Hamburg. Mann rückgeführt, der seine Frau mit kochendem Wasser übergoss. Wofür andere Täter verurteilt wurden und warum das Thema Priorität hat.

  • Bereits gut 220 in Hamburg verurteilte Straftäter in diesem Jahr in ihre Heimatländer abgeschoben
  • Besonders spektakuläre Fälle: Mustafa A. hatte seine Frau mit kochendem Wasser übergossen
  • Sicherheitsinteresse geht vor: Auch Vergewaltiger und Räuber unter den Abgeschobenen

In Hamburg machten zuletzt vor allem Abschiebungen von ausreisepflichtigen Flüchtlingen aus dem Kirchenasyl oder aus einem Frauenhaus Schlagzeilen. Der rot-grüne Senat hat sich aber insbesondere die Aufgabe gestellt, mehr verurteilte Straftäter in ihre Heimatländer zurückzuführen. Das ist jüngst in einigen spektakulären Fällen gelungen.

Die Hamburger Innenbehörde meldet Erfolge in der Flüchtlingspolitik – und zwar in zweierlei Hinsicht. So sei die Zahl neu in der Hansestadt ankommender Flüchtlinge bisher in diesem Jahr um 28 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken. Zugleich würden mehr ausreisepflichtige Menschen zurück in ihre Heimat gebracht. Bisher geschah dies im laufenden Jahr in rund 1500 Fällen.

Flüchtlinge Hamburg: Mehr als 220 Straftäter in diesem Jahr abgeschoben

„Die Rückführung von ausländischen Straftätern hat für uns oberste Priorität, hier setzen wir sehr viel Energie und Ressourcen ein“, sagt Innensenator Andy Grote (SPD). Im vergangenen Jahr wurden knapp 200 verurteilte Straftäter abgeschoben, in diesem Jahr sind es laut Innenbehörde bereits mehr als 220 Menschen (Stand Mitte November). Der Anschlag eines mutmaßlichen Islamisten bei einem Stadtfest in Solingen mit drei Toten und zuvor die tödliche Messerattacke in Brokstedt hatten das Thema ganz oben auf die politische Agenda gesetzt.

Bei den aus Hamburg abgeschobenen Straftätern handelt es sich teils um Männer, die schwerste Verbrechen verübt haben. Unter anderem waren sie wegen besonders schwerer Vergewaltigung, gefährlicher Körperverletzung, schwerem Raub, schwerem Bandendiebstahl und Körperverletzung verurteilt. In der Regel erfolgt die Rückführung, wenn mindestens zwei Drittel der Haftstrafe verbüßt worden sind. Die Abschiebungen betreffen nach Informationen des Abendblatts mehrere Fälle, die in Hamburg für besondere Abscheu gesorgt hatten.

Abschiebung: Ehemann übergoss seine Frau mit kochendem Wasser – aus Eifersucht

Etwa der von Mustafa A., der 2017 zu einer achtjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden war. Im Jahr zuvor hatte er seine damals 43 Jahre alte Ehefrau, die in einer Bäckerei am Eidelstedter Platz arbeitete, ohne Vorwarnung mit kochendem Wasser übergossen. Anschließend stach er mit einem Messer auf sie ein – mindestens 18-mal. Der damals 51-Jährige hatte vorgegeben, nur einen Tee kochen zu wollen, bevor er seine Frau mit dem Wasser verbrühte. Die lebensgefährlich verletzte Frau konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden und litt auch später noch unter Angstzuständen.

Nach 64 Verhandlungstagen verurteilte das Landgericht Hamburg den Mann wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu acht Jahren Haft. Bei seinem Motiv nahmen die Richter unbändige Eifersucht an, weil er geglaubt habe, dass seine Frau ihn betrüge. Jetzt wurde er nach Abendblatt-Informationen erfolgreich in die Türkei abgeschoben.

18-Jährige auf dem Nachhauseweg vergewaltigt und gewürgt

Für Gheorghe A. ging es jetzt zurück nach Rumänien. Seine Tat wiegt ähnlich schwer wie der Angriff auf die Bäckerin, die Strafe fiel vergleichbar aus: Achteinhalb Jahre Haft gab es für den Mann wegen besonders schwerer Vergewaltigung einer 18-Jährigen im Februar 2018 in Rissen. Die junge Frau war auf der Reeperbahn gewesen und fuhr von dort aus mit der S-Bahn nach Hause. In Rissen stieg sie aus.

