Für die Staatsanwaltschaft erhärtet sich im Dioxin-Skandal der Verdacht gegen den Uetersener Futtermittelhersteller Harles und Jentzsch.

Uetersen/Berlin. Im Dioxin-Skandal sind im schlimmsten Fall bis zu 150.000 Tonnen Tierfutter mit dem krebserregenden Gift verseucht worden. Die Bundesregierung geht davon aus, dass bis zu 3000 Tonnen Fett mit der hochgiftigen Substanz dem Futter von Legehennen, Mastgeflügel und Schweinen beigemischt wurde. Weiter unklar ist, woher das Dioxin in dem Zusatzfett für Tierfutter stammte und welche Massen an Eiern, Geflügel- und Schweinefleisch belastet sind. Die technische Mischfettsäure war von dem Biodieselhersteller Petrotec über den niederländischen Händler Olivet an den Futtermittelhersteller Harles und Jentzsch im schleswig- holsteinischen Uetersen geliefert worden und dort wahrscheinlich durch ein Versehen ins Tierfutter gemischt worden.

Das niedersächsische Agrarministerium hält angesichts der Menge der beanstandeten Fette ein menschliches Versagen für unwahrscheinlich. "Die Darstellung, da hat einer den falschen Hahn aufgedreht, erscheint uns sehr unglaubwürdig“, sagte der Sprecher. Das Ministerium richtete Vorwürfe gegen den Futtermittelhersteller in Schleswig-Holstein gerichtet. Die Firma Harles und Jentzsch habe erklärt, dass mit Dioxin belastete technische Fettsäuren versehentlich in Futterfette gelangt seien, sagte Ministeriumssprecher Gert Hahne in Hannover. "Wir glauben dieser Darstellung nicht mehr.“ Die Firma habe die falsche Beimischung zugegeben und sei der Verursacher.

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Der Skandal um Dioxin in Tierfutter und Eiern hat größere Ausmaße als zunächst angenommen: In Schleswig-Holstein bezogen nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums außer 55 Agrarbetrieben auch sieben landwirtschaftliche Genossenschaften belastetes Futter. Es kam von einem Hamburger Händler, der Vorprodukte aus Uetersen bezogen hatte. Gegen die Leitung der dortigen Firma Harles & Jentzsch ermittelt die Staatsanwaltschaft Itzehoe. "Das Verfahren läuft mit allem Nachdruck“, sagte ein Sprecher. Derzeit wird das Betriebsgelände des Unternehmen durchsucht.

Im Dioxin-Skandal sind nach Erkenntnissen der Bundesregierung bis zu 3000 Tonnen verseuchtes Tierfutterfett hergestellt worden. Es seien vom 12. November bis 23. Dezember 2010 nach derzeitigem Kenntnisstand sieben verdächtige Lieferungen an 25 Futterhersteller in mindestens vier Bundesländer verkauft worden, wie aus einem Bericht des Landwirschaftsministeriums an den Agrarausschuss des Bundestages hervorgeht. Eine Lieferung der mit Dioxin belasteten Futtermittel an andere EU-Staaten sei nicht erfolgt. Allerdings sind mittlerweile auch die Niederlande vom Dioxin-Skandal betroffen: Aus Sachsen-Anhalt seien 136.000 belastete Eier an eine niederländische Firma geliefert worden, sagte der Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums, Holger Eichele. Die Firma sei informiert worden. Darüber hinaus sei die EU-Kommission unterrichtet worden, dass kein kontaminiertes Futterfett aus Deutschland ausgeführt worden sei.

Mehr als 1000 landwirtschaftliche Betriebe wurden in Deutschland wegen des Skandals gesperrt. Das verseuchte Tierfutterfett wurde dem Bericht zufolge mit einer Einmischrate von zwei bis zehn Prozent in das Futter für Legehennen, Mastgeflügel und Schweine eingemischt, damit könnten zwischen 30.000 und 150.000 Tonnen betroffen sein.

Die technische Mischfettsäure war von dem Biodieselhersteller Petrotec über den niederländischen Händler Olivet an den Futtermittelhersteller Harles und Jentzsch im schleswig-holsteinischen Uetersen geliefert worden. Der Futterhersteller stellt neben Futterfetten auch Fette zum Beispiel für die Papierverarbeitung her. Dem Bericht zufolge seien nach Angaben des Futtermittelherstellers die Mischfettsäuren für technische Zwecke vorgesehen gewesen, "aber durch menschliches Versagen in Futterfette eingemischt worden“. Gegen dem Hersteller aus Uetersen ermittelt die Staatsanwaltschaft Itzehoe.

Mittlerweile wurde Petrotec im ostfriesischen Emden überprüft. Dabei hätten Experten anhand der Unterlagen kontrolliert, wohin chemische Mischfette des Betriebes geliefert wurden, sagte eine Sprecherin des Gewerbeaufsichtsamtes Emden. Der Betrieb dürfe technische Mischfettsäure an die Ölindustrie liefern, nicht jedoch für die Lebensmittel- oder Futterproduktion. Anhaltspunkte auf Dioxinquellen seien nicht gefunden worden. Die chemische Überprüfung der hauseigenen Fette auf Dioxin stehe allerdings noch aus, Ergebnisse würden frühestens in einer Woche erwartet. Der Betrieb dürfe technische Mischfettsäure an die Ölindustrie liefern, nicht jedoch für die Lebensmittel- oder Futterproduktion. Die Überprüfung der hauseigenen Fette auf Dioxinspuren sei eingeleitet, Ergebnisse würden jedoch frühestens in einer Woche erwartet.

Auch nach Mecklenburg-Vorpommern wurde nach Angaben von Umweltminister Till Backhaus (SPD) dioxinbelastetes Futtermittel geliefert. Sechs Schweinemastbetriebe seien betroffen und vorsorglich gesperrt worden, sagte Backhaus dem Sender NDR Info am Mittwoch. Eine erste Analyse habe ergeben, dass die Grenzwerte für Dioxin aber nicht überschritten worden seien. Der Minister forderte harte Strafen für die verantwortlichen Futtermittel-Zulieferbetriebe. Es müsse außerdem geklärt werden, inwieweit technische Fette in getrennten Anlagen hergestellt werden müssten.