Hamburg. König der Löwen? MJ, der King of Pop? Harry Potter? Die Königs vom Kiez? Wer hat die Krone auf? Die aktuelle Bestenliste der Musicals.
Markerschütternder Gesang: Mit „Nants ingonyama bagithi baba!“ erinnert der Mandrill Rafiki derzeit in Werbeclips wieder daran, wer in Hamburg der Herrscher der Musicals ist: „Der König der Löwen“ ist seit 23 Jahren der Brüller im Stage Theater. Aber auch die „Heiße Ecke – Das St. Pauli Musical“ ist seit 2003 spritzig wie Frittenfett.
Und neben den Klassikern vergeht kein Jahr ohne Premieren und Dernièren. Kaum sind „Tina“, „Wicked“, „Tanz der Vampire“, „Die Eiskönigin“, „Mamma Mia!“ oder „Hamilton“ weg, hebt sich der Vorhang für „Hercules“, „& Julia“ oder „MJ – Das Michael Jackson Musical“. Und 2025 warten unter anderem auch bereits „Thank You For The Music: Die ABBA Story“ im St. Pauli Theater, „Rocky Horror Show“ auf Kampnagel und das Comeback von „Tarzan“ in der Neuen Flora am Horizont. Aber wer ist jetzt der Platzhirsch, wo lohnt sich der Kartenkauf für Weihnachtsgeschenke oder Hamburg-Besuche besonders und wo eher weniger? Hier ist die Bestenliste der aktuellen Hamburger Musicals.
Nicht so der Musical-Hit: „Hercules“ und „Die Königs schenken nach“
Platz 6: „Hercules“, Stage Theater in der Neuen Flora
„Hercules“ war vor der Premiere das bislang vielleicht ambitionierteste Musical-Projekt von Stage Entertainment. Denn es ist das erste Disney-Musical, das nicht am Broadway oder im Westend entwickelt wurde, sondern in Hamburg. Basierend auf dem Animationsfilm „Hercules“ aus dem Jahr 1997 gerät Hercules als Kind zwischen die Fronten. Auf der einen Seite sein Vater Zeus, auf der anderen Seite sein Onkel Hades. Der nicht ganz helle Kraftprotz landet in der Welt der Sterblichen und muss irgendwie wieder auf den Olymp kommen.
Das Musical in der Neuen Flora bietet zwei Stunden lang einen groovy Soundtrack mit viel Motown- und R‘n‘B-Sound, Hits wie „Zero To Hero“ oder den seinerzeit Oscar-nominierten Song „Go The Distance“, gleißend bunte Kostüme und einen sehenswerten Endkampf zwischen Gut und Böse. Aber für den Musical-Olymp reicht es nicht, wie das Abendblatt bei der Premiere urteilte: „Es fehlt, Unterhaltungs- und Familienmusical hin oder her, am großen Drama, am Verlust und tatsächlich auch an Romantik. Die erst als Falle und dann als wahre Liebe angebahnte Beziehung zwischen Hercules und Megara ist so flach wie eine Phiale, eine antike griechische Opferschale.“ Bis zum 31. August 2025 vollbringt Hercules in Hamburg Heldentaten, dann wird er von „Tarzan“ abgelöst.
„Disneys Hercules“ bis 31.8.2025, Stage Theater Neue Flora (S Holstenstraße), Stresemannstraße 159 A, Karten ab 59,90 im Vorverkauf; www.stage-entertainment.de
Platz 5: „Die Königs schenken nach“ im Schmidt Theater
Was der Elbschlosskeller auf dem Kiez für Kneipenhopper ist, ist „Die Königs schenken nach“ für Musical-Fans: Hier geht es ein paar Stufen herunter auf der Gesellschaftspyramide, hinab zu Familie König, die in einem Souterrain auf St. Pauli im Rhythmus der zischend aufgerissenen Bierdosen von Vater „Käpt‘n“ König lebt. In „Die Königs schenken nach“ ist die Sudelsippe gerade dabei, Omas bei der Glücksspirale gewonnene Sofortrente zu verballern, aber das ist nur der Startpunkt in eine musikalische Reise auf dem schmalen Grat zwischen HSV und FC St. Pauli.
Die „Königs“ sind seit mehr als zehn Jahren Dauermietnomaden im Musical-Kalender, sowohl in „Die Königs vom Kiez“ als auch im 2022 uraufgeführten Nachfolger „Die Königs schenken nach“, der es ab Februar 2025 wieder im Schmidt Theater krachen lässt. Die Sause ist derb, hemmungslos, eher grob als fein geschliffen, aber mit großem Herz. So wie die Straßen von St. Pauli. Ein Spaß für die ganze Familie sind die „Königs“ nicht, aber wer nach „Heiße Ecke“ einen Gang und Volumenprozent höher schalten will, kriegt die volle Kanne.
