Hamburg. Deshalb macht der Landesbetrieb Immobilien 30 Millionen Euro Verlust. Mit einem Trick bleiben Mieten in Genossenschafts-Wohnungen niedrig.

Kaufen, kaufen, kaufen: Die Hansestadt Hamburg ist so frei und erwirbt am laufenden Band Grundstücke, Flächen, Häuser. 162-mal waren Mitarbeiter des Landesbetriebs Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) im vergangenen Jahr bei einem Notar, also fast jeden zweiten Tag.

Das schlägt sich in der Bilanz des LIG nieder, der einst als „Cashcow“ Gewinne an Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) und damit alle Hamburgerinnen und Hamburger abführte. Im Jahr 2023 machte der LIG mit 250 Mitarbeitern rund 30 Millionen Euro Verlust, wie Dressel am Donnerstag einräumte. 263 Millionen Euro hat Hamburg für Ankäufe ausgegeben, 35 Millionen Euro durch Verkäufe in dieser Sparte eingenommen.

Die Flächenbilanz ist damit positiv. 123,2 Hektar wurden erworben, einschließlich Vorkaufsrecht. Das sind je nach Abweichung von der Standardgröße von 0,7 Hektar also 176 Fußballfelder. Verkauft wurden 2,2 Hektar, für 3,9 Hektar wurden Erbbaurechte bestellt. Angekauft wurden Flächen für den Natur- und Hochwasserschutz und für den Schulbau, den Hamburg massiv vorantreiben muss. In diesem Jahr wurde beispielsweise auch das Karstadt-Gebäude in Harburg angekauft. Verkauft wurde unter anderem das ehemalige Finanzamt Altona an der Großen Bergstraße.

Immobilien Hamburg: Die Stadt kauft Flächen en masse und vergibt Erbbaurechte

Dressel trat dem Eindruck entgegen, die Stadt nutze jede sich bietende Kaufoption: „Wir sind nicht auf Shoppingtour.“ Andere Signale könnten – das wissen Makler und Finanzierungsexperten – die Preise selbst für Schrottimmobilien in die Höhe treiben. Dressel sagte, die Qualität der Objekte stehe beim Ankauf im Vordergrund. Deshalb hält seine Behörde den LIG liquide.

„Wir haben Finanzspritzen bereitgestellt“, so der fürs Pekuniäre zuständige Senator. Zusätzlich hatte sich der LIG eine Gewinnrücklage in den vergangenen Jahren aufgebaut. Bei Schnäppchen, die am Wegesrand zu noch mehr Hamburg in Hamburger Hand aufblühen, werde man zugreifen.

Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel
Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) muss dem Landesbetrieb Immobilien einen dreistelligen Millionenbetrag zuschießen – das das hat einen wohlkalkulierten Zweck. © FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

Am Horizont ist bereits ein Meilenstein von 50 Prozent der Hamburger Fläche im Eigentum aller zu erkennen. Es fehlen weniger als ein Prozentpunkt der Landesfläche an diesem Ziel. Momentan sind es 49,28 Prozent. Für LIG-Geschäftsführer Christof Otto bedeutet das aber immer noch: Er müsste eine Fläche kaufen, die etwa doppelt so groß ist wie der Ohlsdorfer Friedhof. Gut fürs politische Ego, schlecht für die Bilanz.

Hamburger Finanzbehörde zurückgekauft – ein guter Deal?

Dressel weiß, dass sich bei diesen Geschäften wirtschaftliches Kalkül und politischer Wille bisweilen beißen. Vorgänger-Senate wie der von Ole von Beust (CDU) haben Tafelsilber veräußert. Auch dahinter steckte eine Rechnung. Dazu gehörte beispielsweise der prominente Fritz-Schumacher-Bau aus Rotklinker am Gänsemarkt: die Finanzbehörde. Dressel ließ über den Rückkauf lange verhandeln – dann schlug er zu.

Die Einigung des rot-grünen Senates mit der Volksinitiative „Keine Profite mit Boden & Miete“ hebe das, was Grund und Boden betreffe, jetzt in den Verfassungsrang, sagte Dressel. „Je größer der Anteil der Stadt an den Flächen ist, desto größer ist die Möglichkeit, spekulativen Interessen entgegenzutreten.“ Alles zurückzukaufen, was frühere Senate zu Markte trugen, das sei jedoch nicht wirtschaftlich.

Immobilien in Hamburg: So bleiben die Mieten in Genosschenschaftswohnungen stabil

Tatsächlich hat sich Hamburg auch mit SPD-Beteiligung bei einigen Großprojekten gegenüber Investoren und Spekulanten vorsichtig gesagt ungeschickt angestellt. Gewaltige Brachen wie die auf St. Pauli (Paloma-Viertel) oder in Altona (Holsten-Areal) sowie die René-Benko-Gedächtnis-Ruinen gegenüber von Dressels Amtssitz am Gänsemarkt und der Elbtower zeugen davon. Wenig glücklich verliefen auch Bauprojekte wie die an der Universität Hamburg (Haus der Erde, MINT-Forum, Phil-Turm).

Einen wirklich kniffligen Fall hat der LIG beim (kostengünstigen) Wohnen in Genossenschaften zu lösen. Hier werden bei den Mieten für die rund 130.000 Genossenschaftswohnungen zum Teil Bodenpreise aus den 50er-Jahren zugrunde gelegt. Läuft bei ihnen das Erbbaurecht aus, werden die Bodenpreise auf das heutige Niveau angehoben – und die Mieten müssten explodieren.

Wohnungsunternehmen sehen Hamburger Erbbaurecht kritisch

Weil Hamburg im Prinzip den Genossenschaften keine Beihilfen zahlen darf, wurde ein kleiner Trick angewandt. Das Erbbaurecht kann um 70 Jahre verlängert werden. Dafür müssen die Genossenschaften jedoch das Mietniveau halten und in ihrem Bestand eine vergleichbare Zahl an Wohnungen für soziale Dringlichkeitsfälle zur Verfügung stellen.

Vom Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen kommen gewohnt kritische Töne. Dessen Direktor Andreas Breitner erklärte, die für den Wohnungsbau mit Erbbaurecht vergebenen Grundstücke seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Und: Die Genossenschaften des Verbandes wollen nach seinen Worten wegen des Erbbaurechtes nicht mehr auf öffentlichem Grund bauen. Breitner sagte: „Den Schaden haben am Ende jene, die eine bezahlbare Wohnung suchen.“