Papandreou sieht dringende Notwendigkeit für Inanspruchnahme des Rettungsplans. Merkel: Stabilität des Euros „das Allerwichtigste“. Athen erwartet erstes Geld in einigen Tagen.

Athen/Berlin. Zur Bewältigung seiner dramatischen Finanzkrise hat Griechenland die Euro-Staaten und den Internationalen Währungsfonds (IWF) zu Hilfe gerufen. Finanzminister Giorgos Papakonstantinou erwartet erste Hilfsgelder bereits in einigen Tagen. Kanzlerin Angela Merkel verwies aber darauf, dass IWF und Europäische Zentralbank das griechische Sparprogramm als glaubwürdig erkennen müssten. Sie stellte in Berlin die Stabilität des Euros in den Vordergrund aller Maßnahmen.

„Der Moment ist gekommen“, sagte Ministerpräsident Giorgos Papandreou auf der Ägäis-Insel Kastelorizo. Sein Finanzminister bat in einem Schreiben an die Staaten der Euro-Gruppe, die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) um die Aktivierung des Rettungsplans. IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn kündigte an, man werde schnell auf die Anfrage reagieren. Auch die Bundesregierung sicherte Griechenland Solidarität zu.

Die Märkte hätten bislang nicht positiv auf die Sparmaßnahmen der griechischen Regierung reagiert, sagte Papandreou zur Begründung für den Hilferuf. Es sei nun eine „nationale und dringende Notwendigkeit“, die Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der Druck der Finanzmärkte, die hohe Zinsen für Kredite forderten, gefährde die griechische Wirtschaft.

Finanzminister Papakonstantinou erwartet, dass sein hoch verschuldetes Land bereits in den nächsten Tagen erste Hilfsgelder von den Eurostaaten und dem IWF erhalten wird. Es würden „mehrere Tage verstreichen“, bis Kredite abgerufen werden könnten, sagte der Minister.

Schäuble warnt vor überstürzter Finanzhilfe

Sein deutscher Kollege Wolfgang Schäuble warnte dagegen vor einer überstürzten Finanzhilfe für Griechenland. „Es ist nicht damit zu rechnen, dass in den kommenden Tagen weitergehende Entscheidungen zu treffen sind“, sagte Schäuble in Berlin. Bevor der Europäische Rat über Kreditzusagen befinden könne, müssten erst EZB und IWF entscheiden, dass die Situation für die „Ultima Ratio“ gegeben sei, sagte der CDU-Politiker. Die Verhandlungen liefen erst seit Mittwoch. „Das Ergebnis bleibt abzuwarten“, sagte Schäuble. „Wie lange das gehen wird, kann niemand sagen.“

Erst am Donnerstag war offenbar geworden, dass die griechische Schuldenkrise noch dramatischer ist als bisher bekannt. Die europäische Statistikbehörde Eurostat korrigierte das griechische Haushaltsdefizit für das Jahr 2009 auf 13,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nach oben. Experten erklärten danach, es werde nun immer wahrscheinlicher, dass Griechenland das Rettungspaket der übrigen Euro-Staaten und des IWF in Anspruch nehmen werde. Die neuen Zahlen führten auch dazu, dass die Ratingagentur Moody's die Kreditwürdigkeit Griechenlands von A2 auf A3 herabstufte. Das hat zur Folge, dass sich neue Darlehen für die Regierung verteuern.

Die übrigen Euro-Staaten und der IWF haben Griechenland zur Überwindung der Schuldenkrise Beistandskredite im Umfang von insgesamt 45 Milliarden Euro in Aussicht gestellt, die allerdings mit weiteren Sparauflagen verbunden werden könnten.

Westerwelle fordert von Griechenland rigorosen Sparkurs

Merkel, die am Freitag mit Papandreou telefoniert hat, nannte es wichtig, dass die Bundesregierung bei der Hilfe für Griechenland die Stabilität des Euros garantiere. Sie betonte, es gehe nicht um direkte Hilfen der Bundesregierung, „sondern um Garantien“. Merkel versicherte, Bundesregierung und Parlament unverzüglich über alle Schritte zu unterrichten.

Außenminister Guido Westerwelle ermahnte Griechenland zu einem rigorosen Sparkurs. Er sagte am Rande der Gremiensitzungen vor dem FDP-Parteitag in Köln: „Es reicht keine Kosmetik.“ Zum Antrag der Regierung in Athen auf ausländische Finanzhilfen sagte er: „Griechenland kann keinen Blankoscheck erwarten.“ Der Antrag sei noch lange keine Bewilligung.