Für viele Sozialdemokraten ist Oskar Lafontaine ein Trauma. Der ehemals mächtige SPD-Ministerpräsident des Saarlandes, ihr ehemaliger Parteivorsitzender, der sie 1998 wieder in die Regierung brachte und im Streit mit dem dann gewählten SPD-Kanzler Gerhard Schröder so schnell das Handtuch warf.
Berlin. Wie ein Schatten stand er noch lange hinter ihnen und dann seit vier Jahren als Fraktions- und Parteichef der Linkspartei vor ihnen im Bundestag. Seit gestern versucht er den Sozialdemokraten wieder Vorgaben zu machen, denn er ist mächtiger denn je. Aus dem Stand hat er als Spitzenkandidat in seiner Heimat Saarland mit der Linkspartei mehr als 20 Prozent geholt. So viel wie die Linkspartei auch in den beiden ostdeutschen Ländern Thüringen und Sachsen erzielte. Das gab es für die Linkspartei noch nie im Westen.
"Mit dem heutigen Abend können wir feststellen, dass wir Volkspartei im Osten wie im Westen geworden sind", sagte der Linke-Landeschef in Mecklenburg-Vorpommern, Peter Ritter. Die Linkspartei war 2005 aus dem Zusammenschluss der SED-Nachfolgepartei PDS und der Wahlalternativen Arbeit & sozialen Gerechtigkeit (WASG), der Lafontaine angehörte, entstanden. Ritter lobte Lafontaine. Neben seiner Popularität hätten aber auch die Inhalte viele Wähler überzeugt.
In Thüringen und im Saarland wäre für die Linke jetzt eine Regierungsbeteiligung möglich. Entsprechend selbstbewusst gab sich die Parteispitze um Lafontaine. "Die Linke ist im Aufwind", sagte Lafontaine. Die SPD auf Bundesebene müsse sich überlegen, ob sie sich immer wieder "von den Konservativen und der Boulevardpresse" treiben lasse, dass mit der Linken nicht zusammengearbeitet werden dürfe.
Der andere Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Gregor Gysi, jubelte: "Das ist ein wichtiger Tag in der Geschichte der Linken." Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch rief: "Wir sind heute eine von den drei Großen." Gysi aber sieht eine Zusammenarbeit mit der SPD noch skeptisch und schloss ein rot-rot-grünes Bündnis auf Bundesebene nach der Bundestagswahl aus. "Ich halte das nicht für real", sagte er. Das sei nur dann möglich, wenn die SPD sich "resozialisiere", sagte Gysi mit Blick auf die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Auch in der Außenpolitik gebe es Differenzen.
Dennoch ist Dietmar Bartsch sich sicher: "Der heutige Tag bringt uns richtig weiter nach vorne." Bisher lautete die Vorgabe für die Bundestagswahl "10 Prozent plus x", jetzt heißt es "10 Prozent plus XXL".