Ein Sicherheitsberater soll Büro von Frank Roth verwanzt haben. Wusste der HSH-Sicherheitschef von dem Vorgang? Roth verlangt jetzt Aufklärung.
Hamburg. Die krisengeschüttelte HSH Nordbank wird jetzt auch noch von einer Spitzelaffäre belastet. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete am Wochenende, ein früherer Sicherheitsberater habe das Büro von Ex-HSH-Nordbank-Vorstand Frank Roth verwanzt, sei in dessen Privatwohnung eingedrungen und habe Dokumente manipuliert. Wolfgang Gößmann, der Chef der Rechtsabteilung der HSH Nordbank, solle zudem von dieser Aktion gewusst haben, berichtet das Magazin weiter und beruft sich dabei auf ein Protokoll über ein Gespräch mit dem Sicherheitsberater, in dem dieser sich und Gößmann schwer belastet habe. Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen den Sicherheitsberater.
Am Sonntag meldete sich nun Roth zu Wort und erklärte: „Dass eine öffentlich-rechtliche, das heißt von Steuergeldern getragene Bank, in solche – offenkundig kriminellen – Vorgänge verwickelt ist, ist ein zutiefst erschütternder Vorgang, der meinen damals forcierten Abgang von der HSH Nordbank nun in einem völlig anderen Licht erscheinen lässt." Er werde seine Anwälte bitten, "diese ungeheuerlichen Vorgänge auf ihre straf- und zivilrechtlichen Konsequenzen zu prüfen und erwarte von den Verantwortlichen der HSH Nordbank zudem eine Entschuldigung".
Gößmann hatte bereits am Sonnabend über seinen Anwalt den Bericht des Nachrichtenmagazins zurückweisen lassen. „Unserem Mandanten ist von diesem Sachverhalt nichts bekannt und er war an diesen angeblichen Sachverhalten in keiner Weise beteiligt“, sagte Anwalt Gernot Lehr von der Sozietät Redeker (Bonn/Berlin). Er kündigte an, Gößmann werde gegen eine mögliche Freistellung juristische Schritte prüfen. Der "Spiegel" hatte berichtet, die HSH Nordbank habe Gößmann von seinen Aufgaben freigestellt. Eine Sprecher der Bank wollte sich dazu nicht äußern. Aus grundsätzlichen Überlegungen gebe das Unternehmen keine Stellungnahmen über Mitarbeiter ab, sagte er. Gößmanns Anwalt Lehr sagte, ihm liege die Freistellung noch nicht vor, es sei aber dem Anschein nach damit zu rechnen.
In einer Rundmail an die Mitarbeiter („Nur für den internen Gebrauch“) hatte nach Darstellung des „Spiegels“ HSH-Nordbank-Vorstand Martin van Gemmeren am vergangenen Freitag mitgeteilt, dass Gößmann „momentan von seinen Aufgaben befreit wurde“. Er stehe im Verdacht, in illegale Aktionen eines ehemaligen Sicherheitsberaters der Bank „involviert gewesen“ zu sein. So jedenfalls solle es in einem „Protokoll zum Gesprächsverlauf“ einer Runde, die sich am 29. Juli in einer Hamburger Anwaltskanzlei getroffen hatte, stehen, berichtete das Nachrichtenmagazin.
In dem Gespräch habe der Sicherheitsberater sich selbst und Gößmann schwer belastet. So habe der Sicherheitsberater nach eigenen Angaben das Büro von Ex-HSH-Nordbank-Vorstand Frank Roth verwanzt und sei in dessen Privatwohnung eingedrungen. Zudem berichtete der Sicherheitsexperte, an der Manipulation von Dokumenten mitgewirkt zu haben, die zur Entlassung Roths geführt hatten. Der Banker war im April 2009 fristlos gefeuert worden, weil er angeblich vertrauliche Vorstandsvorlagen Journalisten zugespielt haben soll.
Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf einen Verstoß gegen Paragraf 148 des Telekommunikationsgesetzes, wie ein Sprecher der Behörde zuvor mitgeteilt hatte. In diesem Paragrafen wird das Abhören von Nachrichten unter Strafe gestellt. Das Verfahren geht nach Angaben der Bank zurück auf die Gesprächsnotiz, in der ein Angestellter einer Sicherheitsfirma Spitzel- und Spionagevorwürfe erhebt. Die Bank habe die Notiz an die Staatsanwaltschaft und die Aufsichtsbehörde BaFin weitergeleitet. Ob die Vorwürfe zutreffend sind, werde gegenwärtig geprüft.
In der kommenden Woche will sich der Aufsichtsrat der Bank mit möglichen Spitzeleien in der HSH Nordbank beschäftigen. Ihm wurde das Papier vor zwei Wochen vom Betriebsrat zugeleitet. „Keiner der amtierenden Vorstände hatte bis dahin von den dort aufgeworfenen Vorwürfen Kenntnis gehabt, noch hätte er sie gebilligt“, sagte Banksprecher Frank Laurich der dpa. Roth wies in seiner Erklärung vom Sonntag darauf hin, dass das Ermittlungsverfahren gegen ihn am 24. Juni 2010 eingestellt worden sei:"kein hinreichender Tatverdacht"; "keine den Beschuldigten belastenden Erkenntnisse"; "bloße Vermutungen". Zugleich äußerte Roth sein "uneingeschränktes Vertrauen in die zuständigen Behörden, dass sie diese nunmehr bekannten, neuen Sachverhalte rasch und vollständig aufklären werden".
In der vergangenen Woche hatte die HSH Nordbank mitgeteilt. dass die Kosten für die milliardenschweren Bürgschaften ihrer Eigentümer die Bank tief in den roten Zahlen halten würden. Im ersten Halbjahr sei der Verlust allerdings auf 380 (Vorjahr: 619) Millionen Euro gesunken. Allein die Zehn-Milliarden-Garantie der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein kostete das Institut 303 (150) Millionen Euro. Das Ergebnis habe sich stärker verbessert als geplant und stimme zuversichtlich, erklärte die Landesbank. „Im zweiten Quartal konnten wir zum ersten Mal seit sieben Quartalen operativ – also vor Garantiekosten – ein positives Ergebnis ausweisen“, erklärte Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher. „Das ist ein wichtiger Meilenstein bei der Umsetzung der strategischen Neuausrichtung.“