Europa und IWF müssen Athen bis 2012 mindestens 135 Milliarden Euro Kredit geben. Bundeskanzlerin Merkel will schnelle Beschlüsse.
Berlin/Athen. Die Krise der Euro-Zone hat sich massiv verschärft. Nach Griechenland und Portugal stufte die Ratingagentur Standard & Poor's (S & P) am Mittwoch auch Spaniens Kreditwürdigkeit herab. Damit wächst die Angst vor einem Dominoeffekt, der auch noch andere schwächelnde Mitglieder der Euro-Zone in Finanznöte bringen könnte. Der Kurs des Euro fiel auf ein Zwölfmonatstief.
Schon für die Rettung des Pleitekandidaten Griechenland wird Deutschland wesentlich tiefer in die Tasche greifen müssen als bislang bekannt: Laut Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) benötigt das hoch verschuldete Euro-Land in diesem und den beiden nächsten Jahren insgesamt mindestens 135 Milliarden Euro Hilfskredite von der EU und vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Auf Deutschland würde eine Belastung von 25 bis 30 Milliarden Euro zukommen. "Ich kann nicht ausschließen, dass es ein höherer Betrag wird", sagte Brüderle.
Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou sandte einen dringenden Hilferuf an die Partnerstaaten: "Europa und die Euro-Zone müssen handeln, um das von der Krise ausgelöste Feuer zu löschen und ein Übergreifen auf das übrige Europa zu verhindern." Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, Deutschland werde sich "der Verantwortung nicht entziehen". Es gehe um die Stabilität der Euro-Zone insgesamt. Zugleich forderte Merkel nach einem Treffen mit IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn, die Verhandlungen schnell zu Ende zu bringen - doch sei auch Griechenland gefordert. Bundestag und Bundesrat sollen in der nächsten Woche das Gesetz über die Griechenland-Hilfe beschließen. Der Hilfskredit soll durch die staatliche KfW-Bank ausgezahlt werden.
Derzeit verhandeln der IWF und die Europäische Zentralbank (EZB) in Athen darüber, welchen Beitrag Griechenland selbst zur Stabilisierung seines maroden Staatshaushalts leisten muss. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte nach einem Gespräch mit Strauss-Kahn, es sei geplant, Griechenland drei Jahre lang "faktisch vom Markt zu nehmen". Die von IWF und EZB vorgeschlagene Lohnkürzung in der Privatwirtschaft lehnte der griechische Arbeitsminister Andreas Loverdos gestern ab. Die Streichung des 13. und 14. Monatsgehalts würde einen "desaströsen Effekt" haben, sagte er.
Der Chef des Münchner Wirtschaftsinstituts ifo, Hans-Werner Sinn, sagte gestern, er rechne nicht mit einer Rückzahlung der europäischen Nothilfen - eine Gefahr auch für deutsche Banken, die in griechische Staatsanleihen investiert haben. Allein die verstaatlichte Hypo Real Estate (HRE) besitzt solche Anleihen über 7,9 Milliarden Euro. Doch auch Kleinsparer könnten Geld verlieren, wenn sie Anteile von Fonds besitzen, die in griechische Staatsanleihen investiert haben.
In Portugal kündigte die Regierung gestern an, für 2011 geplante Sparmaßnahmen auf dieses Jahr vorzuziehen. Merkel sagte, sie sei "optimistisch", dass Portugal und Spanien ohne Hilfen durch die Krise kommen werden.