Schwarzenbek. Drei Jahre hatten die Tiere Zeit zum Umziehen. Ab Mai rollen die Bagger wieder auf der Ortsumgehung. Aber es gibt noch ein Problem.

Die Haselmäuse haben die neuen Knicks als Zuhause angenommen. Das hat die Untersuchung einer Biologin bestätigt. Die Umsiedlung hat drei Jahre gedauert. Da die alten Knicks aber erst nach dem 15. März gerodet werden dürfen, beginnen die Arbeiten an dem Teilstück der Schwarzenbeker Umgehungsstraße zwischen den Kreisverkehren an der Bundesstraße 207 und der Grabauer Straße auch erst im Mai.

Eigentlich wollte Bauleiter Eckhard Templin vom Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr in Lübeck gemeinsam mit den ausführenden Firmen und seinem Team bereits im März loslegen. „Deshalb werden wir dieses Teilstück auch nicht mehr wie geplant in diesem Jahr freigeben können. Es wird Januar oder Februar 2025 fertig“, so der Bauleiter.

Knickrodung verzögert den Baubeginn um zwei Monate

Die Asphaltierungsarbeiten werden zwar voraussichtlich noch im Herbst abgeschlossen sein, aber dann kommen noch die Markierung, die Leitplanken, und vor allem müssen auch in zwei Teilbereichen noch vier Meter hohe Fledermausschutzzäune errichtet werden, wie sie bereits auf dem ersten Abschnitt zu finden sind. Gerade diese Arbeiten sind zeitintensiv, da die Pfähle mehrere Meter tief in den Boden versenkt werden und dabei Findlinge aus der Eiszeit für Probleme sorgen können. Diese Erfahrung haben die Straßenbauer bereits im ersten Abschnitt im Jahr 2022 gemacht. Zahlreiche Schwarzenbeker hatten sich damals gewundert, warum zwar die Fahrbahn fertig ist, aber der Verkehr nicht rollt. Die Trasse diente vielen Spaziergängern wochenlang an den Wochenenden als Wanderweg und lockte wegen des topfebenen Asphalts auch viele Skater an. Ebenso nutzten Eltern kleiner Kinder die Fahrbahn, um ihrem Nachwuchs fernab des fließenden Verkehrs das Radfahren beizubringen.

Eine Haselmaus auf einem Archivbild. Tiere wie dieses leben in einem neuen Knick an der künftigen Ortsumgehung Schwarzenbek.
Eine Haselmaus auf einem Archivbild. Tiere wie dieses leben in einem neuen Knick an der künftigen Ortsumgehung Schwarzenbek. © Bergedorf | WILDLIFE/G.Lacz

Gebaut wird am sogenannten zweiten Teilabschnitt der Ortsumgehung Schwarzenbek von der ehemals scharfen 90-Grad-Kurve an der Bundesstraße 404 bis zur Grabauer Straße seit 2021. Bislang hatte der Landesbetrieb die Herausforderung, den Straßenbau mit dem Tierschutz in Einklang zu bringen. Dabei ging es um das Umsiedeln von Haselmäusen und Waldameisen, aber auch um Querungshilfen für Fledermäuse.

Eine alte Müllkippe kann für Überraschungen im Boden sorgen

Auf dem aktuellen Teilstück, das in diesem Jahr begonnen wird, gibt es ein weiteres Thema. „In Höhe des neuen Grabauer Gewerbegebiets gleich am Kreisverkehr an der Bundesstraße 207 gibt es eine alte Müllkippe. Wir wissen noch nicht genau, was wir im Boden vorfinden und ob wir die Altlast überhaupt mit der Trasse queren“, sagt Templin.

So sieht der Trassenverlauf der Ortsumgehung Schwarzenbek im zweiten Teilstück aus.
So sieht der Trassenverlauf der Ortsumgehung Schwarzenbek im zweiten Teilstück aus. © Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr LBV | Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr LBV

In den 1960er-Jahren und noch davor gab es zahlreiche Müllabladeplätze in der Region. Auch zwischen Scharzenbek und Elmenhorst wurde so ganz offiziell Abfall, der zum Teil aus Hamburg stammte, in Gruben entsorgt und mit Erde bedeckt. Im Altlastenkataster ist die Deponie erfasst. Es ist aber unklar, was dort unten liegt und wo genau die Grenzen der Altlast verlaufen. „Es ergibt keinen Sinn, vorab eine Grabung vorzunehmen. Das machen wir im Zuge der Bauarbeiten“, so Templin. Der Müll wird dann – sofern an dieser Stelle überhaupt welcher gefunden wird – ordnungsgemäß entsorgt, das Loch wieder verfüllt. Mit Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg rechnet Templin entlang der Trasse nicht. „Hier wurde eigentlich nichts abgeworfen. Das sieht rund um die ehemaligen Munitionsfabriken in Geesthacht oder den Eisenbahnknotenpunkt Büchen schon anders aus. Aber Schwarzenbek war kein Angriffsziel“, so der Bauleiter. Allerdings verläuft unter der Trasse eine größere Gasleitung, und sie wird von einer Stromtrasse an Überlandmasten gequert.

