Schwarzenbek. Verwaltungschef Norbert Lütjens spricht über Themen der Stadt – wie Kinderbetreuung, E-Autos Neubauten und bezahlbaren Wohnraum.
Seit dem 1. Dezember 2020 ist Norbert Lütjens (52) Bürgermeister in Schwarzenbek. Corona-Pandemie, Finanznot, fehlende Kitaplätze und eine große Zahl von dringend erforderlichen Investitionen in den Neubau von zwei Grundschulen, einer Feuerwache, zwei Kitas und dem Umbau der ehemaligen Realschule prägen bislang seine erste Amtszeit. Im Sommerinterview stellt sich der Verwaltungschef unseren Fragen.
Herr Lütjens, die Stadt hat ein E-Mobil BMW I3 als Dienstwagen. Offenbar wird das Auto kaum genutzt, die Politiker lehnen aber einen Ersatz durch ein Hybridfahrzeug ab. Was ist das Problem?
Norbert Lütjens: Es gab bei einigen Mitarbeitern Vorbehalte hinsichtlich der Reichweite. Der Wagen steht nicht nur vor dem Haus, sondern wird selbstverständlich für Dienstfahrten im Kreisgebiet oder in der Stadt genutzt. Bei längeren Fahrten nach Kiel oder Berlin gibt es aber Bedenken, ob die Batteriekapazität ausreicht. Deshalb haben wir den Ersatz des Fahrzeugs, für das der Leasingvertrag demnächst ausläuft, durch einen Plugin-Hybriden angeregt.
Die Idee war es, weiterhin meist elektrisch zu fahren. Nur wenn die Reichweite zur Neige geht, springt der Verbrennungsmotor an. Das hätte die Akzeptanz im Haus erhöht, war aber aus nachvollziehbaren Gründen von der Politik nicht gewollt. Wir werden uns jetzt nach einem Ersatzfahrzeug mit größerer Akku-Kapazität umsehen. Eine Wallbox – eine E-Ladestelle -- haben wir am Rathaus ja bereits eingerichtet.
Wie sind die Mitarbeiter denn dann bei Dienstfahrten mobil?
Aktuell nutzen unsere Mitarbeiter bei längeren Strecken ihre eigenen Autos und rechnen die Fahrtkosten ab oder aber sie fahren mit der Bahn – zu Letzterem raten wir in solchen Fällen aus ökologischen Gründen.
Trotz Kindergartenbedarfsplanung gibt es aktuell für 140 Kinder keinen Platz. Was tut die Stadt?
Gemeinsam mit der Politik sind wir in der Pflicht und wollen so schnell wie möglich diesen Zustand verbessern. Wir gewichten bei der Vergabe sehr genau, in welchen Familien die Not aus materiellen oder aus sozialen Gründen am größten ist. Aber trotzdem werden wir kurzfristig nicht für jedes dieser Kinder einen Platz schaffen können. Es wird möglicherweise zukünftig ein oder zwei weitere Waldgruppen geben, aber das kann das Problem nur abmildern.
Wie sieht die Lösung aus?
Wir arbeiten mit Hochdruck daran, zwei weitere Standorte für Kitas zu entwickeln. Aber selbst das wird im Idealfall mindestens drei Jahre dauern, bis sich dort die Türen öffnen. Im kreisweiten Vergleich sind wir aus meiner Perspektive bei den Kitaplätzen gut aufgestellt und haben in der Vergangenheit als Stadt viel in den Bau von Kitas investiert. Das lindert aber die Not der Eltern und Kinder nicht und reicht gewiss nicht aus.
Wird sich das Problem nicht durch die Ausweisung weiterer Baugebiete und auch einen Generationswechsel in den „alten“ Baugebieten noch weiter verschärfen?
Der Zuzug junger Familien wird sicher noch eine weitere Dynamik hereinbringen, aber ich glaube, die aktuell fehlenden 140 Plätze sind ein Peak, den wir aus jetziger Perspektive nicht mehr wesentlich überschreiten werden. Auf diesem Niveau wird sich der Bedarf einpendeln. Wenn wir zwei weitere Kitas bekommen, wird sich die Situation mittel- und langfristig entspannen.
Allerdings wird eine der beiden neuen Kitas als Ersatzbau für bereits vorhandene Einrichtungen in der alte Realschule und der Grundschule GGS (Compeschule) dienen.
Im Baugebiet Dreiangel gibt es eine Fläche, die als Kita vorgesehen war, sich aber als zu klein erwies. Was passiert dort?
Aktuell könnte dort eine Kita mit maximal 60 Plätzen ohne ausreichende eigene Spielfläche entstehen. Das rechnet sich wirtschaftlich nicht und ist problematisch, weil die Kinder an einer anderen Stelle spielen müssten. Das würde einen hohen organisatorischen Aufwand bei der Betreuung bedeuten, der einen dauerhaften wirtschaftlichen Betrieb noch weiter erschweren würde. Darüber hinaus haben wir keine eigene Fläche vor Ort, die als Spielfläche zur Verfügung stehen würde.
