Der Verteidigungsminister will das Thema nicht “verdruckst und verschwurbelt darstellen und fordert eine Afghanistankonferenz..
Berlin. Kurz vor seinem heutigen Antrittsbesuch bei der NATO in Brüssel hat der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) erneut deutliche Worte für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan gefunden: Er habe nicht vor, „das Thema Afghanistan gegenüber der Bevölkerung und den deutschen Soldaten verdruckst und verschwurbelt darzustellen“. Guttenberg hatte erst vor kurzem für Aufregung gesorgt, als er von „kriegsähnlichen Zuständen“ in Afghanistan sprach. Sein Vorgänger hatte das Wort „Krieg“ immer gemieden. Auch zum Truppenabzug bezog er Stellung: Sollten sich die Verhältnisse in Afghanistan nicht verbessern, werde die Frage des Abzugs aus Afghanistan politisch immer bedeutender, machte Guttenberg zudem in einem Interview des Magazins „Stern“ deutlich. „Die Sankt-Nimmerleins-Haltung ist politisch nicht mehr tragbar. Das Wort 'Exit-Strategie' nehmen wir nicht mehr nur verschüchtert in den Mund, wie noch vor ein, zwei Jahren“, sagte Guttenberg.
Er sprach sich darum für eine internationale Afghanistan-Konferenz aus. Diese müsse „sehr klare Ziele“ und auch klare Zeitvorgaben setzen, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. „Aus dieser Konferenz heraus wird man dann wahrscheinlich neue Schlüsse ziehen müssen. Aber wir beteiligen uns weiter an diesem Einsatz, und das nicht zu knapp“, sagte Guttenberg.
Die Entsendung weiterer Bundeswehrsoldaten an den Hindukusch wollte Guttenberg nicht kategorisch ausschließen. „Wenn wir die Zielsetzungen neu justieren müssen nach einer solchen Afghanistan- Konferenz, dann werden wir über unsere eigene Ausstattung und unsere eigenen Möglichkeiten auch neu nachzudenken haben.“ Wichtig sei jetzt, was die Amerikaner tun. „Da will ich erst mal verstanden haben, was das konzeptionell bedeutet“, so der Verteidigungsminister.
US-Präsident Barack Obama berät seit Wochen mit seinen Sicherheitsberatern über den künftigen Kurs und die Stärke der US-Truppen in Afghanistan. Der dortige US-Oberbefehlshaber Stanley McChrystal hat ihm zu einer Aufstockung um 40.000 Soldaten geraten. Der Fernsehsender CBS berichtete am Montag, dass Obama „vorläufig“ fast 40.000 Soldaten zusätzliche Soldaten nach Afghanistan schicken wolle. Die US-Zeitungsgruppe McClatchy meldete am Wochenende eine angebliche Aufstockung um 30.000 Soldaten. Eine endgültige Entscheidung Obamas wird aber nicht erwartet, bevor er Ende kommender Woche von einer Asien-Reise zurückkehrt.
Unterdessen gehen die Kämpfe in Afghanistan weiter. Bei einem Gefecht in der nordafghanischen Provinz Kundus ist heute ein deutscher Soldat schwer verwundet worden. Der Soldat schwebe aber nicht in Lebensgefahr, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos in Potsdam. Ein Sprecher der Bundeswehr in Kundus sagte, auch ein afghanischer Soldat sei verletzt worden. Angaben zu möglichen Opfern auf der Seite der Taliban bei den Kämpfen im Unruhedistrikt Char Darah südwestlich von Kundus-Stadt machte der Bundeswehr-Sprecher nicht. Distrikt-Gouverneur Abdul Wahid Omarchel sagte, Aufständische hätten ein deutsches Panzerfahrzeug mit einer Rakete beschossen. Es sei zu einem einstündigen Feuergefecht gekommen.