„Die Königs schenken nach“ 6.2.2025 bis 30.8.2025, Schmidt Theater (U St. Pauli), Spielbudenplatz 24/25, Karten ab 27,90 im Vorverkauf unter T. 31 77 88 99; www.tivoli.de
Solide bis klasse: „MJ“, „Heiße Ecke“ und „& Julia“
Platz 4: „MJ – Das Michael Jackson Musical“ im Stage Theater an der Elbe
Die „Eiskönigin“ hat das Zepter im Stage Theater an der Elbe abgegeben an den „King of Pop“: Seit dem 1. Dezember 2024 wirbelt Benét Monteiro, vorher Hauptdarsteller in „Hamilton“ und „Hercules“, als Michael Jackson über die Bühne. Das 2022 am Broadway uraufgeführte Musical startet bei den Proben zur „Dangerous“-Tour 1992 in München und erzählt in Rückblenden von Michaels Kindheit, den ersten Erfolgen der Jackson Five, Konflikten mit seinem Vater und seinen Brüdern und den Aufstieg zum Megastar mit den Alben „Thriller“ und „Bad“.
Was Solo-Tanzkunst betrifft, ist das „MJ“-Musical wirklich absolut spektakulär. Auch gesanglich sind Monteiro und vor allem „DSDS“-Sieger Prince Damien, der den Michael der Quincy-Jones-Ära spielt, nicht weit entfernt vom 2009 gestorbenen Vorbild. Die Choreografien zu „Dancing Machine“ und „Thriller“ sind klasse, ganz zu schweigen von den 40 Hits, die in 150 Minuten von der Band auf das Parkett geknallt werden. Nur inhaltlich ist „MJ“ auch für Musicalverhältnisse etwas flach geraten. Ohne Lovestory, ohne dramatische Gänsehautmomente und nur vom roten Faden der chronologischen Lebensereignisse zusammengehalten, ist das Musical eher ein Talentbeweis des sehr gut besetzten Ensembles. Da wäre, das Beispiel „Tina – Das Tina Turner Musical“ machte es vor, mehr drin gewesen.
„MJ – Das Michael Jackson Musical“ bis 21.12.2025, Stage Theater an der Elbe, Norderelbstraße 8, Karten ab 63,99 im Vorverkauf; www.stage-entertainment.de
Platz 3: „Heiße Ecke – Das St. Pauli Musical“ im Schmidts Tivoli
Wenn die Emotionen hochkochen wie Frittenfett, wenn Pinneberger den Hamburgern Ärger machen, wenn sich Partyvolk, Touristen, Luden und anderes Reeperbahn-Gelichter am Imbiss versammeln, dann geht es um die Wurst in „Heiße Ecke – Das St. Pauli Musical“. Seit 21 Jahren wird der tägliche und nächtliche Lebens-, Liebes- und Leidensalltag auf St. Pauli auf der Bühne im Schmidts Tivoli mit viel Witz, skurrilen Figuren, ungeahnten Überraschungen und authentischem Lokalkolorit präsentiert.
Die „Heiße Ecke“ ist eigentlich nach mehr als 5000 Vorstellungen kein klassisches Musical mehr, sondern längst eine Hamburgensie wie der Michel und das Rathaus. Immer wieder wurde das Stück den jeweils aktuellen Kiez-Geschehnissen angepasst, und in der Adventszeit gibt es eine Schippe Schnee obendrauf mit dem „Weihnachten in der Heißen Ecke“-Spezial. Das macht das Musical nicht nur für Touristen interessant, die hier einen unterhaltsamen Einführungskurs in das Viertel bekommen, sondern auch für waschechte Hamburgerinnen und Hamburger.
„Weihnachten in der Heißen Ecke“ bis 26.12. Karten ab 54,90 „Heiße Ecke – Das St. Pauli Musical“ ab 27.12., Karten ab 49,90, Schmidts Tivoli (U St. Pauli), Spielbudenplatz 24/25, T. 31 77 88 99; www.tivoli.de
Platz 2: „& Julia“ im Stage Operettenhaus
„Everybody! Yeah! Rock your body! Yeah!“ Na, schon jetzt Lust mitzusingen? Der Backstreet-Boys-Heuler ist nur einer von zahlreichen Hits, die das Stage Operettenhaus in „& Julia“ wackeln lassen. „... Baby One More Time“ (Britney Spears), „I Kissed A Girl“ (Katy Perry), „Since U Been Gone“ (Kelly Clarkson), „Can‘t Stop The Feeling“ (Justin Timberlake), „It‘s My Life“ (Bon Jovi) und viele weitere Lieder aus der Feder der schwedischen Produzentenlegende Max Martin begleiten die fiktive Fortsetzung von Shakespeares Drama „Romeo & Julia“: Hier überleben beide und werfen sich in die Mitte diverser Liebesdreiecke.
