In Thüringen streiten die Spitzenkandidaten von Linkspartei und SPD um das Amt des Ministerpräsidenten. Davon könnte Amtsinhaber Althaus profitieren.
Erfurt. Ginge es nach inhaltlichen Gemeinsamkeiten, wäre eine rot-rot-grüne Koalition in Thüringen wohl zügig vereinbart. Doch einen Tag nach der Landtagswahl erscheint ein solches Bündnis nicht sehr realistisch. Denn während die Linkspartei auf ihrem Anspruch auf das Ministerpräsidentenamt beharrt, bekräftigte die SPD einmal mehr, dass sie keinen linken Regierungschef ins Amt hieven wird. Die SPD wird in den kommenden Tagen ausloten, inwieweit eine Zusammenarbeit mit den Linken und der Grünen auf der einen Seite und der CDU auf der anderen Seite möglich ist. Ungeachtet der dramatischen Stimmenverluste der CDU deuten die Zeichen derzeit eher auf Schwarz -Rot.
Eigentlich könnte es recht harmonisch laufen zwischen Sozialdemokraten, Linkspartei und Grünen. Inhaltlich liegen alle drei Parteien bei wichtigen Themen wie ein längeres gemeinsames Lernen in der Schule oder Investitionen im Bildungsbereich dicht beieinander. So wollen SPD und Linke, dass die Schüler in Thüringen künftig bis zur achten Klasse zusammen lernen, die Grünen wollen dies bis zur neunten Klassen. Sowohl die SPD als auch die Linken wollen zudem 2000 zusätzliche Erzieher in den Kindertagesstätten einstellen.
Einigkeit besteht auch bei der Bekämpfung von Niedriglöhnen und beim Ausbau erneuerbarer Energien. SPD-Spitzenkandidat Christoph Matschie will Thüringen zum „grünen Motor“ Deutschlands machen, vor allem durch Förderung im Solarbereich. Die Linken haben ihrerseits einen „Masterplan für eine Energiewende in Thüringen“ vorgelegt, mit dem die Energieversorgung im Freistaat bis zum Jahr 2030 auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden soll. Differenzen wurden zwischen SPD und Linken vor allem beim Thema Hartz IV und in der Steuerpolitik deutlich.
Zwar will auch die CDU 1000 zusätzliche Kita-Erzieherinnen einstellen. In einer Koalition mit den Christdemokraten hätte die SPD allerdings große Probleme, ihre Visionen von einer ökologischen Industriepolitik umzusetzen. Auch mit ihrer Forderung nach einem gemeinsamen Lernen bis Klasse acht würden die Genossen bei den Christdemokraten wohl auf Granit stoßen, denn die CDU setzt weiterhin auf das gegliederte Schulsystem.
Auch um das persönliche Verhältnis zwischen dem noch amtierenden Ministerpräsidenten Dieter Althaus (CDU) und Matschie ist es nicht gerade zum besten bestellt. Das Schlimmste für Thüringen wären „fünf weitere verlorene Jahre mit einer Regierung Althaus“, erklärte der SPD-Landeschef noch vier Tage vor der Wahl und fügte hinzu: „Dieter Althaus ist ausgebrannt.“
Matschie und Linken-Spitzenkandidat Bodo Ramelow konnten dagegen bislang eigentlich ganz gut miteinander, auch wenn sie im Wahlkampf auch mal ruppige Töne anschlugen. Die Diskussion um die Ministerpräsidenten-Frage belastet das Verhältnis der beiden Spitzenpolitiker allerdings nachhaltig. Ramelow kritisierte am Montag erneut die Haltung der SPD und damit auch Matschie, der zwar mit den Linken koalieren würde, aber keinesfalls einen linken Ministerpräsidenten akzeptieren will. Die SPD müsse sich entscheiden, ob sie eine reformorientierte Politik machen wolle oder der CDU und Dieter Althaus „den Steigbügel halten will“, sagte Ramelow in einem Interview. „Wer stärker ist, lädt ein und schlägt vor. Christoph Matschie schlage ich nicht vor“, gibt Ramelow den eigenen Kurs vor.
Das Gerangel zwischen Linken und SPD um die Macht wird die nächsten wohl weitergehen. Die anstehenden Sondierungsgespräche könnten damit recht mühsam werden. Und Dieter Althaus, der große Verlierer der Landtagswahl, könnte am Ende als lachender Dritter dastehen. (HA, AFP, dpa)