkungen des Dioxin-Skandals berichten.

Justizminister Busemann (CDU) spricht von Betrug

Der niedersächsische Justizminister Bernd Busemann (CDU) hat hohe Strafen für die Verantwortlichen des Dioxinskandals gefordert. „Wenn sich das alles so bewahrheitet, ist das erhebliche kriminelle Energie“, sagte der Minister in Hannover. „Nach derzeitigem Stand kann ich mir nicht mehr vorstellen, dass irgendwelche Dinge fahrlässig stattfanden.“ Die Hauptverantwortung sieht Busemann nach den bisherigen Ermittlungen bei dem Unternehmen Harles und Jentzsch in Uetersen (Kreis Pinneberg). „Hier wird über erhebliche Freiheitsstrafen nachzudenken sein“, sagte der Minister. Betrug im besonders schweren Fall zieht Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren nach sich.