Berlin. 9.30 Uhr Das Bundeskabinett trifft sich im Kanzleramt, und schon bald geht es nur noch um ein Thema: Griechenland. Dort hat sich die Finanzkrise über Nacht noch einmal zugespitzt, nachdem Rating-Agenturen griechische Staatsanleihen auf Ramschniveau heruntergestuft haben. Die Zinsen, die das Land für seine kurzfristigen Staatsschulden zahlen muss, sind auf 18 Prozent gestiegen - ein Niveau, das Staaten kurz vor der Pleite erreichen. Zudem droht eine Kettenreaktion, weil das ebenfalls mit Defiziten kämpfende Portugal genauso ein weiteres Mal herabgestuft wurde.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erläutert dem Kabinett den straffen Zeitplan, mit dem sie die geplanten deutschen Notkredite für Griechenland bis zum 8. Mai durch Bundestag und Bundesrat peitschen will. Sie bittet ihre Kollegen um "maximale Flexibilität". Wahrscheinlich sei eine Sondersitzung am kommenden Montag nötig, um den Gesetzentwurf für die deutsche Griechenland-Hilfe zu beschließen.
Die Zeit drängt. Spätestens am 19. Mai droht Griechenland der Staatsbankrott, weil an diesem Tag Anleihen im Wert von neun Milliarden Euro zu bedienen sind. Aus eigener Kraft, das ist allen am Tisch klar, kann Athen das nicht mehr schaffen. Dann wäre die Stabilität der gesamten Euro-Zone in höchster Gefahr.
10.30 Uhr Angela Merkel bittet unmittelbar im Anschluss an die Sitzung einen kleinen Kreis zum vertraulichen Gespräch: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), den Außenminister und FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle, Vertreter des Justiz-, des Wirtschafts- und des Innenministeriums sowie Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU). Ziel: das weitere Vorgehen in der Griechenland-Krise im Detail abzustimmen. Der Regierungschefin liegt daran, dass sich die Koalitionsparteien angesichts der Turbulenzen an den Finanzmärkten auf einen einheitlichen Kurs verständigen. Auch Westerwelle signalisiert sein Einverständnis zu den Notkrediten. Er mahnt aber an, dass die damit verbundenen Sparauflagen an die Griechen gravierend sein müssen. Nur so könne verhindert werden, dass andere klamme Staaten der Idee verfallen, sich auf ähnliche Weise frisches Geld zu besorgen. Ein solcher Teufelskreis, auch darüber besteht Einigkeit, darf gar nicht erst in Gang kommen. Bevor irgendwelche Beschlüsse gefasst werden, will die Runde deshalb zunächst die Erkenntnisse des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank abwarten. Deren Experten prüfen vor Ort in Athen die Bücher und verhandeln mit der Regierung einen Drei-Jahres-Sparplan. Mit konkreten Ergebnissen wird für Sonntagabend gerechnet.
Aber schon jetzt wird immer klarer, dass die 45 Milliarden Euro, von denen bisher die Rede war, nicht reichen dürften, um Griechenland finanziell über Wasser zu halten. Nicht auszuschließen ist, dass auch die Bundesregierung den derzeit im Raum stehenden Betrag von 8,4 Milliarden Euro noch einmal aufstocken muss.
12.00 Uhr Im Finanzministerium an der Wilhelmstraße ist der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, eingetroffen. Er unterrichtet auf Einladung und im Beisein Schäubles die Vorsitzenden und Finanzexperten aller Bundestagsfraktionen über die gefährliche Lage. Ziel der Mission ist es, möglichst alle im Bundestag vertretenen Fraktionen von der Notwendigkeit der Hilfen zu überzeugen.
13.30 Uhr Dominique Strauss-Kahn, Präsident des Internationalen Währungsfonds, kommt mit dazu. Nur eine Teilnehmerin deutet nachher an, dass ihre Fraktion wohl mit Nein stimmen wird, wenn das Hilfspaket im Parlament zur Abstimmung kommt: Gesine Lötzsch von der Linkspartei.
17.00 Uhr Angela Merkel empfängt im "Informationssaal" des Kanzleramts die Chefs von IWF, OECD, ILO und WTO zu einem weiteren Krisentreffen.
"Deutschland wird seinen Beitrag leisten, um den Euro als Ganzes zu sichern", versichert die Kanzlerin ihren Gästen. Inzwischen wird mit mehr als 130 Milliarden Euro allein für Griechenland gerechnet. Am 10. Mai sollen die Länder der Euro-Zone bei einem Sondergipfel entscheiden.