Staatsanwaltschaft ermittelt wegen möglicher Spitzeleien bei der Bank. Im Konflikt um Schiffsfinanzierung gibt es einen Dialog mit Reedern.
Hamburg. Die Kosten für die milliardenschweren Bürgschaften ihrer Eigentümer halten die HSH Nordbank tief in den roten Zahlen. Im ersten Halbjahr sank der Verlust allerdings auf 380 (Vorjahr: 619) Millionen Euro. Alleine die Zehn-Milliarden-Garantie der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein kostete das Institut 303 (150) Millionen Euro. Das Ergebnis habe sich stärker verbessert als geplant und stimme zuversichtlich, erklärte die Landesbank am Freitag. „Im zweiten Quartal konnten wir zum ersten Mal seit sieben Quartalen operativ – also vor Garantiekosten – ein positives Ergebnis ausweisen“, erklärte Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher. „Das ist ein wichtiger Meilenstein bei der Umsetzung der strategischen Neuausrichtung.“
++++ neu: Ermittlungen bei der HSH Nordbank ++++
Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen einen früheren Sicherheitsberater der HSH Nordbank eingeleitet. Die Behörde ermittele wegen des Verdachts auf einen Verstoß gegen Paragraf 148 des Telekommunikationsgesetzes, teilte ein Sprecher der Behörde am Freitag in Hamburg mit. In diesem Paragrafen wird das Abhören von Nachrichten unter Strafe gestellt.
Das Verfahren geht nach Angaben der Bank zurück auf eine Gesprächsnotiz, in der ein Angestellter einer Sicherheitsfirma Spitzel- und Spionagevorwürfe erhebt. Die Bank habe die Notiz an die Staatsanwaltschaft und die Aufsichtsbehörde BaFin weitergeleitet. Ob die Vorwürfe zutreffend sind, werde gegenwärtig geprüft.
In der kommenden Woche will sich der Aufsichtsrat der Bank mit möglichen Spitzeleien in der HSH Nordbank beschäftigen. Ihm wurde das Papier vor zwei Wochen vom Betriebsrat zugeleitet. Keiner der fünf Vorstände der HSH Nordbank habe von den möglichen Unregelmäßigkeiten gewusst oder hätte sie gebilligt, sagte ein Sprecher der Bank.
Kundenkreditgeschäft positiv
Das operative Ergebnis vor Restrukturierung zwischen April und Juni lag bei der Bank bei 60 (minus 267) Millionen Euro. Während sich das Kundenkreditgeschäft positiv entwickelt habe, sah sich die HSH von den wieder wackelnden Finanzmärkten belastet. Die Kernbank habe im gesamten ersten Halbjahr mit 128 (minus 148) Millionen Euro schwarze Zahlen geschrieben. In dieser Rechnung sind die Abbaubank, in die nicht mehr gewollte Schiffskredite und das Kreditersatzgeschäft auslagert wurden, und die Kosten für den Umbau der Bank allerdings nicht berücksichtigt.
Im kommenden Jahr sollen die Verluste bei der angeschlagenen HSH trotz der Garantiekosten ganz der Vergangenheit angehören: „Wir halten an unserem Ziel fest, die Bank 2011 wieder in die Gewinnzone zu führen“, sagte Nonnenmacher.
Die HSH war durch Fehlspekulationen an den Rand des Abgrunds geraten und musste von den Ländern mit drei Milliarden Euro Kapital und zehn Milliarden Euro an Garantien gestützt werden. Die europäischen Wettbewerbshüter drängen auf einen Ausstieg der Eigentümer bis 2014.
Konflikt mit Reedern um Kredite
Im Konflikt zwischen der HSH Nordbank und mittelständischen Reedereien , die um ihre Finanzierung fürchten, gehen beide Seiten aufeinander zu. "Wir stehen in einem konstruktiven Dialog", sagte Max Johns, der Sprecher des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), nach einem Spitzengespräch zwischen Verband und Bank dem Abendblatt. "Es geht uns darum, dass die HSH ihren Ermessensspielraum nutzt und nicht gleich Kredite kündigt, wenn Raten nicht sofort bezahlt werden können", so Johns weiter. Gestern versicherte Torsten Temp, seit Anfang Mai Vorstand für die Schiffsfinanzierung der HSH Nordbank: "Wir werden keinen Kunden hängen lassen." Der neue Vorstand will jetzt auch in den Gremien des Verbandes über die Lage bei der Bank informieren.
