Schwarzenbek. Corona bestimmte das erste Amtsjahr von Bürgermeister Norbert Lütjens und Bürgervorsteher Rüdiger Jekubik. Sie hoffen auf 2022.

2021 neigt sich dem Ende entgegen. Für Schwarzenbek war es ein schwieriges Jahr. Viele Veranstaltungen mussten wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden, die Haushaltslage ist angespannt. Trotzdem blicken Bürgervorsteher Rüdiger Jekubik (60, SPD) und Bürgermeister Norbert Lütjens (50, parteilos) positiv auf 2021 zurück und optimistisch in die Zukunft. Die beiden stellten sich im „Doppelpack“ beim Jahresinterview den Fragen unserer Zeitung.

Herr Bürgermeister, Herr Bürgervorsteher: Seit Beginn ihrer beider Amtszeiten herrschen Corona-Bedingungen. Wie hat sich das ausgewirkt?

Norbert Lütjens: Die Pandemie hat den Beginn meiner Amtszeit beherrscht. Es war eine große Herausforderung, die Verwaltung auf den Lockdown einzustellen und trotzdem arbeitsfähig zu erhalten. Außerdem mussten wir die Bürger bestmöglich schützen. Das ist uns gelungen. Für mich persönlich sind viele Termine ausgefallen, die sonst zum Jahresbeginn beispielsweise durch Hauptversammlungen bei Vereinen und Verbänden anstehen. Aber auch unser Neujahrsempfang kann zum zweiten Mal in Folge nicht stattfinden. Das ist schade, weil so der Kontakt zu den haupt- und ehrenamtlichen Akteuren verloren geht. Aber ich hole das nach.

Andererseits hatte ich so die Zeit, mich gründlich im Rathaus einzuarbeiten. Durch das mobile Arbeiten konnte auch die angespannte Raumsituation im Rathaus ein wenig entzerrt werden. Wir haben die Abläufe optimiert. Für die Besucher gibt es jetzt verlässliche Termine. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass sich in Zukunft vieles auch ­online erledigen lassen wird. Dieser Prozess wurde durch die Pandemie deutlich beschleunigt.

Rüdiger Jekubik: Ich bin für das Amt zum zweiten Mal angetreten, weil ich den Kontakt mit den Bürgern

Einer der wenigen Festakte: Der Gedenkstein für Vertriebene in Schwarzenbek wird von Bürgervorsteher Rüdiger Jekubik eingeweiht.
Einer der wenigen Festakte: Der Gedenkstein für Vertriebene in Schwarzenbek wird von Bürgervorsteher Rüdiger Jekubik eingeweiht. © Stefan Huhndorf | Stefan Huhndorf

schätze und weil die repräsentativen Aufgaben als Mittler zwischen Politikern, Vereinen und Schwarzenbekern mit der Verwaltung reizen. In meiner ersten Amtszeit gab es immer wieder Unstimmigkeiten zwischen Politik und Verwaltungsspitze. Es hat Mühe gekostet, nach dem Wechsel mit Bürgermeister Norbert Lütjens neues Vertrauen aufzubauen. Aber die Pandemie hat mir die Zeit dazu gelassen. Jetzt arbeiten wir wieder auf der Sachebene zusammen. Leider finden die meisten Kontakte mit den Bürgern nur telefonisch und digital statt. Das kann nur besser werden.

Die Raumnot im Rathaus ist und bleibt ein großes Thema. Wie geht es damit weiter?

Norbert Lütjens: Es fehlen aktuell 35 Arbeitsplätze im Verwaltungsgebäude. Dafür müssen wir eine Lösung finden. In der Perspektive mag es möglich sein, mit der Umsetzung des Projektes Alte Realschule dort auch neue Arbeitsplätze für unsere Mitarbeiter schaffen zu können. Doch auch wenn wir für die Realisierung dieses Projektes gerade sehr viel Energie verwenden und die Vorzeichen erstmals seit Jahren positiv sind, so wird die Realisierung noch einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Bis dahin müssen wir aus meiner Perspektive externe Räume anmieten, um allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen angemessenen Arbeitsplatz bieten zu können. Selbstverständlich werden wir auch Homeoffice- und Desksharing-Modelle weiter ausbauen.

