Zur Wiederwahl zum Chefredakteur fehlten Nikolaus Brender zwei Stimmen. Damit setzte sich Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) durch.

Berlin. Trotz heftiger Proteste von Staatsrechtlern und Journalisten muss ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender seinen Posten räumen. Im ZDF-Verwaltungsrat kam am Freitag in geheimer Abstimmung die notwendige Drei-Fünftel-Mehrheit für den Personalvorschlag von Intendant Markus Schächter nicht zu Stande. Damit scheidet Brender im März 2010 nach zehn Jahren aus dem Amt. Schächter muss nun einen Ersatzkandidaten suchen, über den noch in diesem Jahr in einer Sondersitzung des Verwaltungsrates entschieden werden soll. Der Vorsitzende des Verwaltungsrates, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), behielt sich rechtliche Schritte gegen die Entscheidung vor.

Die geheime Abstimmung im Verwaltungsrat ging sieben zu sieben aus. Neun Stimmen wären aber notwendig gewesen, um den Vertrag Brenders um fünf Jahre zu verlängern. Auch ein Kompromissvorschlag Schächters, Brenders Vertrag zunächst nur 22 Monate weiter laufen zu lassen, hatte keine Chance. Brender scheiterte am Widerstand der Unionsvertreter in dem Gremium, die von dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch angeführt wurden. Die SPD hatte sich bis zuletzt für Brender eingesetzt. „Ich bedauere diese Entscheidung außerordentlich“, sagte Beck. Er sehe „keinerlei sachliche Begründung“ dafür. Der SPD-Politiker kündigte eine gründliche Prüfung rechtlicher Schritte bis hin zu einer Verfassungsklage an. Zahlreiche Staatsrechtler hatten schon vor der Entscheidung den zu großen Einfluss der Parteipolitik auf den ZDF-Verwaltungsrat als verfassungsrechtlich bedenklich kritisiert.

Koch (CDU) sprach dem Intendanten Schächter trotz der Ablehnung des Vorschlags sein „uneingeschränktes Vertrauen“ aus. Es sei nicht um die journalistischen Fähigkeiten Brenders gegangen, sondern um sein Management der ZDF-Inhalte. Koch machte deutlich, dass seiner Meinung nach unter der Führung Brenders die „Kreativitätspotenziale“ nicht ausreichend ausgeschöpft worden seien. Von Schächter wird nun ein neuer Vorschlag erwartet, über den der Verwaltungsrat vor Weihnachten beraten will. Der Intendant zeigte sich enttäuscht von der Ablehnung Brenders. Der Chefredakteur habe in den vergangenen zehn Jahren einen wichtigen Beitrag zum Erfolg des ZDF geleistet. Er habe kein Verständnis dafür, dass selbst sein Kompromissvorschlag keine Mehrheit gefunden habe, sagte Schächter. „Die öffentliche Diskussion hat die grundsätzliche Frage des Umgangs zwischen Verwaltungsrat und Intendant aufgerufen“, sagte er. Die Länder hätten jetzt die Pflicht, im Rahmen der anstehenden Novellierung des Rundfunkstaatsvertrags für belastbare Rechtsgrundlagen des ZDF zu sorgen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von einem „schwarzen Tag für die Rundfunkfreiheit“. Dass der Verwaltungsrat aus parteitaktischem Kalkül einen erfolgreichen Chefredakteur rausschmeiße, sei ein bislang einmaliger Vorgang. Als „schweren Schlag gegen die Rundfunkfreiheit“ kritisierte auch der Deutsche Journalisten-Verband die Entscheidung. „Hier haben parteipolitische Ränkespiele die Oberhand über die Unabhängigkeit und die verfassungsrechtlich gebotene Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewonnen“, sagte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Auch die Gewerkschaft ver.di protestierte. Koch habe auf „brutalstmögliche Weise“ die Macht eines Parteipolitikers demonstriert und sich in die journalistischen Entscheidungen eines Rundfunksenders eingemischt, hieß es in einer Erklärung.