Warum ein Kollaps Griechenlands die EU noch teurer käme
Hamburg. Die Berichte über die finanzielle Notlage Griechenlands werden immer dramatischer. Ein Hilfseinsatz der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist nicht mehr zu vermeiden. Doch um welchen Preis? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.
Das Hilfspaket für Griechenland wird voraussichtlich auf 135 Milliarden Euro aufgestockt. Wer trägt die Kosten?
Von den 135 Milliarden Euro müssten zwei Drittel durch die Europäische Union getragen werden.
Wird diese Summe ausreichen?
"Die Chancen stehen gut, dass die Summe ausreicht", sagt Gustav Horn, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). "Wichtiger als die Höhe der Summe ist die Klarheit des Signals." Die Europäische Union müsse dem Markt ein eindeutiges Zeichen geben, dass Griechenland zum gemeinsamen Markt gehört. Dann dürften sich die Spekulationen gegen Griechenland bald wieder beruhigen. Das bisherige Zögern der Politik sei kontraproduktiv gewesen. Es habe mit dazu beigetragen, dass Wetten gegen Griechenland attraktiver wurden und zur Panik beigetragen haben.
Sollten auch Banken bei den Zahlungen eingebunden werden?
Deutsche Banken sind die drittgrößten Gläubiger von Griechenland. Sie haben dem Land rund 43 Milliarden Euro geliehen. Nach Ansicht von Ökonomen sollten auch die Banken mit in die Pflicht genommen werden. Allerdings müsste dies maßvoll erfolgen. Es dürfe nicht dazu führen, dass die Geldinstitute gefährdet werden. Sonst droht eine neue Bankenpleitewelle. "Banken könnten zum Beispiel Zinsforderungen aussetzen, was Griechenland Luft verschaffen würde", sagt Horn. Dies würde zur Beruhigung beitragen.
Werden weitere europäische Länder ins Straucheln geraten?
Die Wirtschaftslage ist derzeit in vielen EU-Ländern prekär. Nach Griechenland könnten Portugal, Irland, Spanien und Italien folgen. Aber auch Übergriffe bis nach Deutschland sind nicht ausgeschlossen, meinen Ökonomen. Wichtig ist, so die einhellige Meinung, dass durch klares Handeln die Spekulanten ausgebremst werden. "Einen direkten Zusammenhang zwischen der Lage in Griechenland und in Portugal gibt es nicht, die Staatsschulden sind dort jeweils objektiv da", sagt Professor Henning Vöpel vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut. "Die Verbindung entsteht dadurch, dass die Finanzierungsbedingungen durch die Krise Griechenlands auch für andere Länder schwieriger werden. Die geplanten Hilfsmaßnahmen sind richtig, um die Refinanzierung der wirtschaftlich angeschlagenen Länder zu erleichtern."
Was bedeutet diese Lage für die Stabilität des Euro?
Der Euro verliert an Stärke. Die Euro-Abwertung ist für zahlreiche Unternehmen derzeit aber sogar willkommen. Insbesondere deutsche Exporte werden dadurch in ausländischen Märkten günstiger und damit attraktiver. Ein Auseinanderbrechen des Euro würde keinem Land etwas bringen, sondern nur schaden, meint Horn: "Das ist keine sinnvolle Option. Es wäre Selbstmord aus Angst vor dem Tode."
Welche Kontrollen sind wichtig, damit eine solche desolate Haushaltspolitik der Euro-Länder verhindert werden kann?
Die Europäer müssen künftig stärker auf ihre außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte achten. Sobald die Exporte deutlich unter den Importen liegen, droht jedem Land die Gefahr der Verschuldung. Die Maastricht-Kriterien zur Verschuldung sollten besser eingehalten werden. Ideal wäre eine Angleichung der Wirtschaftspolitik in den verschiedenen Ländern. Doch bis dahin ist der Weg noch lang.
Ist ein Austritt Griechenlands aus dem Euro-Raum sinnvoll?
Der Chef des IMK hält einen Austritt von Griechenland für "unverantwortlich". Griechenland wäre sofort pleite und würde in eine schwere Depression verfallen. Es besteht die Gefahr, dass Griechenland auch politisch instabil würde und zur Gefahr für Europa und den Balkan werden könnte. Auch Professor Vöpel vom HWWI vermutet, dass die Kapitalmarkt-Kosten für Griechenland nach einem Austritt aus dem Euro-Raum nicht sinken, "sondern eher deutlich steigen dürften".