Gesundheitsministerin Ulla Schmidt ist raus. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier verzichtet auf sie wegen der Dienstwagenaffäre.
Hamburg. Die SPD hat erste Konsequenzen aus der „Dienstwagen-Affäre“ von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt gezogen: Als einzige sozialdemokratische Bundesministerin ist sie im Wahlkampf-Team von Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier nicht dabei. Der Verzicht gelte so lange, bis alle Vorwürfe durch den Bundesrechnungshof „vollständig aufgeklärt“ sind, gab Steinmeier am Mittwoch am Rande einer SPD-Klausurtagung in Potsdam bekannt. Ministerin will Schmidt jedoch bleiben.
Unterdessen wurden weitere Details zur Zusammensetzung des SPD- „Schattenkabinetts“ bekannt, das an diesem Donnerstag offiziell präsentiert wird. Trotz des vorläufigen Abschieds der Gesundheitsministerin aus dem Team setzt Steinmeier nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa auf auffällig viele Frauen. Mit dabei sind neben den anderen amtierenden Bundesministerinnen SPD-Vize Andrea Nahles, die Bundestagsabgeordnete Ulrike Merten und die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig. Krisengespräch mit Steinmeier
Schmidt beriet unmittelbar nach ihrem Rückkehr aus dem Spanien- Urlaub in einem Krisengespräch mit Steinmeier. Anschließend teilte der Außenminister mit: „Wir sind übereingekommen, dass sie so lange nicht Mitglied dieses Teams sein wird, bis die Vorwürfe nicht vollständig aufgeklärt sind.“ Die erforderlichen Unterlagen seien bereits beim Bundesrechnungshof. Er hoffe, dass dort „sehr schnell eine entsprechende Begutachtung erstellt wird“.
Eine Stunde später meldete sich Schmidt selbst zu Wort. Sie beteuerte erneut, dass die Nutzung des Wagens im Spanien-Urlaub den Vorschriften entsprochen habe. „Ich habe für alle nachvollziehbar dargelegt, dass der sparsame Umgang mit Steuergeldern für mich eine Selbstverständlichkeit ist.“ Zugleich bezeichnete sie sich als Opfer einer Kampagne: „Ich werde alles tun, dass diese Kampagne auch nicht den Wahlkampf der SPD beeinträchtigt.“ Gestohlener Dienstwagen wieder da
Unterdessen ist dervergangene Woche gestohlene Dienstwagen wieder aufgetaucht. Die Limousine – ein Mercedes der S-Klasse – wurde in der Nähe von Valencia von der Guardia Civil sichergestellt. Von den Tätern, die Schmidts Fahrer in der Nacht den Schlüssel gestohlen hatten, fehlte jedoch weiterhin jede Spur. Nach Angaben der Gesundheitsministerin wurde ihr Fahrer, der im Urlaub mit dabei war, bei dem Einbruch mit „Nervengas“ betäubt.
Die Kosten für die Fahrt nach Spanien beziffert das Gesundheitsministerium inzwischen auf 3200 Euro – deutlich mehr als die anfangs genannten 500 Euro. In einem Brief an den Haushalts- Ausschuss des Bundestages begründete Staatssekretär Klaus Theo Schröder den Einsatz damit, dass die für die Ministerin notwendige „Büromindestausstattung“ nach Spanien transportiert werden musste. Bei einem Verzicht auf den Dienstwagen und die Beförderung von Drucker, Computer und Papier per Flugzeug und Anmietung eines Autos vor Ort wären Kosten von etwa 3700 Euro entstanden.
Auffällig viele Frauen in Steinmeier-Team Die Affäre belastet weiterhin den Start der SPD in den Wahlkampf. Offen blieb, ob Schmidts Platz im „Regierungsteam“ nun von jemand anders eingenommen wird. SPD-Vize Nahles wird darin für Bildungspolitik zuständig sein. Die erst 35 Jahre alte Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Schwesig, kümmert sich um Familienfragen. Die Bundestagsabgeordnete Merten – Vorsitzende des Verteidigungsausschusses – übernimmt den Bereich Verteidigung. Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann übernimmt den Gegenpart zu Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Neue Umfrage: SPD bei 23 Prozent
In allen Umfragen liegt die SPD acht Wochen vor der Bundestagswahl klar hinter dem Koalitionspartner CDU/CSU zurück. Nach einer neuen Forsa-Umfrage käme sie derzeit nur auf 23 Prozent. Die Union kletterte mit 38 Prozent auf ein neues Jahres-Hoch. Die FDP hingegen liegt auf einem Tief von 13 Prozent. Trotzdem hätte eine schwarz- gelbe Koalition damit eine Mehrheit von 51 Prozent. Die Grünen liegen bei 12 Prozent, die Linkspartei bei 9 Prozent. Auch im direkten Vergleich mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) liegt Steinmeier weit hinten.