Schwarzenbek. 43 Empfehlungen gibt das Stadtentwicklungskonzept den Politikern an die Hand. Jetzt haben sie ein Ranking aufgestellt. Was wichtig ist.

Wer in Schwarzenbek etwas bewegen will, braucht einen sehr langen Atem und auch eine hohe Frustrationsschwelle. Das hat sich in der Vergangenheit beim jahrzehntelangen Warten auf die Ortsumgehung, die zähen, mehrjährigen Diskussionen um das Bauprojekt auf dem alten Markt oder aber auch aktuell bei der Realisierung des Bildungszentrums in der ehemaligen Realschule sowie dem Neubau der Feuerwache gezeigt.

Bei der Innenstadtplanung könnte es besser laufen. Die Weichen dafür hat der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Mobilität am Dienstag, 20. Februar, in einer Sondersitzung zur Priorisierung der ISEK-Ergebnisse (Integriertes Stadtentwicklungskonzept) gestellt.

Schwarzenbek: 43 Projekte stehen an – ohne Prioritäten ist das nicht zu leisten

„Wir haben 43 Maßnahmen vor der Brust. Wir können nicht alles auf einmal machen, deshalb brauchen wir eine Priorisierung“, betonte der Ausschussvorsitzende Eduard Klaus (Grüne) und hatte auch ein fertiges Konzept mitgebracht, wie das ehrgeizige Vorhaben zum Erfolg geführt werden kann. Sein autoritärer Stil („Inhaltliche Diskussionen über die einzelnen Punkte lasse ich nicht zu, es geht ausschließlich um die Reihenfolge“) kam nicht bei allen neun Ausschussmitgliedern gut an. Aber letztlich zogen alle mit.

Olaf Dreyer aus dem Bauamt und Klimaschutzmanagerin Nina Reimers hatten Listen mit den 43 Projekten vorbereitet, die Politiker konnten die Wichtigkeit der einzelnen Punkte mit null (unwichtig) bis zehn (sehr wichtig) priorisieren. Nach zehn Minuten waren alle fertig, weitere zehn Minuten später hatten Dreyer und Reimers die Ergebnisse zusammenaddiert und Mittelwerte gebildet. So zügig gingen Entscheidungen in Schwarzenbek schon lange nicht mehr. Jetzt wollen die Politiker die Themen der Reihenfolge nach abarbeiten.

Realschule war der Ausgangspunkt der Untersuchung

Das Ergebnis ist zum Teil überraschend. CDU-Politikerin Maja Bienwald hatte zu Beginn der Sitzung noch einmal ihre Enttäuschung über das ISEK zum Ausdruck gebracht. Ausgangspunkt der Untersuchung sei die Umnutzung der ehemaligen Realschule zum Bildungszentrum gewesen, dies spiele in der Expertise aber nur noch eine untergeordnete Rolle. Bürgermeister Norbert Lütjens hielt dagegen: „Die Realschule war ein wichtiges Projekt, aber die Karawane zieht weiter. Erstmals haben wir ein übergreifendes Konzept für die gesamte Innenstadt.“

Offenbar hat die Realschule auch für die Politiker nicht mehr oberste Priorität. Im Ranking rutschten der Umbau und die Aktivierung der alten Realschule auf Platz sieben. Auf der Liste der ISEK-Gutachter rangierte die Realschule sogar an 25. Stelle. Die Realschule soll ein sogenanntes Leuchtturmprojekt als Bildungs- und Bürgerzentrum werden. Bei einem Besuch in Kiel hat Bürgermeister Norbert Lütjens seitens der Landesregierung aber eine Absage für eine Förderung bekommen. Somit liegt das Vorhaben zurzeit auf Eis.

Medizinische Versorgung rangiert ganz oben auf der Agenda der Politiker

Ganz oben rangiert für die Politiker die medizinische Versorgung der Stadt – wobei die Stellschrauben der Politiker, mehr Ärzte nach Schwarzenbek zu bekommen, sehr begrenzt sind. Die Idee ist, ein medizinisches Zentrum in der Stadt zu schaffen. Das lässt sich aber kurzfristig nicht realisieren – zumal es dafür eine Immobilie braucht und das auch nur in Abstimmung mit der Kassenärztlichen Vereinigung möglich ist.

