Hittfeld. Denkmal-Ensemble um legendäres Gasthaus wird nach jahrelanger Hängepartie herausgeputzt. Wie es in Hittfelds Mitte dann weitergeht.
- Traditionsgasthaus „Zum 100-Jährigen“ wartet seit Jahren auf Neueröffnung
- Gasthaus, Destille und Scheune werden nun denkmalgerecht saniert
- Millionenprojekt „Neue Mitte Hittfeld“: Discounter-Neubau und Wohnungen geplant
Es ist wohl die Baustelle, die in Hittfeld derzeit für die meiste Aufmerksamkeit sorgt: Die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäude-Ensembles an der Harburger Straße schreitet sichtbar voran. Nachdem das Traditionsgasthaus „Zum 100-Jährigen“ bereits im Sommer ein neues Reetdach erhalten hat, wird nun die daneben gelegene Scheune neu eingedeckt.
Die aufwendige Erneuerung der jahrhundertealten Gebäude ist Teil der Planung für die „Neue Mitte Hittfeld“. Bis zum Sommer 2025 soll die Sanierung abgeschlossen sein, bis Ende 2026 sollen auf der angrenzenden Fläche ein Neubau für einen Discounter und Wohnungen sowie die Erweiterung des Edeka-Marktes stehen.
„Zum 100-Jährigen“: Hittfelder Gasthaus soll im Sommer 2025 wieder schön sein
Bei einem Besuch auf der Baustelle wird deutlich, welches Mammutprojekt hier in Gang ist. Eine der größten Herausforderungen ist der Denkmalschutz. Rund ein Jahr habe die Abstimmung mit dem Amt gedauert, sagt Projektleiter Jörg Ruschmeyer von der Firma May & Co., in deren Hand die Neugestaltung des Areals liegt. „Wir haben jedes kleine Detail besprochen, das war hoch kompliziert.“
Das Dach des Gebäudes, in dem die Brüder Tim, Maximilian und Felix Becker das Gasthaus wiedereröffnen werden, ist weitgehend fertiggestellt. Eine Ecke, von der alte Dachpfannen entfernt wurden, wird noch mit Reet gedeckt. Dann wird auch der First aus Heidekraut abgeschlossen. Im nächsten Schritt wird das Fachwerk des Gebäudes erneuert und die Fenster ausgetauscht. Die Holzfassade des Anbaus hat vor Kurzem einen neuen Anstrich erhalten.
Bäcker Schrader eröffnet Filiale in der sanierten Scheune
Im Mittelpunkt der Arbeiten steht nun die gegenüberliegende Scheune. Hier will die Bäckerei Schrader aus Apensen eine Filiale eröffnen. Noch herrscht jedoch Baustellenbetrieb: Auf dem einstigen Sandboden wurde Estrich aufgebracht, einige Deckenbalken wurden erneuert oder durch Metallschienen gestützt. Die Rückwand – zuvor als Garageneinfahrt genutzt – wird neu gebaut.
Und doch lässt sich der künftige Innenraum schon gut erahnen. Jörg Ruschmeyer deutet an die rechte Seitenwand: „Dort kommt die Küche und der Verkaufstresen hin.“ Auf der langen linken Seite können Kunden in Zukunft bei Kaffee, Kuchen oder Frühstück an Tischen sitzen. Zudem gibt es eine Art Empore, in diesem erhöht liegenden Raum entstehen ebenfalls Sitzmöglichkeiten. Beheizt wird das Gebäude durch eine neue Erdwärmepumpe, im Gasthaus wird dagegen eine Gasheizung installiert.
Böse Überraschungen bei Sanierung des Denkmals
Am Dach der Scheune waren eigentlich keine größeren Arbeiten vorgesehen. Beim Blick auf die Substanz gab es jedoch unschöne Überraschungen. Der Vorbesitzer habe das beschädigte Reetdach einst nicht ausgetauscht, sondern mit einer weiteren Schicht überdeckt, sagt Ruschmeyer. „Dadurch war der Dachstuhl so überlastet, dass wir einen neuen bauen mussten.“
Das allein wäre schon aufwendig gewesen, die beschädigten Balken mussten durch neue dicke Baumstämme ersetzt werden. Hinzu kam: Die alten Balken mussten, sofern sie nicht verrottet waren, erhalten bleiben – aus Gründen des Denkmalschutzes, wie der Projektleiter erklärt. „Wir haben also einen neuen Dachstuhl direkt unter den alten gebaut.“
Gasthaus und Scheune sollen im Sommer 2025 fertiggestellt sein
Zurzeit versehen Handwerker das Dach der Scheune mit neuem Reet, in etwa vier Wochen sollen die Arbeiten Ruschmeyer zufolge abgeschlossen sein – vorausgesetzt, es bleibt trocken. Wenn alles nach Plan läuft, sollen das Gasthaus, die dazugehörige Destille sowie die Scheune im kommenden Juli oder August fertiggestellt sein.
