Der Kandidat von SPD und Grünen liegt mit 42 Prozent in Umfragen vorn. Ehemalige DDR-Bürgerrechtler unterstützen seine Kandidatur.
Berlin. Joachim Gauck, der Kandidat von SPD und Grünen für das Amt des Bundespräsidenten, kommt einer Umfrage zufolge bei der Bevölkerung besser an als der Koalitions-Kandidat Christian Wulff (CDU). 42 Prozent der Bevölkerung würden nach Forsa-Umfrage für Gauck votieren, wenn sie den Bundespräsidenten selbst wählen könnten. Für den niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff würden nur 32 Prozent stimmen.
Wulff hat bei den Anhängern von CDU/CSU einen stabilen Sympathiewert von 61 Prozent, fällt aber schon bei FDP-Anhängern mit 42 Prozent Zustimmung deutlich ab. Gauck erzielt nach der vom "Stern" gestern veröffentlichten Erhebung hohe Werte im rot-grünen Lager, wobei die Sympathien bei den Grünen-Anhängern mit 75 Prozent deutlich höher ausfallen als bei den SPD-Anhängern mit 58 Prozent.
Zustimmung findet Gauck auch unter früheren Weggefährten. Namhafte ehemalige DDR-Bürgerrechtler veröffentlichten gestern in Leipzig einen Aufruf, in dem sie sich für Gaucks Wahl aussprachen. Keiner verkörpere den Geist der Freiheit mehr als Gauck. "Er ist Versöhner, Einheitsstifter und Mahner und wurde zu einer prägenden Gestalt der deutschen Politik." Gauck stehe auch nicht im Verdacht, sich politisch instrumentalisieren zu lassen. Zu den Erstunterzeichnern gehören ehemalige DDR-Regimekritiker wie Markus Meckel und aus Ostdeutschland stammende Historiker und Schriftsteller wie der Autor Uwe Tellkamp.
Auch der Chemnitzer Politikwissenschaftler Eckhard Jesse rät Bundeskanzlerin Merkel, ihren Kandidaten Wulff möglichst bald aus dem Rennen zu nehmen, und zwar "besser jetzt als drei Tage vor der Wahl". Gauck wäre "ein Schritt zur viel beschworenen inneren Einheit", sagte Jesse der Chemnitzer "Freien Presse".
In einem Interview mit dem "Stern" berichtete Gauck, er habe vor seiner offiziellen Nominierung aus Rücksicht auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kurz über einen Verzicht auf seine Kandidatur nachgedacht. Er habe gedacht, warum solle er jene ärgern, die ihm eigentlich nahestünden. Er habe den Gedanken aber verworfen: "Wenn du davon die Entscheidung abhängig machst, ist das ein wenig verspielt und ganz sicher unerwachsen", so Gauck.