Fast hatte sie ihr Elternhaus schon erreicht, da umklammerte Gheorghe A. sie nach Überzeugung des Gerichts, sprühte ihr Pfefferspray in die Augen und zerrte sie in ein Gebüsch. Dann vergewaltigte er sie. Dabei habe er die junge Frau, die sich zunächst wehrte, auch gewürgt, so die Große Strafkammer 27. Die 18-Jährige lief nach Hause. Ihre Eltern riefen die Polizei. Der damals 20-jährige Rumäne wurde wenig später mithilfe von Überwachungsbildern aus dem Bahnhof gefasst. Seit der Tat litt das Opfer unter Ängsten.

Grote: Sicherheitsinteresse der Bevölkerung größer als Bleibeinteresse der Täter

Nach den Worten von Innensenator Grote geht es bei den Abschiebungen der Männer „nicht nur um Recht und Gesetz und die Durchsetzung der Ausreisepflicht, sondern auch um unsere Sicherheitsinteressen und die Abwehr von Gefahren, die von diesen Menschen ausgehen. Bei Straftätern wiegt unser Sicherheitsinteresse höher als das Bleibeinteresse des Betroffenen.“ Für die Abgeschobenen gelte fortan ein Einreise- und Aufenthaltsverbot.

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Das betrifft auch den verurteilten Totschläger Nasr El Din B., der nach Informationen des Abendblatts kürzlich nach Algerien abgeschoben wurde. Er hatte am frühen Morgen des 19. Juni 2019 eine Frau nach Sex auf der Toilette getötet. In der Gaststätte „Katy‘s Hütte“ an der Cuxhavener Straße im Stadtteil Neugraben-Fischbek war es nach der späteren Auffassung des Gerichts zu einvernehmlichem Sex gekommen, der allerdings im Streit endete.

Prozess Hamburg: Getötete Mutter von drei Kindern im Gebüsch versteckt

Daraufhin ging der Algerier mit massiver Gewalt gegen sein 36-jähriges Opfer vor. Die Frau, Mutter von drei Kindern, schlug mit dem Kopf auf einem WC auf und starb infolge der Verletzungen auf der Toilette. Aus Angst vor Entdeckung versteckte der Mann die Leiche später in einem nahe gelegen Gebüsch. Wegen Totschlags war der damals 38-Jährige im April 2020 zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der Mann war eigenen Angaben zufolge 2016 nach Deutschland gekommen und hatte unter falscher Identität Asyl beantragt. Der Antrag war abgelehnt worden. In diesem Fall erfolgte die Rückführung in Zusammenarbeit der Ausländerbehörde Hamburg und den zuständigen Dienststellen in Niedersachsen.

Die Innenbehörde stellt klar, dass sie weiterhin beabsichtigt, Straftäter auch nach Afghanistan auszufliegen. Weitere Abschiebungen durch das Bundesinnenministerium in das Land am Hindukusch, in dem die Taliban regieren, stünden in Kürze bevor – auch mit Hamburger Beteiligung.

Flüchtlinge: Hamburg nutzt Haftplätze in Glückstadt und jetzt auch in Darmstadt

Eine wichtige Rolle spielt dabei die Gemeinsame Ermittlungs- und Rückführungsgruppe ausländischer Straftäter (Geras) Mitarbeiter von Polizei und Ausländerbehörde schöpfen hier gemeinsam bei ausländischen Straftätern alle polizeilichen und ausländerrechtlichen Maßnahmen aus und forcieren damit „aufenthaltsbeendende Maßnahmen“. Nach der Bluttat von Brokstedt war die Gruppe personell aufgestockt worden.

Um die Rückführung sicherzustellen, nutzt Hamburg die gemeinsame Abschiebehaftanstalt im schleswig-holsteinischen Glückstadt. Die Hansestadt Hamburg kann dort aktuell 14 eigene, plus zwei von Schleswig-Holstein zur Verfügung gestellte Haftplätze belegen. Die Gesamtzahl wurde jetzt noch einmal um fünf zusätzliche Haftplätze in Darmstadt erweitert.