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Das sieht bei den anderen Punkten, die auf den Plätzen zwei bis sechs folgen, schon anders aus. Aufenthaltsbereiche für Kinder und Jugendliche schaffen geht einher mit Aufwertung des Stadtparks. Das sind die Themen, die in der Priorität ebenfalls ganz oben stehen. Gleich darauf folgen bessere Fuß- und Radwege sowie mehr Fahrradstellplätze – wichtige Themen für die „grüne Stadt“ und den Klimaschutz.

Jugendliche sollen bei den weiteren Planungen eingebunden werden

An der Gestaltung von Plätzen, die von Jugendlichen als Treffpunkt genutzt werden können, ist Stadtjugendpfleger Sven Kaulbars mit Hochdruck dran. Ein erstes Projekt war die Schaffung des Pumptracks – ein Parcours für Radfahrer und Skater – bereits im vergangenen Sommer im Stadtpark. Der Bereich soll aber weiter für die Naherholung ausgebaut werden. Rolf Limbach merkte in der Einwohnerfragestunde auch an, dass der Seniorenbeirat bereits seit Herbst 2023 auf eine Verbesserung und Erweiterung der Boule-Bahn wartet.

Damit wäre der Stadtpark zugleich ein Generationentreff, in dem sowohl Jugendliche und Senioren als auch Familien zusammen ihre Freizeit verbringen können. Parallel zur Umgestaltung laufen auch Planungen, die stillgelegten öffentlichen Toiletten im Stadtpark wieder instand zu setzen. Am 1. März will Kaulbars mit den Jugendlichen auch über die Ergebnisse des ISEK diskutieren und ihnen die weiteren Maßnahmen vorstellen. Denn auch mehr als Hundert Jugendliche hatten bei einer Veranstaltung ihre Ideen für ein attraktiveres Schwarzenbek eingebracht.

Beim Bahnhof und bei der alten Post sind Eile geboten

Was auch Dauerbrennerthemen sind, die demnächst angegangen werden sollen, ist der barrierefreie Zugang zum Bahnhof und den Bahnsteigen (Platz 12) sowie das dringend erforderliche Nutzungskonzept für die ehemalige Post an der Schmiedestraße (Platz 13). Bei beiden Themenkomplexen besteht ein hoher Zeitdruck. „An dem Bahnthema sind wir bereits abseits von ISEK dran. Wir hatten ja schon einen ersten Workshop für die Umgestaltung“, betonte Gerhard Moldenhauer (CDU).

Denn die Bahn plant eine Sanierung der Strecke Hamburg Lübeck, in diesem Jahr von August bis Dezember, sowie im kommenden Jahr. Deshalb wird ab Sommer die Bahnstrecke gesperrt und die Bahnsteige in Schwarzenbek werden verlängert, damit mehr Waggons an die oft überfüllten Regionalexpress-Züge nach Hamburg angehängt werden können. Die Sperrung bietet die Chance für weitere Umbauten am Bahnhof, wie beispielsweise die Verbesserung der Barrierefreiheit. Aber das Zeitfenster ist eng.

Ebenso eng ist das Zeitfenster für eine Lösung zur Nachnutzung der ehemaligen Post an der Schmiedestraße. Es gibt Gespräche seitens des Bürgermeisters mit den Besitzern der Immobilie. Außerdem haben die Politiker mehrfach eine Veränderungssperre für dieses Gebiet erlassen, die vor einigen Wochen erneuert wurde. Aber Ende des Jahres läuft sie aus und kann nicht verlängert werden. Bis dahin sollten die Politiker sich entschieden haben, welche Folgenutzung sie für diesen Bereich favorisieren.

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Mitunter gibt es aber auch Projekte wie beispielsweise die im ISEK angeregte Umgestaltung und Entsiegelung des Ritter-Wulf-Platzes, die von aktuellen Entwicklungen überholt sind. Diese Maßnahme haben die Politiker in ihrer Priorisierung auf Platz 16 gesetzt, aber andererseits laufen die Planungen für die Umgestaltung bereits und es soll noch in diesem Jahr losgehen.

Unter anderem sind Grünflächen in der „Betonwüste“ vorgesehen. Und auch die antiquierten Laternen an den Stahlmasten sollen verschwinden, weil es nicht einmal mehr Ersatzteile für diese düsteren und trübe gewordenen Lampen gibt, die zum Teil nicht einmal mehr funktionieren.