Wir verfolgen das Projekt dementsprechend aktuell nicht weiter, behalten aber die Fläche als Reserve.
Aktuell entsteht ein weiteres Teilstück der Ortsumgehung, außerdem soll es in absehbarer Zeit einen Kreisel an der Feuerwache geben, der die Kerntangente besser an die Lauenburger Straße anbindet. Ist das ein erster Schritt für die Innenstadtbelebung?
Wir können die Kerntangente in der Tat als Bypass für die Innenstadt nutzen, wenn der Kreisel an der Feuerwehr fertig ist. Das ist ohnehin dringend erforderlich, um die Innenstadt und angrenzende Stadtteile zu entlasten. Darüber hinaus eröffnet uns dies die Möglichkeit zur Umwidmung der Lauenburger Straße mit möglicher Verkehrsberuhigung. Das werden wir mit Politik und Anliegern diskutieren.
Wie soll es denn dann weitergehen mit der lange geforderten Belebung der Innenstadt?
Sowohl Politik, Wirtschaft als auch Verwaltung haben grundsätzlich erkannt, dass wir gut beraten sind, wenn wir die Entwicklung unserer Innenstadt vorantreiben. Allerdings sind sowohl unsere finanziellen als auch planerischen Ressourcen begrenzt. Die Finanzierbarkeit spielt also eine große Rolle.
Welche Chancen gibt es denn, Geld für eine Innenstadtbelebung zu bekommen?
Wir uns in den vergangenen anderthalb Jahren intensiv auf den Weg gemacht, um Fördermittel aus verschiedenen Töpfen bekommen zu können. Meilensteine auf dem Weg dahin sind erhebliche Vorarbeiten, wie zum Beispiel das Erstellen eines sogenannten Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes. Dabei gibt es keine Garantie, dass wir am Ende des Prozesses auch einen Zuschlag für Gelder bekommen. Ohne diesen Versuch wird es aber sehr schwer, größere Maßnahmen umzusetzen. Auf einer weiteren Ebene ist es sehr wichtig Bürgerinnen und Bürger, Anlieger, Multiplikatoren, Politik und Verwaltung gemeinsam an dem Prozess zu beteiligen. Nur so werden zukünftige Beschlüsse auch von breiter Mehrheit getragen.
Geht es nur um die Lauenburger Straße?
Nein. Bei diesen Überlegungen werden wir nicht nur die Lauenburger Straße betrachten, sondern ganzheitlich die Innenstadt- und diverse weitere Bereiche.
Gleich nebenan befindet sich die alte Realschule. Wie geht es dort weiter?
Zusammen mit dem Beratungsunternehmen des Bundes, Partnerschaft für Deutschland, treiben wir das Projekt intensiv voran. Ziel ist es, mit der alten Realschule zukünftig einen Ankerpunkt für die Innenstadt und ein bürgernahes Zentrum zu entwickeln, in dem sich unsere Bürgerinnen und Bürger auf einfachstem Weg all die Dienstleistungen abholen können, die eine Verwaltung bietet. Dazu gehören auch die Leistungen der Bücherei oder einfach eine hohe Aufenthaltsqualität in der Freizeit. Darüber hinaus werden wir dort benötigte Büroflächen für unsere Angestellten umsetzen sowie Räumlichkeiten für die VHS und für unser Archiv zur Verfügung stellen.
Es gibt drängende Projekte wie den Neubau zweier Grundschulen, der Feuerwehr und eben auch der beiden fehlenden Kitas. Steht die Realschule dann hintenan?
Nein. Das sehe ich auf gar keinen Fall so. Das muss parallel laufen, weil wir die enorme Raumnot im Rathaus haben, die wir momentan durch angemietete Räume an der Allensteiner Straße abfedern. Das darf keine Dauerlösung sein. So wie bereits geschildert, ist die alte Realschule ein zentrales Projekt für die Entwicklung der Stadt insgesamt. Zusammen mit der Politik und meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verwende ich viel Zeit und Energie dafür, dass der Umbau der Realschule zum Ende meiner Amtszeit (Dezember 2026, Anm. d. Redaktion) zumindest begonnen hat.
In den vergangenen Monaten gab es Probleme mit der Bücherei, weil die Politiker die Wiederbesetzung von zwei freien Stellen nicht genehmigten. Deshalb mussten auch die Öffnungszeiten eingeschränkt werden.
