Durch Vereinfachung im Steuersystem sollen die Bürger um 500 Millionen Euro jährlich entlastet werden - wie, bleibt weiter offen.

Berlin. Vorerst bleibt offen, welche Änderungen bei der Steuer auf die Deutschen zukommen. Union und FDP haben noch keine gemeinsame Linie, wie das Steuersystem vereinfacht und die Mehrwertsteuer reformiert werden soll. Auch der Zeitpunkt von Steuerentlastungen bleibt im Ungefähren. Bundeskanzlerin Angela Merkel dementierte am Freitag in Berlin, dass die Koalition sich schon auf eine Einkommensteuerreform vor 2013 festgelegt habe.

In der Nacht zum Freitag hatten CDU, CSU und FDP stundenlang über die Steuerpolitik beraten. Ergebnis waren aber nur diverse Prüfverfahren und Arbeitsgruppen. „Die Koalitionsrunde hat gestern in sehr guter Atmosphäre das Verfahren festgelegt für die vor uns liegenden Entscheidungen“, sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe am Freitag in Berlin. Eine wichtige Festlegung gab es nur in einem Punkt: Auf Lebensmittel soll weiter der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent erhoben werden.

Die Koalition hat sich vorgenommen, das widersprüchliche System durchzuforsten, auf welche Waren der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent beziehungsweise der ermäßigte Satz erhoben wird. Laut Gröhe muss dies nun politisch entschieden werden. Vorbereiten soll dies eine Kommission unter Mitwirkung der Generalsekretäre von CDU, CSU und FDP. Eine Frist für eine Lösung setzte sich die Koalition aber nicht.

Etwas weiter ist das Verfahren bei den vor allem von der FDP betriebenen Vereinfachungen des Steuersystems. Zum Beispiel durch Rücknahme von Nachweispflichten und Begradigung von Pauschalen und Ausnahmen sollen die Bürger dabei um etwa 500 Millionen Euro jährlich entlastet werden. Diese Summe bekräftigten die Koalitionspartner. Doch ist Schwarz-Gelb nicht einig über die Einzelmaßnahmen. Die Entscheidung soll nun am 9. Dezember fallen.

Bis Februar will die Koalition geklärt haben, wie es mit den Gemeindefinanzen weiter geht. Die Union ist sich sicher, dass die Gewerbesteuer nicht abgeschafft wird, weil sich die Gemeinden dagegen sträuben. „Es kann nicht um ein kurzfristiges Ersetzen der Gewerbesteuer gehen“, sagte Gröhe.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte jedoch im RBB-Inforadio, die Reform der Gemeindefinanzen bleibe Streitpunkt zwischen Liberalen und Union. Nach Ansicht der Liberalen soll die Gewerbesteuer durch kommunale Anteile an der Einkommens-, Körperschafts- und Umsatzsteuer ersetzt werden. Dieser FDP-Vorschlag sei bei den Städten und Gemeinden aber noch nicht angekommen. „Die Gewerbesteuer ist ein Fremdkörper in unserem Steuersystem“, sagte Lindner.

Das Großthema Steuerentlastung will Schwarz-Gelb vorerst nicht anfassen. „Wir haben Klarheit in der Prioritätensetzung“, sagte Gröhe. „Erst kommt die Haushaltskonsolidierung, die absoluten Vorrang hat.“ Er fügte an: „Wir halten an der Entlastung für mittlere und kleine Einkommen fest, haben uns das aber ausdrücklich ohne Jahreszahl als Ziel vorgenommen.“

Zuvor hatten Berichte für Verwirrung gesorgt, eine Einkommensteuerreform sei vor 2013 geplant. CDU-Chefin Merkel sagte, eine „Zeitperspektive“ könne sie dazu augenblicklich nicht nennen. „Wir können die wirtschaftliche Entwicklung nicht voraussagen“, sagte Merkel.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier nannte die Ergebnisse der Koalitionsrunde ärmlich. „Aus dem Herbst der Entscheidungen, den die Kanzlerin angekündigt hatte, wird ganz offenbar eine Woche der Vertagungen“, sagte Steinmeier. Außerdem wüssten die Regierungspartner offenbar nicht, worauf sie sich geeinigt hätten.