Stimmen Sie ab auf abendblatt.de: Kann der umstrittene Minister Karl-Theodor zu Guttenberg nach seinem Bundestags-Auftritt im Amt bleiben?

Hamburg/Berlin. Die Universität Bayreuth wird Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vermutlich noch an diesem Mittwoch die Doktorwürde aberkennen. Doch einen Rücktritt lehnt Guttenberg nach wie vor ab. Das machte er auch noch einmal in der Aktuellen Stunde des Bundestages deutlich. Auch wenn er erneut Fehler in seiner Doktorarbeit eingeräumt hat und sich entschuldigte, geriet die Fragestunde zum nie dagewesenen Kreuzverhör. Er habe eine „offensichtlich sehr fehlerhafte Doktorabeit geschrieben“, sagte er. Den Vorwurf einer Täuschung wies Guttenberg erneut zurück. „Ich habe mehrfach gesagt, dass ich diese Doktorarbeit persönlich geschrieben habe“, betonte er.

Nach SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier forderte auch Linken-Fraktionsgeschäftsführerin Dagmar Enkelmann Guttenbergs Rücktritt. Die Hamburger Grünen-Politikerin Krista Sager sagte: „Sie können uns nicht erzählen, dass Sie nicht wissen, was Sie tun.“ SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, Guttenberg könne als „Hochstapler und Lügner" nicht weiter im Kabinett bleiben. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte mit Blick auf den Roman von Thomas Mann über den Hochstapler Felix Krull: „Frau Bundeskanzlerin, die Bundeswehr darf nicht mehr von einem Felix Krull kommandiert werden. Entlassen Sie Herrn Dr. zu Guttenberg.“

Guttenberg wandte sich gegen Vorwürfe, er habe verschleiern wollen, Papiere des Wissenschaftlichen Dienstes im Bundestag für seine Arbeit benutzt zu haben. „Da ich die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste in den wissenschaftlichen Kontext meiner Arbeit eingestellt und reflektiert habe, sah ich meine Arbeit als vom Zitatrecht des Urheberrechts umfasst an.“ Er gestand aber zwei Verwechslungen ein. In einem Fall habe er seine eigenen Bleistiftkritzeleien nicht mehr lesen können. Er sagte, er akzeptiere den Vorwurf, dass Teile der Arbeit nicht dem wissenschaftlichen Kodex entsprächen.

Er verwies auf seine Mehrfachbelastung durch Beruf, wissenschaftliche Arbeit und Familie: „Ich war sicher so hochmütig zu glauben, dass mir die Quadratur des Kreises gelingt.“ Er müsse nun feststellen, dass ihm das nicht gelungen ist. „Dazu stehe ich auch. Ich glaube, das ist kein Grund zur Häme.“ Erwarb um Verständnis und gab sich im Parlament menschelnd.

+++ Lesen Sie hier die Fragen der Abgeordneten und die Antworten Guttenbergs +++

Guttenberg hatte die Plagiatsvorwürfe vor einer Woche erst als „abstrus“ zurückgewiesen. Erst später gestand er „gravierende Fehler“ in seiner Arbeit ein und erklärte, er wolle auf seinen Doktorgrad dauerhaft verzichten.

Die Uni Bayreuth wird Guttenberg womöglich bereits an diesem Mittwoch den Doktortitel aberkennen. Dies erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus der über die Aberkennung beratenden Promotionskommission der Universität. In jedem Falle sei davon auszugehen, dass der Titel noch im Laufe dieser Woche aberkannt werde. Der Bayreuther Jura-Professor Diethelm Klippel wies derweil eine Darstellung eines ehemaligen Bundeswehroffiziers zurück, Guttenberg habe den Doktortitel zu früh geführt. Guttenberg habe am 27. Februar 2007 seine mündliche Prüfung abgelegt und danach – was üblich sei – den Antrag auf vorzeitiges Führen des Titels gestellt, sagte Klippel.

Nachdem er einen Vertrag mit dem Verlag, der die Arbeit später veröffentlichen wollte, vorlegen konnte, sei diesem Antrag stattgegeben worden. Ab dem 7. Mai 2007 habe sich Guttenberg Doktor nennen dürfen. Nachdem er dann am 28. Januar 2009 die Pflichtexemplare der Arbeit vorgelegt habe, habe er den Titel dauerhaft führen dürfen.

Die Union will einen Schlussstrich unter die Doktortitel-Affäre ziehen. CSU-Landesgruppengeschäftsführer Stefan Müller forderte ein Ende der Debatte. „Ich finde, politisch ist diese Angelegenheit erledigt“, sagte er im ZDF. Guttenbergs Kabinettskollegin Ursula von der Leyen (CDU) meinte allerdings, dass Guttenberg noch nicht ganz über den Berg sei. „Jetzt hat er als Person eine schwierige Lage zu bewältigen“, sagte sie der „Rheinischen Post“. „Wie er sich den Vorwürfen stellt und reinen Tisch macht, wird mit darüber entscheiden, welches Bild sich die Menschen von ihm als Politiker machen.“

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, sieht in der Plagiatsaffäre von Verteidigungsminister Guttenberg auch ein mahnendes Beispiel für Schüler. „Im Fall von ,KT' können wir Lehrer zu unseren Schülern klipp und klar sagen, da seht ihr, was herauskommt, wenn ihr schummelt, dann wird euch die Leistung aberkannt und ihr steht dumm da“, sagte Kraus der Online-Ausgabe des „Handelsblatts“.

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Oberst Ulrich Kirsch, sieht den Ruf von Verteidigungsminister Guttenberg durch die Plagiatsvorwürfe auch in der Bundeswehr als beschädigt an. In der Truppe sei „etwas ordentlich angekratzt, das ist gar keine Frage“, sagte Kirsch im Bayerischen Rundfunk. Die Vorwürfe seien zwar bei den Soldaten im Auslandseinsatz weniger ein Thema, dafür aber umso mehr bei den in Deutschland stationierten. „Da wird der Kopf geschüttelt nach dem Motto: hat das jetzt auch noch sein müssen.“ Schon bei den Vorfällen auf der Gorch Fock sei das Krisenmanagement nicht überzeugend gewesen.

Mit Material von dpa und AFP