„Zweieinhalb Stunden lang das Gehirn auf Stand-by schalten und einfach nur feiern“, war das Fazit nach der Premiere von „& Julia“ im Oktober, „hier nimmt sich keiner auch nur die Spur ernst, die gute Laune überträgt sich weit über die Ausgangstreppe des Operettenhauses hinaus bis nach Hause.“ Alles, was ein Musical richtig machen muss, macht „& Julia“ nahezu perfekt, wenn es um pure Unterhaltung geht. Tolle Songs, tolle Stimmen (besonders von Chiara Fuhrmann und Ex-„Eiskönigin“ Willemijn Verkaik), schrille Kostüme, viel Wortwitz und Situationskomik sorgten dafür, dass bei der Premiere bereits vor dem Finale Standing Ovations zu erleben waren. Ein seltenes Bild in der musicalverwöhnten Hansestadt.
„& Julia“ bis 31.8.2025, Stage Operettenhaus (U St. Pauli), Spielbudenplatz 1, Karten ab 63,99 im Vorverkauf; www.stage-entertainment.de
Absolute Spitze: Ein Zauberer und ein Herrscher über die Savanne
Außer Konkurrenz: „Harry Potter und das verwunschene Kind“ im Theater am Großmarkt
Jahaa. Ist ja gut. Trotz der Musik von Imogen Heap ist „Harry Potter und das verwunschene Kind“ natürlich kein Musical mit Gesang im herkömmlichen Sinne. Auch kein Sprechtheaterstück. Keine Zaubershow. Sondern irgendwie alles zusammen und so in Hamburg noch nicht da gewesen. 42 Millionen Euro wurden 2019 in den Umbau des Mehr! Theaters am Großmarkt gesteckt, damit der erwachsen gewordene Harry Potter und seine Familie 19 Jahre nach dem finalen Kampf gegen Lord Voldemort neue Abenteuer erleben können.
„Magisch“, lautete unisono das Echo von Kritikern und Publikum sowohl nach der Uraufführung 2016 in London als auch 2021 in Hamburg. Ensemble, Handlung und vor allem Licht-, Bühnen- und Zaubereffekte ergeben ein stimmungsvolles Gesamtbild, das auch bei genaustem Hinschauen immer wieder verblüfft. Der größte Kritikpunkt war im ersten Jahr das Konzept des jeweils drei Stunden langen Zweiteilers, den man an einem langen Tag oder aufgeteilt auf zwei Tage absitzen und absurd teuer bezahlen musste. Aber seit Februar 2023 gibt es – Reducio! – die überarbeitete und radikal gekürzte Neufassung, die mit knapp drei Stunden Spielzeit immer noch mächtig viel Musi... Theater für das Geld bietet.
„Harry Potter und das verwunschene Kind“ Theater am Großmarkt (Bus 3), Banksstraße 28, Karten ab 54,90 im Vorverkauf, www.harry-potter-theater.de
Platz 1: „Der König der Löwen“ im Stage Theater im Hafen
Seit 2001 röhrt „Der König der Löwen“ im Stage Theater im Hafen, und ein Ende des immer noch populärsten Hamburger Musicals ist nicht in Sicht. Warum auch? Die vom Disney-Zeichentrick-Klassiker inspirierte Geschichte des kleinen Löwen Simba, der über den Mord an seinem Vater Mufasa, die Intrigen seines Onkels Scar, das Gegacker der Hyänen und den Zuspruch seiner Freunde Timon und Pumbaa über sich hinauswächst, ist so zeitlos wie die Musik von Elton John, von „Circle Of Life“ bis „Can You Feel The Love Tonight“, die auch in den deutschen Versionen mitreißen und berühren.
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Mit so einfachen wie fantasievollen und gewitzten Mitteln werden in „König der Löwen“ Darsteller zu Tieren, wird die Bühne zur Savanne und zum Königsfelsen. Artgerecht für alle Altersklassen mit Spannung, Dramatik und Romantik ist der „König der Löwen“ auch beim zweiten, dritten, sechsten Besuch ein erhebendes Erlebnis. Klar, der Song „Hakuna Matata“ geht einem irgendwann tatsächlich auf die Nerven. Joachim Benoit, der seit 23 Jahren (!) und über diverse Castwechsel hinweg den Hofmeister-Vogel Zazu spielt, kann einem wirklich leid tun. Aber die Sorgen bleiben dir immer fern im König der Hamburger Musicals.
„Der König der Löwen“ Stage Theater im Hafen, Norderelbstraße 6, Karten ab 73,99 unter www.stage-entertainment.de
Tickets können für ausgewählte Veranstaltungen in der Hamburger Abendblatt-Geschäftsstelle erworben werden.
Großer Burstah 18–32, Mo–Fr 9.00–18.00, Sa 10.00–16.00 Uhr
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