Im Bild der Öffentlichkeit schwebt die Leistung deutscher Ärzte zwischen Hightech-Medizin im Operationssaal und dem Pfusch am lebenden Objekt, dem Patienten. Beides sind platte Klischees. Gute Medizin ist gutes Handwerk. Und hierzulande ist die Ärzteschaft der internationalen Spitze näher als dem Mittelmaß.
Mal abgesehen vom Fehlverhalten Einzelner, von falschen Titeln, falschen Approbationen und falschen Diagnosen: Diversen Webfehlern im real existierenden Gesundheitssystem ist es geschuldet, dass bei Operationen selten, aber auffällig geschludert wird. Jeder Fall ist einer zu viel.
Bei Eingriffen am Fließband, überlangen Arbeitszeiten, bürokratischen Dokumentationspflichten und mittelmäßiger Bezahlung sind Fehler programmiert. Zudem gibt es zu viele Infektionen in Krankenhäusern. Und auch hier hat die "sprechende Medizin" keinen Raum, findet keine "Zeitfenster" im minutiös durchgeplanten Klink-Alltag.
Wie andere Top-Häuser sind die meisten Hamburger Kliniken mit ihren öffentlichen Qualitätsberichten auf dem richtigen Weg. Missgriffe müssen penibel dokumentiert werden. Dass eine Kultur der Offenheit gegenüber eigenen Fehlern erst noch entstehen muss, ist unübersehbar. Das kann die Ärzteschaft von erfolgreich funktionierenden Teams aus der Wirtschaft lernen.
Die feste Hackordnung eines früher einmal elitären Berufsstandes verhindert bisweilen noch heute, dass auch Professor Koryphäe einen Missgriff zugibt. Wie sollen da die Berufsanfänger, die Grünschnäbel am OP-Tisch, den professionellen Umgang mit Fehlern lernen?
Möglicherweise hilft jetzt das öffentliche Eingestehen von Versäumnissen, aus dem Tabu Kunstfehler eine neue Stärke der Ärzteschaft zu machen. Nämlich indem man den Patienten signalisiert: Wir haben verstanden.