Verteidigungsminister zu Guttenberg wird beim ersten öffentlichen Auftritt gefeiert und will den Doktortitel nicht mehr führen.
Kelkheim. Zehn Minuten müht sich die Blaskapelle mit dem "Bayerischen Defiliermarsch", aber erst mit seinem Lieblingssong "Hells Bells" von AC/DC zieht Bundesverteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) in die Kelkheimer Stadthalle ein. Alles soll normal aussehen, wie immer bei einem Auftritt der großen Unionshoffnung. Doch dieser Abend ist nicht normal.
Dabei hat der wegen seiner Doktorarbeit von Plagiatsvorwürfen gebeutelte Minister vor 900 begeisterten CDU-Anhängern ein Heimspiel bei diesem ersten öffentlichen Auftritt seit Beginn der Affäre. "Seien Sie versichert, dass wir zu Ihnen stehen", sagt Thomas Horn, der CDU-Bürgermeister des Taunusstädtchens nahe Frankfurt.
Dann kommt der prominente Gast - nach einigen Windungen - auf das Thema zu sprechen, auf das alle warten. Vor so einem Publikum spreche er lieber über die Vorwürfe als nur vor der Presse, sagt er. Wer gedacht habe, dass er sich vor dem Auftritt drücken werde, habe sich geirrt. "So weit kommt's noch!", sagt er empört.
Mal gibt Guttenberg den Zerknirschten, mal reißt er Witze über seine Krise. "Hier oben steht das Original, kein Plagiat", sagt er. "Ich bin nicht als Selbstverteidigungsminister gekommen." Als er seine Dissertation jetzt erneut gelesen habe, seien ihm Fehler aufgefallen. "Ich stehe auch zu dem Blödsinn, den ich geschrieben habe." Aber: "Ich habe die Fehler nicht bewusst gemacht, habe nicht getäuscht." Er habe sechs bis sieben Jahre an der Promotion geschrieben: "Möglicherweise habe ich an ein oder anderer Stelle den Überblick über die Quellen verloren."
Die Hauptbotschaft des Abends lässt zu Guttenberg indes etwas im Vagen. Er werde den Doktortitel nicht mehr führen, sagt er mehrfach. Am vergangenen Freitag hatte er noch betont: vorübergehend, bis die Universität Bayreuth seine Doktorarbeit geprüft habe. Das Wort vorübergehend fehlt diesmal. Damit ist endgültig klar: Der Titel ist nicht mehr zu retten.
Als der Minister die Stadthalle schon wieder verlassen hat, wird bekannt, dass er die Universität gebeten hat, den Doktortitel zurückzunehmen. Begründung: "gravierende, handwerkliche Fehler" in der Dissertation. Die Universität weist darauf hin, sie sei dennoch verpflichtet, die Rechtmäßigkeit der Arbeit zu prüfen.
Doch das interessiert die CDU-Anhänger in Kelkheim offensichtlich wenig - das Publikum feiert Guttenberg dennoch. Der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch ist zum Zuhören nach Kelkheim gekommen, sein Nachfolger Volker Bouffier stärkt dem Minister den Rücken. Mit Wind von vorn habe die Hessen-CDU Erfahrung, sagt er. "Wir haben immer gestanden." Beifall. Zu Guttenberg sei "eine der herausragenden Persönlichkeiten in der deutschen Politik", sagt Bouffier. "Wir wollen, dass das so bleibt." Großer Beifall. Der Bundeswehrkommandeur in Afghanistan habe erklärt, man stehe zum Oberkommandierenden zu Guttenberg. Lautstarker Beifall.