Obwohl sich die weltweite Schifffahrt derzeit "unerwartet stark" erholt, wie Temp sagte, stehen gerade die kleineren Reedereien noch immer unter Druck. Mussten in der Krise Charterverträge neu abgeschlossen werden, waren die Mieten (Charterraten) oft so niedrig, dass Zinsen und Tilgung kaum bedient werden konnten.
Die HSH Nordbank, der weltweit größte Schiffsfinanzierer, muss nach ihrer eigenen Krise jedoch auf Drängen der EU ihre Bilanzsumme auf rund 100 Milliarden Euro halbieren. Für den Schifffahrtsbereich geht es um acht von 30 Milliarden Euro, die in eine Abbaubank ausgelagert wurden.
"Nach dem Ablauf der abgeschlossenen Kreditverträge wird es für die betroffenen Unternehmen keine Anschlussfinanzierungen mehr geben. Diese Auflage der EU ist nicht diskutabel", so Temp. Die Bank habe sogar profitable Geschäfte ablehnen müssen, um ihr Schifffahrtsgeschäft zu reduzieren.
Allerdings wird die HSH auch in der Abbaubank alle Finanzierungsverträge einhalten. Bei insgesamt 3200 betreuten Schiffen habe es 2009 aber bisher nur sechs Zwangsversteigerungen und dazu "nicht mehr als zehn bis 20 einvernehmliche Verkäufe" von Frachtern gegeben. Die Bank habe auch kein Interesse an solchen Verwertungen: "Wir wollen keine Verluste machen, finden kaum Käufer und wollen die Schiffe nicht selbst betreiben", erklärte Temp.
+++ Service: Schiffspositionen im Hamburger Hafen und auf der Elbe +++
Den Einfluss deutscher Reeder, die derzeit 80 Prozent der weltweiten Containerflotte mit 13,5 Millionen Stellplätzen für Standardcontainer (TEU) kontrollieren, sieht die HSH Nordbank auch künftig bei den größten Frachtern kaum zurückgehen. Sie würden auf den großen Ost-West-Strecken weiter gut ausgelastet sein. Probleme werde es dagegen bei Frachtern mit weniger als 8000 TEU geben, weil sie kaum günstiger gechartert werden könnten als die größeren Schiffe. Insgesamt werde der Aufwind der Branche an der sinkenden Zahl der Auflieger, also Schiffe ohne Beschäftigung, deutlich. Innerhalb von zehn Monaten sei ihr Anteil an der Containerflotte von zehn auf 1,5 Prozent zurückgegangen.
Durch die Reduzierung der Schiffsfinanzierung bei der HSH Nordbank sowie bei anderen europäischen Banken erwartet Temp, dass immer mehr chinesische Kreditinstitute in dieses Geschäft einsteigen. "Die Anzeichen sind da. Die Bankenvertreter des Landes sind auf allen Messen und Kongressen der Branche vertreten", sagt der Schifffahrtsexperte, der vom HSH-Konkurrenten Unicredit zur Nordbank gewechselt ist. Im Fokus der Asiaten dürften größere Reedereien stehen.
Auch einen Einstieg bei der HSH Nordbank hält ihr Chef, Dirk Jens Nonnenmacher, für möglich, sobald die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein ihre Beteiligung an der Bank senken würden. "Es gibt sicher strategische Interessen vor allem in China", sagte Nonnenmacher der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Nach dem "Großaufbau der Werftindustrie wollen die Chinesen auch in die Top-Liga der Schiffsfinanzierer aufrücken." Schon heute liegen die Chinesen nach der Zahl der Auftragseingänge auf Platz eins.
Die Position als Weltmarktführer in der Schifffahrt dürfte die HSH Nordbank dagegen in den kommenden fünf Jahren verlieren. Davon ist Temp überzeugt. "Ich gehe aber davon aus, dass wir noch unter den Top 5 sein werden", sagte er. Allerdings scheint es noch zweifelhaft, ob bis dahin asiatische Banken zur Weltspitze zählen. Klar ist hingegen, dass die Bank erstmals nach sieben Quartalen zwischen April und Juni wieder ein operativ positives Ergebnis erzielt hat. Allerdings gilt dies ohne die Berücksichtigung von Garantiekosten, die für die Staatshilfe in Milliardenhöhe anfallen. Am Freitag kommender Woche werden genaue Zahlen vorgelegt.