Nach Knie- und Hüftoperationen gibt es die meisten Beschwerden. In 1800-mal war Ärztepfusch nachweisbar, der zur Entschädigung führte.
Berlin/Hamburg. Das Knie schmerzt trotz Operation. Die Hüfte zwickt obwohl ein neues Gelenk ihr mehr Beweglichkeit verleiht. Und die Rückenschmerzen sind trotz Bandscheibenoperation noch immer höllisch. Das sind die häufigsten Beschwerden von Patienten, die einen Kunstfehler oder sogar Ärztepfusch vermuten. Die Bundesärztekammer hat jetzt eine Statistik zu 7355 Fällen vorgelegt, in denen Patienten Zweifel an ihren Ärzten hatten – ob im Krankenhaus oder in der Praxis. Die Gutachter der Bundesärztekammer haben in knapp 30 Prozent der Fälle Behandlungsfehler festgestellt. Das konnte ein Makel sein, der sich leicht wieder beheben ließ, eine schlechte Wundversorgung, schon eine falsche Diagnose oder gar ein bleibender Schaden durch einen Ärztefehler. Bis hin zum Tod des Patienten führten in wenigen Fällen Fehler von Deutschlands Medizinern.
Doch die Ärzte verstärken ihre Bemühungen um Sicherheit und Qualität. „Wer Fehler vermeiden will, muss wissen, wo sie passieren. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass sich in der Medizin in den vergangenen Jahren eine neue Kultur im Umgang mit Fehlern etabliert hat. Wir Ärztinnen und Ärzte dokumentieren Fehler und Beinahe-Fehler, wir analysieren mögliche Ursachen und wir entwickeln Strategien zur Vermeidung von Fehlern“, sagte Dr. Andreas Crusius, der Vorsitzende der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen. Bei der Vorstellung der Behandlungsfehler-Statistik 2010 wurde bekannt, dass die häufigsten Diagnosen, die zu Behandlungsfehlervorwürfen führten, wie in den Vorjahren Knie- und Hüftgelenkarthrosen sowie Unterarm-, Unterschenkel- und Sprunggelenksfrakturen waren.
In 1821 Fällen wurde ein Behandlungsfehler als Ursache für einen Gesundheitsschaden ermittelt, der sogar einen Anspruch des Patienten auf Entschädigung begründete. Positiv: Die Zahl der nachgewiesenen Fehler bei der Behandlung von Brustkrebs im niedergelassenen Bereich wurde in den vergangenen fünf Jahren fast halbiert (29 Fälle). In den Krankenhäusern stieg die Zahl der nachgewiesenen Fehler bei Kniegelenkarthrose (52 Fälle in 2010) und Unterarmfrakturen (57 Fälle in 2010) leicht an. Insgesamt beschwerten sich 11.016 Patienten bei den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärzte. Im Jahr zuvor waren es 44 weniger.
Nach Auskunft der Ärzte wird jeder vierte aller vermuteten Arzthaftungsfälle in Deutschland durch die Schlichtungsstellen der Ärztekammern bewertet. Die seit 1975 bei den Ärztekammern eingerichteten Stellen bieten eine Begutachtung durch unabhängige Experten und außergerichtliche Streitschlichtung bei Behandlungsfehlervorwürfen an. Der Patient kann – gebührenfrei – überprüfen lassen, ob sein Behandlungsfehlervorwurf gerechtfertigt ist. In neun von zehn Fällen würden die Entscheidungen der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen von beiden Parteien akzeptiert und die Streitigkeiten beigelegt. (ryb/abendblatt.de)