Zuletzt hatten die Becker-Brüder noch auf eine Eröffnung des „100-Jährigen“ zu Ostern 2025 gehofft. Wann genau hier wieder die legendären Bratkartoffeln serviert werden, steht noch nicht fest.
Arbeiten für Discounter-Neubau und Edeka-Erweiterung könnten noch dieses Jahr starten
Die Bauarbeiten für die Einkaufsmärkte sollen ebenfalls bald starten, wenngleich es auch hier Verzögerungen gegeben hat. Die Abrissarbeiten – unter anderem wurden vier Wohnhäuser und ein früheres Schlachthaus abgerissen – sind abgeschlossen, das Baufeld vorbereitet.
Da ein Teil der Fläche einst als Mülldeponie genutzt wurde, ist eine Pfahlgründung erforderlich. „Damit können wir eventuell noch in diesem Jahr beginnen“, sagt Ruschmeyer. Auf dieselbe Weise hat das Unternehmen vor etwa 20 Jahren den bestehenden Markt von Edeka Meyer gebaut.
Zehn Wohnungen entstehen auf Discounter-Neubau
Der Supermarkt erhält durch den geplanten Anbau eine zusätzliche Verkaufsfläche von 1000 Quadratmeter. Links daneben entsteht der Neubau für einen Discounter mit 370 Quadratmeter Verkaufsfläche. Ob, wie bislang vorgesehen, Aldi in das Gebäude einziehen wird, ist dem Projektleiter zufolge jedoch noch nicht sicher. Dies entscheide sich in Kürze.
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In den oberen Geschossen entstehen zehn Wohnungen mit jeweils drei Zimmern. Sie gehen über zwei Ebenen und haben eine Größe von 70 bis 85 Quadratmeter. Die Giebelbauweise soll sich harmonisch ins Ortsbild einfügen, das rückwärtige Flachdach auch als Dachterrasse genutzt werden. Die Neubauten will May & Co. Ende 2026 an die künftigen Mieter übergeben.
Neue Mitte Hittfeld: Seit Jahren geplant, jetzt erst wird gebaut
Die Neugestaltung der Hittfelder Mitte ist bereits seit mehr als einem Jahrzehnt in Planung. Vor zehn Jahren kaufte das Unternehmen May & Co. das Grundstück rund um das Traditionsgasthaus „Zum 100-Jährigen“ und erhielt den Zuschlag für sein Konzept, das denkmalgeschützte Ensemble zu sanieren sowie Neubauten für Wohnen und Einkaufen zu schaffen. Die „Neue Mitte Hittfeld“ sollte wieder mehr Leben ins Zentrum des Seevetaler Ortsteils bringen.
Jetzt wird diese Vorstellung langsam Wirklichkeit, zumindest für das historische Gebäude-Trio. Nachdem das Gasthaus jahrelang leerstand, die Scheune zwischenzeitlich mit einer schützenden Plane abgedeckt war und sich ansonsten kaum etwas auf dem Gelände tat, war die Sorge in Hittfeld groß, dass das Ensemble unsaniert verfallen könnte.
Millionenprojekt: Hittfelds Mitte um den „100-Jährigen“ wird neu gestaltet
Die Kosten für das Großprojekt für Hittfelds neue Mitte haben die 20 Millionen Euro mittlerweile überschritten, auch wegen der unvorhergesehenen zusätzlichen Arbeiten an Gasthaus und Scheune. „Das ist nicht schön, aber auch nicht ungewöhnlich“, sagt Jörg Ruschmeyer. Er ist sich sicher: „Die bösen Überraschungen haben wir hinter uns. Und am Ende wird das ein richtiges Schmuckstück.“