Eklat in Brüssel: Bei Frankreichs Präsident Sarkozy gingen die Sicherungen durch. Das bekam Premier Cameron zu spüren.
Brüssel. Eben noch waren sie gemeinsam in Libyen und genossen ihren Schulterschluss gegen die zögerlichen Deutschen um Kanzlerin Angela Merkel im Kampf gegen Diktator Muammar al-Gaddafi. Und dann kam der Euro-Krisengipfel – und die Nerven lagen blank. Bei Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sind nach langen Nächten, dem Erfolg seines Herausforderers Francois Hollande und dem neuen Baby mit seiner Partnerin Carla Bruni offenbar die Sicherungen durchgegangen. Wie der englische „Guardian“ in seiner Online-Ausgabe berichtet, soll Sarkozy den britischen Premierminister David Cameron wegen dessen Vorhaltungen in der Euro-Krise grob angeraunzt haben. „Sie haben eine gute Möglichkeit zum Schweigen verpasst“, pöbelte der Franzose laut und fügte dann hinzu: „Wir haben es satt, von euch kritisiert zu werden und uns sagen zu lassen, was wir zu tun haben. Ihr sagt, ihr hasst den Euro – und jetzt wollt ihr euch in unsere Verhandlungen einmischen.“
Bei dem Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs am Sonntag waren die wichtigsten Entscheidungen zur europäischen Schulden- und Finanzkrise auf einen zweiten Gipfel am Mittwoch vertagt worden.
Cameron hatte zuvor verlangt, dass Großbritannien und alle anderen EU-Länder, die Nichtmitglieder der Eurozone sind, am entscheidenden Treffen zur Euro-Rettung am Mittwoch in Brüssel teilnehmen können. Cameron, der die Politik der Eurozone in den vergangenen Wochen wiederholt scharf kritisiert hatte, steht innenpolitisch massiv unter Druck. Am Nachmittag wurde im britischen Unterhaus ein Abstimmung darüber erwartet, ob Großbritannien in einem Referendum über die Mitgliedschaft in der EU abstimmen soll. Die Abstimmung, die Cameron für falsch hält, wurde vom rechten Flügel seiner eigenen Partei, den britischen Konservativen initiiert.
Bis zu 100 Abgeordnete von Camerons Fraktion wollen sich hinter den Antrag stellen. Das Ansinnen gilt jedoch als chancenlos. Nicht nur die Mehrheit der Abgeordneten der Regierungskoalition aus Konservativen und Liberaldemokraten ist dagegen, auch die große Oppositionsfraktion der Labour-Partei hat sich im Vorfeld dagegen ausgesprochen. (dapd/dpa)