Neuer Teilabschnitt ist ein unkomplizierter Bau ohne Behinderungen für Pendler

„Ansonsten ist es ein völlig unkomplizierter Bau. Wir haben das Glück, dass wir über die grüne Wiese bauen. Das macht die Baustellenabsicherung einfach, und es müssen auch keine Umleitungsstrecken eingerichtet werden, weil wir nicht in den fließenden Verkehr eingreifen“, sagt Eckhard Templin. Das Teilstück ist einen knappen Kilometer lang und wird 1,9 Millionen Euro kosten. Die starken Regenfälle der vergangenen Wochen haben keine Auswirkungen auf den Straßenbau. „Wir haben hier einen relativ sandigen Boden. Das Wasser versickert schnell. Im Mai dürfte das Wetter ohnehin deutlich besser sein. Aber gerade jetzt hilft uns der Regen sehr“, sagt der Bauleiter.

Denn als erstes Projekt beim neuen Teilstück wurde bereits im September des vergangenen Jahres ein Regenrückhaltebecken ungefähr in der Mitte des Gewerbewegs gebaut. Es soll das Regenwasser, das von der neuen Straße abfließt, sammeln und nach und nach versickern beziehungsweise verdunsten lassen. Der untere Teil des Regenrückhaltebeckens ist mit einer 65 Zentimeter dicken Lehmschicht abgedichtet. „Um zu testen, ob die Lehmschicht dicht hält, hätten wir sonst mehrere Tausend Kubikmeter Trinkwasser einleiten müssen. So hat das der Regen für uns erledigt, und wir schonen die Umwelt“, so der Bauleiter. Das Regenrückhaltebecken ist eines von insgesamt drei dieser Anlagen entlang der Trasse. Es sammelt nicht nur das Wasser, sondern hat auch eine Ölsperre, die bei einem Unfall verhindert, dass Kraft- oder Schmierstoff in die Kanalisation gelangen kann.

Neue Trasse verläuft direkt an der Stadtgrenze neben den Wohnhäusern

Wie auch schon der bereits gebaute Teilabschnitt läuft auch dieser Teil der Trasse sehr dicht an der bestehenden Bebauung. Deshalb ist ein Lärmschutzwall erforderlich. Auf Wunsch der Stadt wird es zwischen Bebauung und der Trasse im Bereich zwischen Bundesstraße 207 und der Grabauer Straße auch einen Radweg geben. Dieser wird vom Landesbetrieb mit geplant und gebaut, bezahlen muss aber die Stadt, weil er nicht Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses war. Wie berichtet, hatten die Politiker bemängelt, dass entlang des ersten Teilstücks, das im vergangenen Jahr für den Verkehr freigegeben wurde, kein Radweg berücksichtigt war. Der 2,50 Meter breite Radweg kostet die Stadt 350.000 Euro.

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Mit der Freigabe des zweiten Teilabschnitts der Umgehung ist ein wichtiges Teilziel bei der Verkehrsentlastung Schwarzenbeks erreicht – aber es ist nur eine weitere Etappe. Denn nachdem sich der Bau des zweiten Teilabschnitts von der B404 bis zur Grabauer Straße über Jahrzehnte verzögert hatte – das erste Teilstück der Umgehung endete hinter dem Sachsenwald an der Einmündung von der B404 in die Kerntangente – fehlt noch der Lückenschluss zur Bundesstraße 209. Die Planungen laufen, aufwendig ist das Projekt aber auch deshalb, weil die Bahnlinie nach Büchen mit einer Brücke gekreuzt werden muss. Die Umgehungsstraße soll dann hinter Schwarzenbek auf die B209 Richtung Lauenburg einmünden. Wann das so weit ist, steht allerdings in den Sternen. Angekündigt war seitens der Landesregierung in Kiel, dass zeitnah nach Fertigstellung des zweiten Teilabschnitts mit dem Bau des dritten begonnen werden soll. Einen Termin dafür gibt es indes nicht, eine Planfeststellung ebenfalls nicht.

Der gesamte zweite Teilabschnitt von der B404 bis zur Grabauer Straße ist 2,9 Kilometer lang und wird insgesamt 19 Millionen Euro kosten. Die Kosten trägt der Bund, 1,9 Kilometer sind bereits geschafft. Im Mai beginnt dann der Endspurt für dieses Projekt.