Rüdiger Jekubik: Das Raumproblem erfordert einfach Flexibilität. Auch in meinem Büro sitzt eine Verwaltungsmitarbeiterin, wenn ich meinen Arbeitsplatz nicht benötige. Das ist doch selbstverständlich. Auch für die Fraktionen im Rathaus heißt es, enger zusammenzurücken und sich gut abzustimmen.

Neue Nutzung für Schwarzenbeks ehemalige Rathaus


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  • Wann wird sich die Situation denn entspannen?

    Norbert Lütjens: Ich musste sehr schnell lernen, sich bei Zeitfristen nicht festzulegen, weil das berechtigter Weise falsche Erwartungen wecken kann. Aus meiner Sicht bietet die Entwicklung des Projektes Alte Realschule an der Berliner Straße eine Lösung. Klar ist jedoch, dass wir aufgrund diverser anderer Großprojekte – beispielsweise Freiwillige Feuerwehr, Überplanung Schulstandort – einen nicht unerheblichen Anteil an Fördermitteln für dessen Umsetzung benötigen werden. Um diese Mittel zu erhalten, brauchen wir unbedingt ein tragfähiges Konzept, das in die europäische und Bundesförder­struktur passen muss. Ein solches Modell könnte die Umsetzung einer sogenannten „One Step-Agency“ sein, bei der unsere Bürgerinnen und Bürger an einem Ort alle wichtigen Verwaltungsleistungen erhalten können im Zusammenspiel mit Kultur, Bücherei und Bildung. In den vergangenen Monaten ist es nun gelungen mit der Bundesagentur „Partnerschaft für Deutschland“ einen starken Partner an die Seite zu bekommen, der uns im Planungsprozess begleitet. Darüber hinaus ist es uns auch gelungen, die Mittel für die derzeitige Projektbegleitung und die kommende intensive Suche nach Fördergeldern zu 100 Prozent über externe Projektgelder zu finanzieren. Letztlich bin ich optimistisch, dass der Spatenstich noch in meine erste Amtsperiode fallen wird.

    Wenn der Umbau der Realschule noch so lange dauert – wie steht es denn dann mit den anderen großen Projekten wie der Erweiterung beziehungsweise dem Neubau der beiden Grundschulen?

    Norbert Lütjens: Wir befinden uns gemeinsam mit den Experten des Büros „Trapez“ aus Hamburg seit mehr als einem Jahr in der sogenannten „Phase null“. Wir loten den Raumbedarf für die kommenden Jahre in den Grundschulen Nordost und an der Breslauer Straße aus. Dabei analysieren wir die bauliche Situation und den Raumbedarf. Daran sind Schüler, Lehrer, Eltern, Verwaltungsmitarbeiter und Politiker beteiligt. Wir müssen aber auch im Auge behalten, wie sich Schule in Zukunft entwickelt und welche neuen Lernformen auf uns zukommen. Beispielhaft ist dabei Dänemark mit offenem Unterricht, der fächer- und klassenübergreifend stattfindet. Das werden wir uns demnächst mit einer Delegation in Aarhus ansehen.

    Rüdiger Jekubik: Die Schulen sind das Aushängeschild der Stadt und ein wichtiger Standortfaktor. Beide Grundschulen sind mehrere Jahrzehnte alt, und wir müssen gut überlegen, welches der beiden Gebäude wir zuerst baulich anfassen.

    Norbert Lütjens: Was keinen Sinn ergibt, ist, die beiden Grundschulen an einem Standort zusammenzufassen. Wir sind jetzt schon in Nordost fünfzügig, während in der fachlichen Diskussion die Dreizügigkeit für einen optimalen Unterricht empfohlen wird. Theoretisch müsste man sich also über eine dritte Grundschule anstatt eines Ausbaus der beiden Standorte Gedanken machen. Das ist aber für uns nicht bezahlbar, und es steht auch keine weitere Fläche für einen dritten Schulneubau zur Verfügung.

    Wann stehen denn Entscheidungen über die Schulen an?

    Norbert Lütjens: Eigentlich wollen wir im Januar so weit sein zu entscheiden, in welche Richtung es weitergehen kann. Dabei geht es natürlich im Kern um den Aus- oder Neubau. Aber da reden wir von Summen in der Größenordnung von vielen Millionen Euro pro Schulstandort.

