Weil er Vergeltungsmaßnahmen seiner Geschäftspartner fürchtete, erstach Thomas L. Frau und Kind, zündete das Haus an und floh.
Flensburg. Der Prozess um den Doppelmord von Harrislee gegen den Geschäftsmann Andreas L. (38) verzögert sich. Grund: Der vom Landgericht Flensburg bestellte psychiatrische Gutachter wird durch einen anderen Sachverständigen ersetzt. Die Richter gaben am Dienstag dem Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen den bisherigen psychiatrischen Sachverständigen statt. Ob das Gericht den erfahrenen Gutachter für befangen halte und ob dieser es tatsächlich sei, sei unmaßgeblich, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Köhler.
Die subjektiven Gründe des Angeklagten, den Gutachter für voreingenommen zu halten, seien entscheidend und nachvollziehbar. Angeklagt ist ein Familienvater, der im Februar in dem kleinen Ort bei Flensburg seine Frau und Tochter mit zusammen mehr als 150 Messerstichen getötet und anschließend das Haus angezündet haben soll.
Die Verteidiger hatten am vorigen Sitzungstag den Antrag gestellt, da das Urteil des Experten ihren Angaben nach auf Aussagen des Beschuldigten basiert, die dieser nach einer Operation in einem Berliner Krankenhaus Polizeibeamten gegenüber gemacht hatte. Zu dem Zeitpunkt war der Angeklagte vom behandelnden Arzt als geschäftsunfähig eingestuft worden, da er noch unter dem Einfluss von Narkosemitteln stand. Als weiteren Ablehnungsgrund nannte die Verteidigung Äußerungen des Sachverständigen gegenüber der Presse, die sie als Vorfestlegungen ansah.
Der 38 Jahre alte Angeklagte war nach der Tat geflohen, hatte sie aber in einer E-Mail gestanden. Darin erklärte er, dass er und seine Familie von Geschäftspartnern bedroht worden seien und er seiner Familie Repressalien ersparen wollte. Außerdem kündigte er seinen Selbstmord an. Als die Polizei ihn wenige Tage nach der schrecklichen Tat in Berlin aufspürte, hatte er Schnitt- und Stichwunden an Hals und Oberkörper, mit denen er ins Krankenhaus gebracht wurde.
Bei der Festnahme kam der Zufall zu Hilfe: Ein Rettungswagen wurde wegen einer „verletzten Person“ zu dem Hotel gerufen. Routinemäßig fuhren Polizeibeamte mit, die dann feststellten, dass nach dem Mann gefahndet wurde. Thomas L. galt als Lebemann, feierte gern auf den Partys des Hamburger Veranstalters Michael Ammer. Mit seiner Ehefrau soll er zuletzt eine offene Ehe geführt haben. Der Prozess wird am 1. Dezember fortgesetzt. Die bisher angesetzten Novembertermine entfallen, da sich der neuen Gutachter erst in den Fall einarbeiten muss.