Mit einer überraschenden Initiative hat ZDF-Intendant Markus Schächter die Wogen im Streit um seinen Chefredakteur Nikolaus Brender ein wenig...
Mainz. Mit einer überraschenden Initiative hat ZDF-Intendant Markus Schächter die Wogen im Streit um seinen Chefredakteur Nikolaus Brender ein wenig geglättet. Schächter kündigte am Freitag in Mainz an, er werde angesichts der kontroversen Debatte im ZDF-Verwaltungsrat Brenders umstrittene Vertragsverlängerung dort nicht wie angekündigt am 27. März zur Sprache bringen. Stattdessen werde er zunächst ein unabhängiges Gutachten in Auftrag geben, das die Zuständigkeiten der verschiedenen Gremien des Senders verdeutlichen soll.
"Ich habe die verdammte Pflicht und den Auftrag, Schaden abzuwenden", sagte Schächter nach einer Sitzung des ZDF-Fernsehrates, der in dieser Sache nicht zuständig ist, sich aber ausführlich mit ihr beschäftigte. Nach mehreren Gesprächen mit Mitgliedern des Verwaltungsrats habe er nicht mehr davon ausgehen können, dass bis zur nächsten Sitzung des Gremiums eine Einigung möglich sei, sagte der Intendant. Nun solle die von ihm in Auftrag gegebene Expertise klären, nach welchen Kriterien der Verwaltungsrat seine Entscheidung über die Personalie zu treffen habe. Schächter betonte: "Brender ist und bleibt mein Kandidat für das Amt des Chefredakteurs."
Der Verwaltungsratsvorsitzende und rheinland-pfälzische Ministerpräsident Beck unterstützte den Vorschlag Schächters, die Entscheidung über die Neubesetzung zu verschieben. Zugleich bedauerte er, dass die Verschiebung notwendig geworden sei. Sein Stellvertreter in dem ZDF-Gremium, der hessische Ministerpräsident Koch, begrüßte Schächters Initiative ebenfalls. "Ich bin überzeugt, dass das der Versachlichung der Diskussion dienen wird. Zugleich gehe ich davon aus, dass das Gutachten die Stellung des Verwaltungsrates mit seinen Rechten und Pflichten bestätigen wird."
Über die Rolle des 14-köpfigen Verwaltungsrats und seine Zusammensetzung ist in jüngster Zeit erbittert gestritten worden. Während prominente ZDF-Mitarbeiter sich gegen eine Einmischung der Politik in innere Angelegenheiten des Senders wandten, warfen SPD-Politiker der CDU parteipolitisches Taktieren vor. Koch plädierte öffentlich gegen Brender, forderte einen "Neuanfang" und berief sich dazu auf sinkende Zuschauerzahlen der von Brender verantworteten Informationsprogramme.
Nach der Sitzung des Fernsehrates sagte dessen Vorsitzender Ruprecht Polenz, die öffentliche Debatte habe dem Sender geschadet. Es sei ganz klar, dass die Entscheidung über den Chefredakteur im Einvernehmen zwischen Intendant und Verwaltungsrat getroffen werden müsse. Für seinen Vorschlag braucht der Intendant im Verwaltungsrat die Zustimmung von neun der 14 Mitglieder.
Kritik an den öffentlichen Äußerungen Kochs über Brender kam am Freitag auch aus der FDP. Der hessische FDP-Bundestagsabgeordnete und frühere Bundesvorsitzende Wolfgang Gerhardt sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Koch habe "mit seinen Äußerungen das alte Urteil und Vorurteil der parteipolitischen Einflussnahme im öffentlich-rechtlichen Rundfunk bestätigt. Das wird der CDU nicht zur Ehre gereichen."