    Rüdiger Jekubik: Natürlich könnte man auch einfach alles so lassen, wie es ist. Aber damit wären wir nicht zukunftsfähig. Nach meiner Ansicht ist der Handlungsbedarf an der Grundschule Breslauer Straße größer, weil sie in weiten Teilen noch aus den 1950er-Jahren stammt. Aber das ist letztlich eine Entscheidung, die wir Politiker gemeinsam mit den Experten treffen müssen. Eine schnelle Lösung für die Probleme wird es angesichts der hohen Kosten und unserer eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten aber nicht geben können.

    Wie sieht es denn mit der Feuerwehr aus? Der Platz reicht nicht aus, ein Neubau ist beschlossen

    Norbert Lütjens: Das Projekt ist auf dem Weg. Wir haben das Grundstück auf der Müssener Wiese gekauft, im Augenblick laufen die Bodenuntersuchungen durch den Kampfmittelräumdienst. Auch der Kreis mit seinen betroffenen Behörden ist an dem Thema dran. Wir können also voraussichtlich im kommenden Jahr einen Architektenwettbewerb ausschreiben.

    Ein Thema, das die Bürger in den vergangenen Jahren bewegt hat, war auch der innerstädtische Busverkehr. Wie sieht es damit aus?

    Rüdiger Jekubik: Das Thema ist in der Bearbeitung. Die Politik hat, so nehme ich die Zeichen meiner Kollegen auf, die Notwendigkeit verstanden, die durch die Bahnlinie geteilte Stadt mit einem attraktiven Nahverkehrskonzept zusammenzubringen.

    Norbert Lütjens: Ein Förderantrag für Stadtbuslinien in Schwarzenbek läuft. Wir entwickeln gemeinsam mit der Stadt Bargteheide eine gemeinsame Förderkulisse. Möglicherweise werden wir bereits im Januar im Hauptausschuss ein tragfähiges Konzept vorstellen. Die Zeichen dafür stehen nicht schlecht.

    Welche Themen werden im kommenden Jahr im Mittelpunkt stehen?

    Norbert Lütjens: Das sind natürlich die Feuerwehr und die Grundschulen, aber wir werden auch die Entwicklung der Verwaltung und die Stadtentwicklung weiter vorantreiben. Letzteres Thema gehen wir zunächst mit einem breit aufgestelltem Beteiligungsprozess an, und es wird sich sicherlich um mehr als den Einzelhandel im Zentrum drehen. Wir werden dabei auch schauen, was andere in der Region – beispielsweise Geesthacht – machen, um ihre Städte zu entwickeln.

    Rüdiger Jekubik: Viele Aktivitäten verlagern sich in den Lupuspark, wie beispielsweise die neue Filiale von Optiker Steffen Möller oder die geplante Niederlassung der Kreissparkasse am Hans-Koch-Ring. Viele Neubürger kaufen in der Hamburger Innenstadt oder im Internet, aber nicht bei uns ein. Das kostet Kaufkraft. Darauf müssen wir reagieren. Zum einen müssen wir die Neubürger auf die Möglichkeiten unserer Stadt hinweisen, zum anderen aber auch Kaufleuten bei der Ausweitung ihrer Online-Shops helfen und etwas für eine Belebung der Innenstadt tun. Dafür wollen wir gemeinsam mit unseren Bürgerinnen und Bürgern sowie weiteren beteiligten Akteuren ein Konzept entwickeln.

    Norbert Lütjens: Wir sind dann aber auch in der Pflicht, die Ergebnisse umzusetzen. Es darf keine weitere Studie sein, die in der Schublade verschwindet. So etwas hatten wir schon beim Schwimmbad, das aus meiner jetzigen Perspektive langfristig nicht finanzierbar ist, und auch bei den sicherlich ehrgeizigen Plänen für den Bahnhof, bei dem wir auch nur bedingt weiterkommen. Möglicherweise kriegen wir aber perspektivisch zum Beispiel eine vernünftige Überdachung auf den Bahnsteigen gemeinsam mit der Deutschen Bahn AG hin. Ich glaube, dass es wichtig ist, von Anfang an dahingehend mit offenen Karten zu spielen, dass unsere finanziellen Mittel durchaus begrenzt sind. Hier ist Fantasie gefragt und sicherlich auch die Fähigkeit, Fördermittel für die Finanzierung von Projekten zu generieren.