Hamburg. Für die Unterbringung in einer Wohn-Pflege-Gemeinschaft müssen Betroffene tief in die Tasche greifen. Weshalb die Pflege so teuer ist.
Bis zum Schluss leben wie zu Hause: Das Konzept Wohn-Pflege-Gemeinschaft klingt für viele nach einer guten Alternative zur Pflege im Heim oder durch Angehörige. Für diese Art der ambulant betreuten Pflege tun sich mehrere Angehörige zusammen, mieten ein größeres Objekt an, schließen Verträge für einen 24-Stunden-Pflegedienst, Reinigungsservice, Essenslieferanten und Co. – und dann teilen sie sich die Kosten. Klingt ideal.
Allerdings gibt es einen Haken: Obwohl die finanzielle Last auf so vielen Schultern liegt, ist die Pflege in einer WG in der Regel teurer als im stationären Pflegeheim. Das liegt auch an der rechtlichen Stellung von Wohn-Pflege-Gemeinschaften.
Pflege in Hamburg: So teuer ist das Leben in einer Wohn-Pflege-Gemeinschaft
Doch wie viel kostet die Unterbringung in so einer WG überhaupt? Die Demenz-WG an der Hospitalstraße geht sehr transparent damit um, wie viel Geld für die Unterbringung in den Altonaer Räumen fällig wird. Auf der Webseite ist genau erklärt, wie die Beträge zustande kommen.
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Die monatlichen Kosten setzen sich hier aus drei Komponenten zusammen: rund 600 Euro Miete, 415 Euro Haushaltskosten und individuelle Pflegekosten ab circa 3500 Euro (abzüglich des Anteils der Pflegekasse). Das macht unterm Strich 4500 Euro monatlich – mindestens. Einmalig wird zudem eine Kaution fällig, eine Ablösesumme für Haushaltsgeräte sowie Kosten für individuelle Bedürfnisse der Pflegebedürftigen, etwa Friseurleistungen.
„Sollten Sie Selbstzahler sein, bedenken Sie bitte auch, dass die Kosten eventuell Ihr Erbe auffressen können“, warnen die Angehörigen, die die Demenz-WG betreiben, auf der Webseite. Gedeckelt sind die Eigenanteile im Gegensatz zu jenen für die stationäre Pflege im Heim nicht.
Stationäre Pflegeheime: So viel zahlen Hamburger im Durchschnitt
Zum Vergleich die Kostenaufstellung für die Pflege im „herkömmlichen“ Heim: Hier beträgt die durchschnittliche monatliche Eigenleistung in Hamburg laut Sozialbehörde aktuell 3089 Euro und damit rund 1500 Euro weniger als die Pflege in einer WG. Die Kosten setzen sich zusammen aus dem sogenannten einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE, 1563 Euro), den Kosten für Unterkunft und Verpflegung (954 Euro) sowie einem Investitionsbetrag (572 Euro).
Von den 3089 Euro monatlicher Eigenleistung seien noch individuelle Zuschläge von durchschnittlich 234 bis 1172 Euro abzuziehen, heißt es aus der Sozialbehörde. Es handelt sich dabei um Leistungen der Pflegeversicherung. Für Pflegebedürftige, die diese Summen nicht aufbringen können, besteht Anspruch auf Hilfe zur Pflege (HzP).
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Petra S., Angehörigensprecherin der Demenz-WG Hospitalstraße, ist unzufrieden damit, dass für die Unterbringung in einer WG deutlich höhere Eigenanteile fällig werden als in einem stationären Pflegeheim. Ähnlich sieht das auch die Hamburger Koordinationsstelle für Wohn-Pflege-Gemeinschaften der Stattbau gGmbH.
Pflegekosten: Eigenanteile für Pflege-WG besonders hoch
Weil das Konzept einer Pflege-WG bundesweit nur wenig bekannt sei, gebe es keine ausreichenden gesetzlichen Regelungen, um den Angehörigen finanzielle Lasten zu nehmen. Laut Gerontologin Maike Mahlstedt von der Koordinationsstelle wäre zum Beispiel wünschenswert, dass die Eigenanteile nicht nur für stationäre Heime, sondern auch für die ambulante Pflege in einer WG gedeckelt wären.
Dass die WG-Unterbringung aber genau so viel kosten soll wie ein Heimaufenthalt, hält Mahlstedt für utopisch. Schließlich gebe es in einer Wohn-Pflege-Gemeinschaft in der Regel einen ganz anderen Personalschlüssel als in einem stationären Heim – und der macht sich eben auch finanziell bemerkbar.
Pflege in Hamburg: So fördert die Stadt Wohn-Pflege-Gemeinschaften
Die Koordinationsstelle – sie wurde 2006 als allererste in Deutschland geschaffen – betont: In Hamburg gebe es, verglichen mit der bundesweiten Situation, viel Unterstützung für die Gründung und Unterhaltung von Wohn-Pflege-Gemeinschaften. Neben der Koordinationsstelle selbst fördert die Behörde das Projekt „BIQ – Bürgerengagement für Wohn-Pflege-Formen im Quartier“, mit dem ehrenamtliche Wohn-Paten und WG-Begleiter gewonnen werden.
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Außerdem fördert die Behörde den Bau von Wohnungen, die sich für Wohn-Pflege-Gemeinschaften eignen. Die WGs haben schließlich ganz bestimmte Bedürfnisse an Mietobjekte: Ab 350 Quadratmeter groß und barrierefrei müssen die Wohnungen sein. Außerdem braucht es mehrere Einzelzimmer mit jeweils einem Bad, bestenfalls auch einen Außenbereich. Dank verschiedener Fördertöpfe gibt es für den Bau von Wohn-Pflege-Gemeinschaften Mittel in Höhe von bis zu 125.000 Euro sowie jeweils Mittel im mittleren fünfstelligen Bereich für die Erstausstattung, Personal- und organisatorische Aufwendungen.