Überraschung in Erfurt. Um ein rot-rot-grünes Bündnis zu ermöglichen, ist die Linke bereit, auf das Amt des Ministerpräsidenten zu verzichten.
Erfurt. Die Linke in Thüringen will auf das Ministerpräsidentenamt verzichten, sollten sich SPD, Grüne und Linke auf ein gemeinsames Regierungsbündnis einigen. Der Spitzenpolitiker der Linken, Bodo Ramelow, schlug am Donnerstagabend vor, dass „die drei Parteien gleichberechtigt einen Personalvorschlag machen“. Es sei klar, dass Thüringen damit bei der Bildung einer Koalitionsregierung politisches Neuland betrete. „Ich nehme mich in einer solchen Konstellation zurück.“ Die Linke stellt in dem Bündnis mit 27 Abgeordneten mit Abstand die stärkste Fraktion. SPD und Grüne haben bisher immer wieder erklärt, dass sie keinen Ministerpräsidenten der Linken wählen wollen.
Sein Vorschlag richte sich vor allem an die Grünen, deren Parteirat an diesem Freitag über die Aufnahme von Sondierungsgesprächen mit der Linken und der SPD entscheiden will, sagte Ramelow weiter. „Ich verstehe die Befürchtungen der Grünen, in der Mitte eines Sandwiches zerrieben zu werden und plädiere für eine neue Form der Politik.“ Für ihn seien die Grünen kein Juniorpartner oder eine Zählgemeinschaft. „Wir brauchen sie für politische Projekte, dass sie Akzente setzen.“
Er könnte sich vorstellen, dass sich die drei Parteien gemeinsam und gleichberechtigt auf eine Frau für das Ministerpräsidentenamt verständigten. Ein Bündnis von Linke, SPD und Grünen hätte im Landtag mit 51 der 88 Sitze eine deutliche Mehrheit. Die SPD verhandelt parallel auch mit der CDU über eine mögliche Koalition. Für ihn sei es dabei nicht wichtig, ob der gemeinsame Kandidat für das Ministerpräsidentenamt aus den Reihen der drei Parteien kommt. Er selbst würde in einer rot-rot-grünen Landesregierung gern das Schlüssel-Ressort Wirtschaft und Energie übernehmen, äußerte Ramelow. Zudem sei er bereit, „mit den anderen eine Vergangenheits-Debatte zu führen“. Er reagierte damit auf Vorbehalte vor allem der Grünen wegen zwei Stasi-belasteten Abgeordneten in der Landtagsfraktion der Linken.
Ihm gehe es um einen Politikwechsel und eine Regierung, „die fünf Jahre hält“, sagte der 53-Jährige. „Ich bin nicht wichtiger als das Projekt. Ich bin Teil des Projekts.“ Er würde sich wünschen, „dass sich auch andere zurücknehmen“. Indirekt forderte Ramelow damit den SPD-Vorsitzenden Christoph Matschie auf, seine Ambitionen auf das Ministerpräsidentenamt ebenfalls fallen zu lassen. Die beiden größeren Partner haben die Übernahme der Regierung an die Beteiligung der Grünen geknüpft. Ohne sie würde Rot-Rot nur über eine sehr knappe Mehrheit von einer Stimme verfügen. Ein Bündnis einschließlich der Grünen hätte im Landtag mit 51 der 88 Sitze eine klare Mehrheit.