Die Polizei ist gerüstet, die Demonstranten sind es auch. Der Zug mit dem Atommüll ist gestartet, die Proteste ebenfalls. Märsche in Deutschland und Frankreich verlaufen bisher friedlich.
Gorleben/Paris. Der Castor-Transport mit radioaktivem Atommüll ist in Frankreich Richtung Gorleben gestartet. Bereits kurz vor dem Start des Zuges mit den elf Spezialbehältern vom Bahnhof Valognes haben erste Proteste von Kernkraftgegnern begonnen. In Valognes protestierten einige Mitglieder der Umweltorganisation Greenpeace, im Wendland gingen am Vormittag rund 600 Schüler auf die Straße. Am Wochenende soll es in der Nähe des Zwischenlagers Gorleben zu den größten Anti-Atom-Demonstrationen seit Jahrzehnten kommen: Mehr als 30.000 Menschen werden erwartet.
Die Polizei bereitet sich auf gewalttätige Störer entlang der Strecke vor. Mehr als 16000 Einsatzkräfte sollen den Transport sichern. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) rief die Atomkraftgegner am Freitag auf, sich friedlich zu verhalten.
Unterdessen entbrannte innerhalb der Union ein Streit um die Suche nach ein Atomendlager. Bayern setzt klar auf den Salzstock Gorleben und lehnt alternative Standorte in Süddeutschland ab. Umweltminister Markus Söder (CSU) sagte der dpa: „Bayern scheidet als Standort für ein Endlager definitiv aus. Wir haben keine sichere geologische Formation. Gorleben ist in jeder Hinsicht besser geeignet als jeder Standort in Bayern.“ Zuvor hatte Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) die Suche nach möglichen Endlagern im Süden gefordert, falls sich Gorleben bei der Erkundung als ungeeignet erweisen sollte.
Röttgen verteidigte den Castor-Transport als unverzichtbar. Deutschland sei verpflichtet, die radioaktiven Abfälle, die bei der Nutzung der Kernenergie anfielen, im eigenen Land zu entsorgen. „Wir können die Lasten der Vergangenheit nicht anderen aufbürden, für die sichere Lagerung des Atommülls sind wir verantwortlich“, sagte er.
An den Protesten im Wendland beteiligen sich zahlreiche Spitzenpolitiker der Grünen und der Linken. Grünen-Chefin Claudia Roth rief zu Sitzblockaden gegen den Castor-Transport auf und appellierte zugleich an die Polizei, besonnen zu reagieren. „Wir hoffen, dass es friedlich zugehen wird“, sagte Roth. Der Bundesvorstand der Partei kam am Freitagnachmittag in der Nähe des Zwischenlagers Gorleben zu einer Sitzung mit den Grünen-Landeschefs zusammen. Die Abfahrt des Sonderzugs in Valognes ist nach Angaben von Atomkraftgegnern für 14.20 Uhr geplant. In den elf Spezialbehältern befinden sich Abfälle aus deutschen Atomkraftwerken, die von der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague in das etwa 1000Kilometer entfernte Zwischenlager Gorleben gebracht werden. 2004 war ein 21 Jahre alter Franzose bei einer Protestaktion von einem Castor-Zug überrollt worden. Die Deutsche Polizeigewerkschaft und der Bund der Steuerzahler forderten die Energiekonzerne auf, sich an den Kosten für den Atommülltransport zu beteiligen. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) bekräftigte hingegen erneut seine Forderung, dass der Bund Kosten übernehmen soll. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Wir fordern eine Sicherheitsgebühr von 50 Millionen Euro von den Atomkonzernen.“ Es sei nicht hinnehmbar, dass die Atomindustrie jedes Jahr Milliarden- Gewinne einstreiche, die Kosten für die Sicherheit beim Transport von Atommüll aber beim Steuerzahler ablade. „Die Entsorgung von Brennstäben ist ein Teil des Betriebs von Atomkraftwerken, für den die Konzerne verantwortlich sind.“ Laut Wendt kostet der Castor- Transport den Steuerzahler weit über 50 Millionen Euro.