Unabhängig von politischen Entscheidungen hatten wir Probleme bei der Nachbesetzung von Stellen. Zeitgleich gab es einen Personalausfall, sodass wir Öffnungszeiten einschränken mussten. In den vergangenen Jahren gab es seitens der Politik Zustimmung für Investitionen in den Büchereistandort. Hier seien Renovierung, multimediale Ausstattung sowie digitale Buchausleihe- und Rückgabe genannt. Vor dem Hintergrund knapper Kassen und teurer zukünftiger Projekte argumentiert unsere Politik nun, dass diese Investitionen sich bezahlt machen müssen und wir Personal einsparen können. Dementsprechend wurde eine Vollzeitstelle mit einem sogenannten Sperrvermerk versehen, eine ehemalige Teilzeitstelle dafür im Stundenanteil aufgestockt. Eine wichtige Rolle bei dieser Entscheidung spielen unterschiedliche Standpunkte zwischen Politik und Verwaltung um die Ausrichtung der Bibliothek. Mit diesem Beschluss lässt sich nur der von der Politik gewollte Regelbetrieb mit klassischer Ausleihe realisieren, die Projektorientierung und Intensivierung eines Ortes der Begegnung, wie von der Verwaltung favorisiert, ist damit jedoch kaum möglich. Hier ergibt sich das klassische Dilemma zwischen Sparen und Innovation.
Es ist ein Umzug der Bücherei in die Realschule geplant. Ändert das die Situation?
Ja. Die Politik hat gegenüber der Verwaltung signalisiert, dass spätestens mit Umzug der Bücherei in die alte Realschule, über die personelle Situation und Ausrichtung der Bibliothek gesprochen wird. Dies ist insgesamt als Bekenntnis zur Bücherei und Willen zur Weiterentwicklung zu werten. Unabhängig von dieser gesamten Diskussion, macht unser Büchereiteam einen wirklich guten Job.
Ein großes Problem sind die steigenden Energiekosten. Einige Kommunen denken sogar bereits über Wärmehallen für Senioren im Winter nach. Wie sieht es in Schwarzenbek mit solchen Überlegungen aus?
Wir machen uns Gedanken, wie wir mit der Situation umgehen. Ob es eine Wärmehalle geben wird, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Aber wir werden die Heiztemperaturen im Rathaus, in den Schulen und Sporthallen im Winter absenken. Eine Klimaanlage haben wir ohnehin nicht. Wir sensibilisieren unsere Mitarbeiter bereits jetzt, Strom zu sparen. Außerdem denken wir über Konzepte nach, bei denen Teile der Belegschaft an einem festen Tag ins Homeoffice gehen, damit dann bestimmte Teile unserer Gebäude nur eingeschränkt geheizt werden müssen.
Die Stadt hat ehrgeizige Ziele, was den Klimaschutz angeht. Bis 2030 soll der CO2-Ausstoß erheblich gesenkt werden, bis 2050 soll die Stadt fast klimaneutral sein. Was ist aus diesen Zielen geworden?
Wir sind auf einem guten Weg. Wir haben eine Klimaschutzbeauftragte, wir bauen den ÖPNV mit der neuen Stadtbuslinie aus. Die Busse sind zudem elektrisch unterwegs. Bei allen Neubauten achten wir darauf, dass die Dämmung optimal ist und regenerative Energien genutzt werden. Das kostet allerdings auch Geld und ist dann von Fall zu Fall eine politische Entscheidung, wie viel uns der Umweltschutz wert ist. Ich bin auch zuversichtlich, dass wir zukünftig auch Solarzellen auf dem Rathausdach haben werden. Ich bin mir aber auch sicher, dass wir diesen Prozess des ökologischen Wandels zukünftig noch sehr viel mehr intensivieren werden.
Was in Schwarzenbek fehlt, ist bezahlbarer Wohnraum. Wie sieht es damit aus?
Wir haben verschiedene Anfragen von Investoren für unterschiedliche Gebiete. Unter meiner Vorgängerin ist das zukunftsweisende Baugebiet Dreiangel begonnen worden. Zusammen mit der Firma Semmelhaack ist es inzwischen gelungen, eine Mischung aus seniorengerechten Wohnungen und bezahlbarem Wohnraum zu realisieren. Es gibt auch gute Ideen für weiteren Wohnungsbau. Wir werden uns diese auch in Zuge des ISEK-Prozesses genauer anschauen. Perspektivisch wird es auf einen guten Mix von sozialem, bezahlbaren Wohnungsbau und Wohnungen im gehobenen Segment hinauslaufen.
Wie sieht es denn mit einer zweiten Amtszeit aus? Ihre erste läuft 2026 ab.
Trotz vieler Themen, ständigem Zeitmangel und hoher Belastung, habe ich große Freude an dem was ich hier tun darf. In diesem Sinne fühle ich mich beschenkt, zusammen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie der Politik Dinge gestalten zu dürfen. Die Umsetzung großer Projekte die nun angeschoben sind, wird Jahre der Planung und Entwicklung bedürfen, auch über das Ende meiner ersten Amtszeit 2026 hinaus. Natürlich möchte ich deren Umsetzung gerne als ein amtierender Bürgermeister erleben. Trotzdem werde ich eine erneute Kandidatur erst im Familienrat mit meiner Frau und meinen Kindern besprechen. Das letzte Wort haben dann aber natürlich die Bürgerinnen und Bürger, die mich auch wählen müssten.