Der Anführer der Rockergruppe sitzt in Untersuchungshaft. Er streitet den Vorwurf, den angeklagten Familienvater bedroht zu haben, ab.

Flensburg. Welche Rolle haben die „Hells Angels“ beim Familiendrama in Harrislee gespielt? Gar keine – zumindest nach Darstellung des Flensburger Anführers der Rockergruppe, der am Dienstag im Prozess um den Doppelmord als Zeuge ausgesagt hat. „Wir haben weder den Angeklagten noch seine Familie bedroht. Ich streite das entschieden ab“, sagte der derzeit inhaftierte Mann am 19. Verhandlungstag vor dem Landgericht Flensburg.

Mit dem Angeklagten habe ihn ein freundschaftliches Verhältnis verbunden, sagte der Zeuge aus. Eine direkte geschäftliche Beziehung habe es nicht gegeben. Der 37-Jährige wartet auf seinen Prozess wegen versuchten Totschlags, weil er mit seinem Auto ein Mitglied der verfeindeten Motorradgruppe „Bandidos“ von der Straße gedrängt haben soll.

Angeklagter soll mit „Hells Angels“ gedroht haben

Der angeklagte Familienvater (38) soll im Februar 2009 seine zwei Jahre jüngere Ehefrau und die siebenjährige Tochter mit mehr als 150 Messerstichen getötet und anschließend das Haus der Familie in Brand gesetzt haben, um das Verbrechen zu vertuschen. Auf der Flucht hatte er die Taten in einer E-Mail gestanden und als Motiv genannt, er sei von Geschäftspartnern und auch von den „Hells Angels“ bedroht worden. Dem widersprach der „Präsident“ der Flensburger Rockergruppe, wie der Zeuge sich selbst bezeichnete. Vielmehr habe er erfahren, dass der Familienvater Geschäftspartner hinter seinem Rücken mit den „Hells Angels“ bedroht habe.

Verteidigung glaubt an Seitenwechsel

Nach Ansicht der Verteidigung haben die „Hells Angels“ und ein Freund des Anführers kurz vor dem Doppelmord die Seiten gewechselt: Zunächst sollten sie für den Angeklagten erreichen, dass der Geschäftspartner die Kündigung eines Darlehens zurücknimmt. Später sollten sie für den Geschäftspartner das Geld vom Angeklagten zurück beschaffen. Deshalb wurde dem Familienvater laut Verteidigung gedroht. Am Tattag soll der Geschäftspartner dem Angeklagten eröffnet haben, dieser müsse innerhalb von 48 Stunden 380 000 Euro zurückzahlen. Danach war der Familienvater nach Hause gefahren. Dort soll er das Verbrechen nach einem Streit mit seiner Frau begangen haben.

Mit Messer auf Geschäftspartner losgegangen

Ein früherer Geschäftspartner betonte am Dienstag, der Angeklagte hätte mit den „Hells Angels“ gedroht, um sein investiertes Geld aus einem gemeinsamen kriselnden Unternehmen herauszubekommen. „Wir sind mit Drohungen gezwungen worden, das zu unterschreiben.“ Ein weiterer Zeuge erzählte von einem Vorfall auf einer Reise in die USA. Dort soll der Angeklagte mit einem Küchenmesser hinter dem Zeugen hergerannt sein und die Waffe in eine Tür gerammt haben, hinter der sich der Zeuge versteckt hatte. „Ich hatte aber keine Angst und habe das damals als Spaß empfunden“, betonte der Zeuge.

Der Prozess wird am Donnerstag, dem 20. Verhandlungstag, mit der Vernehmung von zwei Polizeibeamten fortgesetzt. Ein Urteil wird nicht vor Mai erwartet.