Der Dioxin-Skandal weitet sich aus. Auch in Hamburg wurde verunreinigtes Schweinefutter entdeckt. Eine Firma in Uetersen wurde durchsucht.
Hamburg. Nach dem Fund des krebserregenden Giftes Dioxin in Futtermitteln und Geflügelprodukten raten Verbraucherschützer vom Verzehr von Eiern ab. "Die Kunden sollten zumindest so lange auf Eier verzichten, bis geklärt ist, welche Betriebe und Chargen von dem Skandal genau betroffen sind", sagte die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg, Silke Schwartau, dem Abendblatt.
Sie forderte die Behörden auf, schnellstmöglich die Stempelnummern bekannt zu geben, anhand derer die Verbraucher dioxinbelastete Eier identifizieren können. Bisher seien nur die Nummern einiger Erzeuger aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bekannt. Bundesweit sind mehr als 1000 Bauernhöfe vorsorglich gesperrt.
Die größten Dioxin-Skandale der letzten zehn Jahre
Unterdessen mehren sich die Hinweise, dass neben Eiern und Geflügel auch Schweinefleisch durch Dioxin verunreinigt worden sein könnte. So hat die Hamburger Gesundheits- und Verbraucherschutzbehörde bei einem Futtermittelhersteller in der Stadt dioxinhaltiges Schweinefutter sichergestellt. "Die Chargen waren für Schweine bestimmt", sagte Behördensprecher Rico Schmidt dem Abendblatt. Schweinemastbetriebe, die bereits Lieferungen aus Hamburg erhalten hatten, sollten nun ausfindig gemacht werden. Der Anteil des verseuchten Fetts war nach Angaben der Behörde mit vier Prozent am Futtermittel aber nur gering. Die Grenzwerte für Dioxin seien vermutlich weit unterschritten worden.
Nach Angaben des Kieler Landwirtschaftsministeriums haben allein in Schleswig-Holstein 55 Bauernhöfe und sieben Genossenschaften das Futter aus Hamburg erhalten. Die verunreinigten Zutaten für das Schweinefutter sollen von dem Uetersener Futtermittelbetrieb Harles und Jentzsch stammen, der zunehmend ins Zentrum des Skandals rückt. Die Staatsanwaltschaft Itzehoe leitete ein Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der Firma ein. Es bestehe der Anfangsverdacht eines Verstoßes gegen das Futtermittelrecht, sagte Oberstaatsanwalt Ralph Döpper. Die Polizei durchsuchte die Firma.
Nach Angaben des Kieler Umweltministeriums soll Harles und Jentzsch über einen holländischen Händler 25 Tonnen Mischfettsäure aus einer Biodieselanlage der Petrotec AG in Emden bezogen haben. Petrotec versichert, dass die Sendung als Industriefett deklariert war. Gleichwohl wurde die Fettsäure in einer Mischanlage der Uetersener Firma in Bösel (Landkreis Cloppenburg) Mitte November mit anderen Komponenten offenbar zu 527 Tonnen Mischfett verarbeitet. Das Fett wurde an neun Futtermittel-Hersteller in Niedersachsen, Hamburg und Sachsen-Anhalt verkauft. Nach Informationen des "Westfalen-Blatts" wurden sogar 2700 Tonnen mit Dioxinen belastetes pflanzliches Fett an 25 Hersteller geliefert.
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) will nun die Zulassungsbedingungen für Futtermittel-Zulieferer überprüfen. "Es stellt sich die Frage, ob es nicht ein zu hohes Risiko darstellt, wenn Betriebe, die Bestandteile für Futtermittel liefern, gleichzeitig technische Produkte vertreiben, die unter keinen Umständen in Lebensmittel oder Futtermittel gelangen dürfen", sagte sie der "Berliner Zeitung". Es dürfe nicht sein, "dass auf einem Betriebsgelände womöglich ein Knopfdruck genügt, um durch das Öffnen eines falschen Ventils hochriskante Stoffe, die legal lagern, illegal in Futtermittel einzumischen".