Der in Spanien gestohlene Dienstwagen von Ministerin Ulla Schmidt (SPD) ist wieder da. Unklar ist, wer ihn geklaut hatte.
Hannover. Der in Spanien gestohlene Dienstwagen von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) ist wieder aufgetaucht. „Der Dienstwagen ist wieder da“, sagte eine Sprecherin des Bundeskriminalamtes. Das Auto wurde in der Nähe von Schmidts Urlaubsort bei Alicante gefunden. Unklar ist weiterhin, wer den Mercedes der S-Klasse gestohlen hat.
Ministerin Schmidt erwägt jetzt nach Informationen des „Handelsblatts“, auf einen Platz im Schattenkabinett von Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier zu verzichten. Das Blatt meldete unter Berufung auf Parteikreise, Schmidt sei „im Gespräch mit den entscheidenden Personen“. Steinmeier will sein Team am morgigen Donnerstag vorstellen.
Schmidt hatte zuvor ungeachtet des Streits um die Nutzung ihres Dienstwagens im Urlaub breite Rückendeckung von der SPD erhalten. Auf einer Konferenz der SPD-Bundestagskandidaten in Hannover bezeichnete Parteichef Franz Müntefering die Ministerin als „gestandene Frau“. „Die wird das bestehen.“ Die Ministerin erwäge gleichwohl den Rückzug, um den ohnehin schwierigen Wahlkampf ihrer Partei nicht durch die fortwährende Debatte über ihre Dienstwagennutzung zu belasten, hieß es.
Unterdessen wurde bekannt, dass Schmidts persönliche Referentin am vergangenen Wochenende ebenfalls nach Denia flog, den Urlaubsort der Ministerin an der Costa Blanca. Die Frau war auf Aufnahmen zu sehen, die von einem Treffen der Ministerin mit deutschen Rentnern am Montagabend gemacht wurden. Das Gesundheitsministerium wollte sich dazu ebenso wenig äußern wie zu der Frage, ob weitere Mitarbeiter vor Ort waren oder anderen Details.
Schmidt steht in der Kritik, weil sie ihren Fahrer den Dienstwagen fast 2500 Kilometer von Berlin nach Spanien bringen ließ. Der Fahrer wurde dabei von seinem 15-jährigen Sohn begleitet. Der Fall wurde nur bekannt, weil die Limousine – ein Mercedes der S-Klasse – während des Urlaubs gestohlen wurde. Von dem Auto fehlte auch am Dienstag jede Spur. Der Bund der Steuerzahler bezifferte die Gesamtkosten der „Dienstreise“ – darunter auch Gehalt und Unterbringung des Fahrers - auf rund 9400 Euro. Dies ist weit mehr als vom Ministerium angegeben.
Eine Sprecherin Schmidts wies die Berechnung zurück. Das Bundesgesundheitsministerium werde dem Haushaltsausschuss des Bundestags und dem Bundesrechnungshof „alle erforderlichen Informationen vorlegen“. Am Vortag hatte das Ministerium betont, die Fahrt des Dienstwagens nach Spanien habe rund 500 Euro Benzin gekostet – so viel wie ein Mietwagen mit Fahrer an einem Tag. Schmidt hatte die Nutzung des Dienstwagens unter anderem mit zwei dienstlichen Terminen begründet, die allerdings ganz in der Nähe ihres Urlaubsortes waren.
Der Streit über die private Nutzung des Dienstwagens belastete auch den Wahlkampf-Auftakt der SPD. Wahlkampfleiter Kajo Wasserhövel sagte im Deutschlandfunk: „Dass der Dienstwagenklau nicht bei uns in der Terminliste mit drinstand, das können Sie mal unterstellen.“ Müntefering nahm die Ministerin in Hannover erneut gegen Kritik in Schutz. Schmidt werde den zuständigen Gremien im Bundestag „weitergehende Antworten“ geben. „Dann können alle Leute sich wieder in Realismus üben.“
Kanzlerkandidat Steinmeier ging in seiner Rede vor den etwa 400 sozialdemokratischen Bundestagskandidaten nicht auf die Vorwürfe ein. Der Außenminister rief seine Partei nach Teilnehmer-Angaben auf, trotz des klaren Umfragen-Rückstands zur Union den Kampf ums Kanzleramt nicht aufzugeben. „Wahlen werden nicht in Redaktionsstuben oder Umfrageinstituten entschieden, sondern durch die Wähler.“ Die Umfrageinstitute würden bei der Wahl am 27. September ein „neuerliches Debakel“ erleben. Für eine Koalition aus Union und FDP gebe es in Deutschland „keine Mehrheit“ Weiter warf Steinmeier der Union vor, mit einer „Einlullungsstrategie“ ohne klare Aussagen die Wahl gewinnen zu wollen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wolle sich „im Schlafwagen“ an der Macht halten.
Mit der Konferenz leitete die SPD die heiße Phase des Wahlkampfs ein. Das Treffen fand hinter verschlossenen Türen statt. Begründet wurde dies damit, dass es vor allem der Motivation dienen sollte. An diesem Mittwoch zieht sich die SPD-Führung zu einer Klausur nach Potsdam zurück. Dort will Steinmeier am Donnerstag sein „Regierungsteam“ präsentieren.
Im Unterschied zu den Bundesministern ist es den Regierungsmitgliedern der Länder verboten, einen Dienstwagen im Auslandsurlaub zu benutzen und nur den geldwerten Vorteil zu versteuern. In den meisten Ländern dürfen die Ressortchefs mit ihrem Wagen zwar privat ins Ausland fahren, müssen dies aber aus eigener Tasche bezahlen, wie eine dpa-Umfrage ergab. Besonders strenge Maßstäbe legen die Stadtstaaten Berlin und Bremen an: Dort sind private Auslandsfahrten generell nicht erlaubt.